Narrhalla-Prinzenpaar:Das Leben der Narren

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Zwischen Orangen- und Bananenkisten, im Landtag oder in der Trambahn: Das Münchner Narrhalla-Prinzenpaar ist im Dauereinsatz, doch kaum einer kennt sie.

Robert Stocker

Auch Hoheiten kämpfen manchmal mit den Widrigkeiten des Lebens. Erst kündigt ein Sprecher der FDP das junge Paar als "Totalitäten" an, wo es sich doch eigentlich um "Tollitäten" handelt, dann hakt es auch noch beim Prinzenwalzer, weil ihre Lieblichkeit unglücklicherweise einen Schuh verliert und sich Teppichböden nicht unbedingt als Tanzparkett eignen.

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Aber sonst klappt der Auftritt der hochrangigen Delegation im bayerischen Landtag wie am Schnürchen: Vier peppig kostümierte Mädels und ein Medizinmann legen unter dem Motto "Afrika" einen schmissigen Showtanz hin, wozu die liberalen Landtagsabgeordneten heftig klatschen; die Stimmung im Fraktionssitzungssaal N401 ist gelöst, ja sogar ziemlich locker.

Kein Wunder, im Maximilianeum herrscht "Krapfenalarm", zu dem auch das Narrhalla-Prinzenpaar gerufen wird, und die Veranstaltung kommt bei den Gastgebern so gut an, dass einer sie als "Höhepunkt des Tages" bezeichnet, an den sich nur noch die Fraktionssitzung anschließt. "So", freut sich ein anderer Freidemokrat, "sollten Sitzungen immer beginnen." Fraktionschef Thomas Hacker erhält schließlich noch den Prunkorden der Faschingsgesellschaft, wobei ihm das FDP-gelbe Beinkleid des Prinzen auffällt. Das zeige doch wieder einmal, wer in Bayern gerade die Hosen anhabe.

Närrisches Treiben im bayerischen Landtag? Auch das gehört zum Repertoire des Prinzenpaars, wenn auch das Maximilianeum ein ungewohntes Terrain ist. Zu Zeiten von Franz-Josef Strauß habe die Narrhalla regelmäßig ein Gastspiel im Maximilianeum gegeben, sagt Präsident Uli Kreuzer, doch der Auftritt an diesem Dienstag mit Prinzenpaar, Gardemädchen und Elferrat sei der erste seit Jahren im Landtag.Deren etwa achzig müssen Prinzessin Sandra II. und Prinz Peter III. in dieser Saison absolvieren, von der großen Inthronisation am Marienplatz bis zum Kehraus am Faschingsdienstag.

Genau genommen regiert das Prinzenpaar ein ganzes Jahr, bis seine Nachfolger in Amt und Würden kommen. Jetzt allerdings, kurz vor dem großen Saisonfinale, läuft die Maschinerie auf Hochtouren. "Vom Unsinnigen Donnerstag an sind wir praktisch rund um die Uhr im Stress", stellt Hofmarschall Michael Höcht trocken fest, der nebenbei noch eine Brauerei leitet.

Einige wichtige Veranstaltungen haben die Faschingsprofis schon hinter sich, etwa die Gala, auf der sich die Debütanten der Gesellschaft präsentieren, den wiederbelebten Zug der Damischen Ritter oder die Narrhalla-Soireé, bei der diesmal Fernseh-Clown Hape Kerkeling den Karl-Valentin-Orden erhielt und Alt-Ministerpräsident Edmund Stoiber auf seine unnachahmliche Weise die Laudatio hielt. Doch Zeit zum Durchatmen bleibt dem Prinzenpaar kaum: Der Endspurt mit dem "Unsinnigen Donnerstag", dem "Carneval in Rio" im Hotel Bayerischer Hof und dem "Tanz der Marktweiber" auf dem Viktualienmarkt erfordert noch einmal ziemlich viel Kondition.

