Nachbarsstreit um läutende Kuhglocken:Eine unerbittliche Prozesshanselei

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SZ-Leser fühlen mit dem Gericht und wundern sich, warum die Tiere Glocken brauchen und warum jemand aufs Land zieht und dann klagt

SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: N/A)

"Geläut geht weiter" vom 20. Oktober über einen Rechtsstreit ums Kuhglocken-Geläut:

Aufs Land ziehen und streiten

Bei der Lektüre dieses Artikels konnte ich nur bitter auflachen. Da beschwert sich also ein Zugezogener, der sich dereinst für "Landruhe" entschied, dass Kuhglocken ihn beim Schlaf stören. Kuhglocken! Ist das sein Ernst? Wie glücklich wäre ich, wenn alles, was ich hier auf dem Land nahe Augsburg hören könnte, das friedliche Gebimmel frei weidender Kühe wäre! Wenn die Wiesen und Felder rund um unser Haus doch zur Weidehaltung genutzt würden! Stattdessen hat, nachdem wir hier an den damals noch relativ ruhigen Ortsrand gezogen waren, einer der zahlreichen Landwirte sofort einen Stall genau gegenüber gebaut, dort Rindvieh untergestellt, das seither nie mehr das Freie gesehen hat und das wir des öfteren herzerweichend brüllen hören (brüllen, nicht muhen!), weil man den Müttern wieder einmal direkt nach der Geburt ihre Kälber weggenommen hat.

Die Straße vor unserem Haus wurde im Lauf der Jahre mehr und mehr zur Rennstrecke nicht nur der Provinz-Racer aus umliegenden Ortschaften, sondern vor allem der immer zahlreicher werdenden Biker, was den Aufenthalt im Garten bei schönem Wetter am Wochenende zu einer Herausforderung für die Nerven werden lässt.

In Städten wird alles für die Bürger getan, auf dem Land (wenn es nicht gerade der Raum Starnberg oder das beliebte Oberland ist), hat man keine Chance. Kein Wunder, dass alle nur in die Städte wollen.

Kuhglocken Tierquälerei? Ha! Aber das Entfernen der Hörner sowie die Haltung im Stall und die Wegnahme der eigenen Jungen ist es nicht? Ist irgendjemandem schon mal aufgegangen, dass hierzulande die Kuh das einzige Säugetier ist, das seine Jungen nicht einmal am Anfang säugen darf? Ich beglückwünsche die Landwirtin aus Erlkam, die ihre Kühe wenigstens draußen weiden lässt, wenn sie auch augenscheinlich leider, wie fast alle dieser Zunft, dem verbreiteten Irrglauben erlag, die Hörner der Kühe seien reine Dekoration, eher gefährlich und daher zu entfernen. Wenn man so darüber nachdenkt, sind tatsächlich in früheren Jahrzehnten die Bauern reihenweise von ihren Rindviechern aufgespießt worden ... Mariangela Zaby, Friedberg-Derching

Lächerliche Rechthabereien

Als Landei aus Franken vor fast 50 Jahren nach Bayern eingewandert und bis zum zehnten Lebensjahr auf einem großen Bauernhof aufgewachsen, frage ich mich staunend, wieso Kühe auf einer - vermutlich eingezäunten - Weide Glocken tragen müssen. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass die Tiere frei in der doch einigermaßen dicht besiedelten Gegend herumlaufen dürfen. Mein Onkel, bei dem wir damals lebten, hatte 30 Milchkühe und jede Menge Kälber, und er hielt sie schon damals über den ganzen Sommer auf ähnlich großen Weiden wie der in Holzkirchen-Erlkam. Dort hatten sie einen großen Unterstand, und um das ganze Gelände lief ein Elektrozaun. Zweimal am Tag fuhren die Schweizer zum Melken und Füttern dorthin. Glocken waren nicht vonnöten, obwohl sie dort garantiert niemanden gestört hätten. Kühe fressen praktisch den ganzen Tag, und ich kann mir gut vorstellen, dass einen das dauernde Geläute stört. Offenbar haben sich weder der Richter noch der SZ-Autor die Frage gestellt, wieso die Kühe Glocken tragen müssen. Die Behauptung, damit sie nicht verloren gehen, erscheint mir reichlich an den Haaren herbei gezogen. Handelt es sich hier womöglich um den Streit zweier Prozesshansln, denen es nur ums Recht haben geht? Manchmal wundert es einen wirklich nicht, dass der Rest der Republik über die Bayern lacht. Renate Seitz, München

© SZ vom 23.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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