Nachgehakt:"Lesen kon i oiwei no"

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Zum Start 1992 interviewte die Landkreis-SZ sechs Erstklässler. Drei von ihnen haben wir 25 Jahre später danach gefragt, was aus ihnen geworden ist.

Von Michael Morosow

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Diesen verspürte am 15. September 1992 nicht nur das Team der SZ-Landkreisredaktion, als dieses erstmals, fern des Mutterhauses, in Garching und Unterhaching seine Lokalausgabe fertigte. An diesem Dienstag vor 25 Jahren tauchten in Bayern auch Tausende Sechsjährige in eine neue, spannende Welt ein, mit der Schultüte unterm Arm. Und die SZ fragte Erstklässler, die in Helfendorf eingeschult wurden, nach ihren Erwartungen.

Bernhard Lichtenegger äußerte arge Bedenken, weil ihm Gerüchte zugetragen worden waren, in der Schule müsse man brav und fleißig sein. "Ja, das stimmte", weiß der heute 31-Jährige. Ob er wirklich brav war, sei dahingestellt. Fleißig aber muss er gewesen sein, sonst wäre er heute nicht selbständig als staatlich geprüfter Forstwirt mit eigenem Holzarbeitsbetrieb und Landwirtschaftsmeister mit einer Firma. Ihn trifft man meist im Wald an, seine Frau ist für Milchvieh und Bio-Betrieb zuständig. Zurzeit dreht sich aber alles um die kleine Felicitas, die vor drei Wochen zur Welt kam.

Offenbar ist der ABC-Jahrgang 1992 außerordentlich familienfreundlich: Zwei Mitschülerinnen von Bernhard Lichtenegger sind erst unlängst stolze Mütter geworden, Veronika Eichler bereits zum zweiten Mal. Vor vier Wochen ist zum eineinhalb Jahre alten Sebastian ein noch kleinerer Korbinian hinzugekommen. Wenn beide wüssten, dass ihre Mutter vor 25 Jahren sicher war, in eine geheimnisvolle Schulbande aufgenommen zu werden, und sich am meisten auf die "Schultütn" freute. Darin muss sie wohl ausreichend Gehirnnahrung gefunden haben, genug jedenfalls, um die Schule zu meistern und nach einer Banklehre im Abendstudium noch den Betriebs- und Verwaltungsfachwirt nachzulegen. Zu Hause in Kleinkarolinenfeld betreiben sie und ihr Mann außerdem eine Landwirtschaft im Nebenerwerb.

In der Schultüte von Eva Ebersberger, geborene Vilsmeier, fanden sich Gummibärchen en masse. Die Schulzeit konnte also beginnen, vor allem auch, weil sie bereits aus dem Stand "Oma" schreiben konnte und ihre Lieblingsfächer Lesen und Schreiben waren. "Lesen kon i oiwei no", sagt sie heute mit verschmitztem Unterton. Und Gummibärchen mag sie immer noch, "vor allem die Saftbären". Eine Versicherungskauffrau ist aus der kleinen Eva geworden und vor vier Monaten auch eine glückliche Mutter. Seither dreht sich daheim alles um die kleine Luzia, die in sechs Jahren eingeschult werden wird, wahrscheinlich zusammen mit Felicitas und Korbinian.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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