80 Auftritte in einer Saison - das klingt nach einem gut gefüllten Terminkalender, täuscht aber ein wenig über die Tatsache hinweg, dass der Münchner Fasching schon bessere Zeiten gesehen hat. Auch in München sei ein Ballsterben zu beobachten, stellt Narrhalla-Präsident Uli Kreuzer besorgt fest. So sind der Konditorenball und der "Ball der Silbernen Rose" heuer erstmals abgesagt worden, was aber auch damit zusammenhängt, dass die Veranstalter nicht nach Fröttmaning ziehen wollten, wo das Zelt des Deutschen Theaters steht.

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Auch die Finanzkrise spielt offenbar eine Rolle - in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dreht der Normalbürger den Euro dreimal um. Viele Bälle sind im Vergleich zu früher schlechter besucht. "Es gibt oft immer noch Karten - auch in letzter Minute an der Abendkasse", beschreibt Kreuzer die unerfreuliche Lage, "die Leute geben das Geld nicht mehr so locker aus."

Beim Auftritt des Prinzenpaars in der Großmarkthalle ist das eher nicht so wichtig. Zwischen Orangen- und Bananenkisten haben die Händler eine Bühne errichtet, auf der auch zufällig anwesende Kunden den Tanz der Gardemädchen in buntem Federschmuck und knappen Kostümen verfolgen können. "Ihr habt da", sagt der Hofmarschall, "jede Menge süße Früchtchen, aber das können wir von uns auch behaupten."

Nicht immer ist es leicht, für die Rolle des Prinzenpaars geeignete junge Leute zu finden. Um diesen Job kümmert sich hauptsächlich der Präsident, und unter den vier potentiellen Prinzessinen, die diesmal zur Debatte standen, fiel die Wahl auf Sandra Schmidt. Letztlich war es wohl ihr Vater, der die 21-Jährige Studentin davon überzeugen konnte, das stressige Amt anzunehmen - via Internet, weil sich Vater Schmidt, der als Unternehmer in der Elektronikbranche tätig ist, gerade auf Geschäftsreise in China befand.

"Ich kann es nur jedem empfehlen, diesen Job zu machen, denn die Auftritte in der Öffentlichkeit sind gut für das Selbstbewusstsein." Das sieht auch Tochter Sandra so, die im übrigen "einfach Spaß am Fasching" hat. Und ein gutes Immunsystem, das man angesichts der klirrenden Kälte und der luftigen Kleidung braucht.

Auch bei Prinz Peter III., der im bürgerlichen Leben Peter Paul Reinhardt heißt und eine Versicherungsagentur in Schwabing betreibt, gab der Vater den Anstoß. Er las in der Zeitung eine Anzeige, woraufhin sich der einstige Debütant bewarb. "Du lernst bei den Auftritten Menschen kennen und kannst Kontakte knüpfen", erläutert der 23-Jährige seine Motive. "Und wahrscheinlich hat man später nie wieder so viel Zeit, an einem Stück zu feiern."

Das Gastspiel bei den Liberalen ist mittlerweile beendet, Chauffeur Manuel kutschiert das Prinzenpaar standesgemäß in einer großen Limousine, die die Münchner Niederlassung des Autoherstellers zur Verfügung gestellt hat, zum Hotel Bayerischer Hof.

Unterwegs macht er vor der Wohnung des Prinzen Station, weil der noch ein paar frische Hemden für die nächsten Auftritte braucht. Im Bayerischen Hof haben die Faschingsregenten zwei Suiten bezogen, in denen sie kostenlos logieren dürfen. Das Hotel ist für das Prinzenpaar ein wichtiger Stützpunkt, hier schminken und kostümieren sie sich, hier können sie sich zurückziehen.

Das machen sie auch vor dem nächsten Auftritt des Tages, einer Trambahn-Sonderfahrt mit den Prinzenpaaren der Konkurrenz. Einige von ihnen bleiben vielleicht auch künftig ein Paar. Manchmal finden Hoheiten im Fasching ihr Glück. Im Idealfall für ein ganzes Leben.

© SZ vom 21.02.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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