Nachverdichtung:Mehr bezahlbarer Wohnraum

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Mieterverein fordert, das Baurecht radikal zu ändern

Von Thomas Anlauf

Angesichts des enormen Zuzugs nach München und den zugleich stark steigenden Mieten fordert der Mieterverein eine radikale Änderung des Baurechts. Denn die bisherige Praxis der Nachverdichtung "bringt in München leider kaum bezahlbaren Wohnraum", sagt die Vorsitzende des Mietervereins, Beatrix Zurek. In bereits bebauten Gebieten, für die keine Bebauungspläne existieren, "gibt es keinerlei Verpflichtungen zur Schaffung bezahlbarer Wohnungen". Zwar hat die Stadt München als wohnungsbaupolitisches Instrument die sogenannte sozialgerechte Bodennutzung (Sobon). Sie verpflichtet private Investoren, 30 Prozent der Wohnflächen für geförderten Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Doch bei einer Nachverdichtung gilt die Sobon eben nicht. Zurek schlägt nun vor, dass im Baugesetz ein Wertzuwachs, der durch eine Bebauung entsteht, mit einer Quote für geförderten Wohnraum verknüpft wird. Das müsse auch nicht zwingend für alle Kommunen in Deutschland gelten, aber zumindest für Städte möglich sein, "die unter besonderer Wohnungsnot leiden". Eine derartige Regelung bei einer Nachverdichtung würde nach Ansicht Zureks bewirken, dass beispielsweise Wohnungen, die durch nachträglich auf Wohnhäuser gebaute Stockwerke entstehen, nicht automatisch als Eigentumswohnungen verkauft oder teuer vermietet werden.

Als typisches Negativbeispiel für Nachverdichtung in München nennt der Mieterverein einen Wohnblock der GBW in Schwabing. An Brabanter-, Luxemburger-, Ungerer- und Stengelstraße baue das Unternehmen auf einen Altbau zusätzliche Dachgeschosswohnungen mit Terrassen. Außerdem kommen ein neues Eckhaus und ein weiteres Haus im Innenhof dazu. "Die Modernisierung der 91 Wohnungen wird - soweit es rechtlich möglich ist - auf die Mieter umgelegt, es drohen also saftige Mieterhöhungen, die viele Mieter vertreibt", so der Mieterverein. Die 44 neuen Wohnungen seien ausschließlich Eigentumswohnungen oder bei Vermietung nicht an den Mietspiegel gebunden. "So läuft die Nachverdichtung in den allermeisten Fällen - Mieterhöhungen für die Bestandsmieten und neue teure Eigentumswohnungen sind die Ergebnisse", so Zurek.

Die Vorsitzende des Mietervereins beobachtet auch ein anderes Phänomen am Wohnungsmarkt: Die Zahl der Kündigungen wegen Eigenbedarfs ist in jüngster Zeit rasant gestiegen. Im vergangenen Jahr musste der Mieterverein deshalb doppelt so viele Münchner beraten wie noch drei Jahre zuvor.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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