Seine letzte Briefmarke hat Ernst Kößlinger vor acht Jahren gezeichnet. Sie zeigt Kaiser Otto (912 -973), der schon zu Lebzeiten mit dem Zusatztitel der Große geehrt wurden. Der Beiname passt auch gut zum Schöpfer der Marke. Nicht allein der 38 Sonderbriefmarken wegen, die millionenfach gedruckt und oft ausgezeichnet wurden, sondern auch seiner anderen Werke wegen: Kößlinger schuf zehn, bis heute unvergessene Plakate für das Oktoberfest, jedes in einer anderen Technik: Holz- und Linolschnitt, Kaltnadel- oder Aquatinta-Radierung, Aquarell und Buntstiftzeichnung. Er zeichnete auch den ersten Fremdenverkehrsprospekt der Stadt München: ein schwarz-weißes Heftchen, das sich Touristen 1951 für 15 Pfennig kaufen konnten. Oder die Broschüre "Museen und Galerien in München", für die er 1984 auf der Internationalen Tourismusbörse mit der "Goldenen Reisekutsche" ausgezeichnet wurde.
Der Grafiker schuf Plakate für das Oktoberfest,...
...oder die Auer Dult.
Er zeichnete Briefmarken zu Carl Orff...
...oder zu 175 Jahre Düsseldorfer Karneval.
Kößlinger, am 16. Mai 1926 in Schwabing geboren, war schon als Kind ein begeisterter Zeichner. Sein Grafikstudium bei Eduard Ege unterbrach der Krieg. 1949 begann er als freiberuflicher Grafiker zu arbeiten, zeichnete für Banken, Verlage, Industriebetriebe und für die Stadt München. Von 1971 bis 1990 lehrte er an der Hochschule München, malte, zeichnete, illustrierte Bücher, schuf grandiose Farbradierungen: Landschaften, Menschen, Blumen, Tiere - ihm war es nie wichtig, einen Stil zu haben, doch er schätzte die Auseinandersetzung mit den Tücken des Materials. Am 9. Dezember ist Ernst Kößlinger an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben.