Neu im Kino: "How to Cook Your Life":Die Welt im Töpfchen

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Warum gibt es bei Verwandten immer wunderbares selbst gebackenes Brot - und zu Hause nur das pappige weiße Etwas aus der Tüte? Doris Dörries neuer Film "How to Cook Your Life" ist genau das Richtige für Religionsallergiker.

Susan Vahabzadeh

Fast möchte man Buddhist werden, wenn man dem Mann zuhört, schon wie er spricht, ist irgendwie göttlich, wie er, in seinem kalifornischen Singsang, den Kampf mit einer Plastikverpackung aufnimmt oder kichernd davon erzählt, dass er ungefähr zwanzig Jahre gebraucht hat, um zu kapieren, warum er einem Buddha Speisen als Opfergabe darbringen soll, der sowieso nicht davon isst.

Doris Dörries Porträt des Zen-Priesters und Kochs Edward Brown ist vieles - eine Art philosophisches Gedicht übers Essen, ein politischer Kommentar. Vor allem aber ist er genau das richtige für Leute, die in den vergangenen Jahren eine Religionsallergie entwickelt haben - die Vermengung von Glauben und Humor, Glaubensbekenntnisse jenseits jeden Dogmatismus-Verdachts, ein Priester, der mit einem Eingeständnis seiner Schwäche und Fehlbarkeit anfängt.

Das Gegenteil von Überreaktion

Welcome to the club of human beings. Das ist das genaue Gegenteil von religiösen Einmischungsversuchen in nichtreligiöse Entscheidungsprozesse oder nach Zensur schreienden Überreaktionen.

Er habe sich schon als Kind gefragt, warum es bei Verwandten wunderbares selbstgebackenes Brot gab und zu Hause ein pappiges weißes Etwas aus der Tüte, erzählt Edward Brown. Also lernte er Brotbacken und wurde Buddhist und schrieb ein Buch darüber, wie man Brot backt, mit welchen Bewegungen man den Teig knetet und was das für ein Gefühl ist. Edward Espe Brown gibt seit 1985 Kochkurse - ein paar davon zeigt Dörrie in "How to Cook Your Life", sie verlässt Küche und Kloster aber immer wieder, um Browns Gedanken zu folgen, kommentiert sie in Bildern, oder lässt sie kommentieren, von einer Frau, die ihr Essen von den Bäumen am Straßenrand sammelt, von Bauern, Konsumenten, bis eine Geschichte über Lebensmittel an sich daraus wird. Wir bereiten, heißt es einmal, nicht das Essen zu, sondern das Essen uns.

Es gibt ganz emotionale Augenblicke in diesem Film, traurige Erinnerungen, herbe Zweifel. Aber mehr Gewicht hat die ausgesprochen seltene Paarung von Humor und Religion. Er habe mal, keckert Brown fröhlich, makrobiotisch gekocht für Mönche, und dabei ganz sicher einiges falsch gemacht - denn von ihrem Essen hätten die Mönche friedlich und eins mit der Welt werden soll, stattdessen seien sie permanent unzufrieden in seine Küche gepoltert.

Seltene Paarung: Humor und Religion

Edward Brown ist sich wohl der inneren Logik dessen sicher, was er glaubt und was er tut; aber er trumpft damit nicht auf. Wenn er seine Küchenphilosophie hinausträgt ins Leben, sie in politische Zusammenhänge setzt, dann tut er das immer ganz vorsichtig. Und manche Dinge fügen sich tatsächlich ganz wunderbar und schlicht zu einem Weltbild - beispielsweise wenn er laut darüber nachdenkt, was es über eine Gesellschaft aussagt, dass sie ihre Mitglieder mit Müll füttert, nicht einmal aus finanzieller Not, denn vieles von dem, was er darunter versteht, ist mit hohem Energieaufwand veränderter und durch die Welt kutschierter Ernährungsschwachsinn. Stimmt ja. Brown trägt das alles eher fragend als belehrend vor, als Denkanregung, nicht als Anweisung. Der Charme von "How to Cook Your Life" liegt, zum Teil, im Tonfall.

Das war genau das, was Dörrie wollte, einen undidaktischen Film, der bloß Vorschläge macht, einen selbstironischen Mann zeigen, der sein eigenes Sein nur als Annäherung an das versteht, woran er glaubt, seine eigenen Regeln verletzt und doch nie aufgibt. Brown verkörpert damit tatsächlich das, was uns am Buddhismus oft fasziniert, die Abwesenheit einer göttlichen Mission, das Wissen, dass Buddha kein unfehlbarer, allwissender Stellvertreter auf Erden ist, sondern bloß einer, der das teilen wollte, was er auf Erden gelernt hat.

Und wenn Energieverschwendung und Krieg ums Öl und die Sehnsucht, zu beherrschen statt sich in der Welt so zurechtzufinden, wie sie ist, sich total logisch verflechten, dann klingt das alles fast ein bisschen zu einfach; vielleicht ist es aber auch bloß weise, weil die Verwendung von Lebensmitteln nun mal etwas ganz Grundsätzliches ist; und wir sind bloß blind für den ganz offensichtlichen Zusammenhang von Gammelfleischskandal und Irakkrieg. Der Effekt hält vielleicht nicht ewig, aber einen Film lang hat man das Gefühl, man habe die Welt verstanden.

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