Neue Ermittlungen in der CSU-Wahltrickser-Affäre:Wer hat gelogen?

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Vor dem Untersuchungsausschuss, der die Umtriebe der früheren Münchner CSU-Vorsitzenden Monika Hohlmeier aufklären sollte, hat mindestens ein Zeuge nicht die Wahrheit gesagt. Nun wird neu ermittelt.

Jan Bielicki

Abgeordnete des Landtages darf niemand anlügen. Jedenfalls niemand, den sie als Zeuge vor einen Untersuchungsausschuss geladen haben. Denn in einem solchen Gremium gelten die selben Regeln wie vor Gericht.

Ein Zeuge muss die Wahrheit sagen, sonst macht er sich der uneidlichen Falschaussage schuldig - und das kann ihm zwischen drei Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe einbringen.

Sicher ist: Vor dem Untersuchungsausschuss, der die Umtriebe der früheren Kultusministerin und Münchner CSU-Vorsitzenden Monika Hohlmeier und damit die im Jahr 2002 beginnende Affäre um gefälschte Aufnahmeanträge und gekaufte Mitglieder in der Münchner CSU aufklären sollte, hat mindestens ein Zeuge nicht die Wahrheit gesagt.

Wer, das will nun die Staatsanwaltschaft wissen. "Der Untersuchungsaus-schuss hat uns die Akten übersandt mit der Bitte auf Überprüfung wegen uneidlicher Falschaussage", bestätigte Oberstaatsanwalt Anton Winkler die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen drei der Zeugen.

Die Staatsanwälte ermitteln gegen den Ex-Stadtrat Curt Niklas, heute CSU-Kreisvorsitzender im Münchner Süden; gegen Rasso Graber, einst Chef der CSU-Nachwuchsorganisation Junge Union, wegen seiner Rolle in der Affäre verurteilt und aus der Partei ausgetreten; sowie gegen einen weiteren in den Skandal verwickelten Zeugen.

Alle drei hatten vor dem Ausschuss Aussagen gemacht, die denen des Hauptbelastungszeugen deutlich widersprachen. Dieser hatte bereits vor dem Amtsgericht eingeräumt, einer der Haupttäter der Wahltricksereien gewesen zu sein, er hatte seine Mittäter, aber auch andere Christsoziale belastet.

Vor dem Ausschuss hatte dieser Zeuge seine Aussagen bekräftigt und unter anderem von einem Treffen mit Graber und einem weiteren Beteiligten im Café Eisbach berichtet, bei dem der JU-Chef ihm Geld übergeben habe. Graber und der dritte Mann hatten diese Zusammenkunft vor dem Ausschuss abgestritten.

Politisch brisanter ist ein zweiter Komplex in der Aussage des vom Amtsgericht als glaubwürdig angesehenen Belastungszeugen. Darin schilderte er, wie Niklas ihm in der Wohnung des als Drahtzieher der Manipulationen geltenden CSU-Landtagsabgeordneten Joachim Haedke 2500 Euro für den Kauf von Parteimitgliedern gegeben haben soll. Niklas widersprach vor dem Ausschuss dieser Aussage und bezeichnete sie als erlogen. Haedke hatte vor Gericht und vor dem Ausschuss die Aussage verweigert.

"Einer muss gelogen haben", sagt der stellvertretende CSU-Chef Hans Podiuk, dem damals die Intrigen der Wahltrickser galten. Er erhofft sich von den Ermittlungen endlich Klarheit über jene "10 bis 15 Prozent der Affäre, die noch nicht aufgedeckt sind". Vor allem "der Weg des Geldes" sei immer noch unbekannt: "Woher kam denn das Geld für den Mitgliederkauf?" Das müsse die Justiz nun "bis zum Ende prüfen", auch aus Respekt vor dem Ausschuss. "Wenn da jeder ungestraft lügen kann, entwertet das den Untersuchungsausschuss."

Podiuk selbst glaubt im Übrigen, dass die Aussagen des Hauptbelastungszeugen richtig waren. Einig ist er sich dabei mit der Landtagsopposition. Die hatte schon im Ausschuss eine Gegenüberstellung der einander widersprechenden Zeugen gefordert. "Aber das", klagt der SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann, "hat die CSU-Mehrheit nicht gewollt."

© SZ vom 16.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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