Nach Polizeieinsatz:Ladendiebin fordert Schmerzensgeld

Lesezeit: 2 min

Weil sie einen billigen Ring gestohlen hatte und ihren Ausweis nicht zeigen wollte, wurde eine 40-Jährige gefesselt und in eine Polizeizelle gesteckt. Deshalb klagt sie jetzt auf eine Entschädigung. Doch möglicherweise war ihr Anwalt zu beharrlich.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ein rascher Griff und schnell raus aus der Boutique - was damals nur wenige Sekunden dauerte, beschäftigt die Justiz nun fast schon vier Jahre. Eine heute 40-jährige Münchnerin hatte im Sommer 2008 in einem kleinen Laden für Modeschmuck und Sonnenbrillen in der Fußgängerzone einen billigen Ring geklaut. Dafür musste sie inzwischen mit einer Geldauflage in vierstelliger Höhe büßen. Im Gegenzug will die Frau nun aber Schmerzensgeld von der Polizei, die ziemlich rau mit ihr umgegangen sein soll.

Die Münchnerin hatte in dem Laden erst etwas eingekauft und dann bei dem Ring für 9,95 Euro beherzt zugegriffen. Als ein Angestellter die flüchtende Frau schon nach 40 Metern einholte, versuchte sie ihn heftig wegzustoßen: Damit war aus einem Diebstahl geringwertiger Sachen ein räuberischer Diebstahl geworden - das Strafgesetzbuch sieht dafür bereits bei minderschweren Fällen Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor.

Die Frau, von dem Angestellten in den Laden zurückgebracht, wollte nun den Ring nachträglich bezahlen. Als man ihr das verweigerte und die Polizei rief, warf sie das Schmuckstück wütend in eine Ecke. Da sie den inzwischen eingetroffenen Beamten ihren Personalausweis nicht zeigen mochte und sich angeblich aggressiv verhielt, wurden ihr mit einem Kreuzfesselgriff die Arme auf den Rücken gedreht und Handschellen angelegt. Dann wurde sie durchsucht.

Obwohl der Ausweis gefunden wurde, brachten die Beamten sie auf eine Inspektion: Dort wurde die Frau verhört und in eine "Gewahrsamszelle" gesteckt. Nachdem die Beamten ihre Adresse gecheckt und auch ein Protokoll geschrieben hatten, fuhren sie die 40-Jährige zu ihrer Wohnung und wollten diese auch noch durchsuchen - erst auf lauten Protest hin ließen die Beamten davon ab.

Fall könnte bereits verjährt sein

Gegen eine Geldauflage von 2200 Euro wurde später das Strafverfahren gegen die Münchnerin eingestellt: Sie hatte durch ärztliche Atteste die Richter davon überzeugen können, unter psychischen Problemen zu leiden. Seither versucht die Frau, den Spieß umzudrehen. Das Vorgehen der Polizisten sei unnötig hart und unverhältnismäßig gewesen, sagt sie und hat durch ihren Anwalt Klage erheben lassen.

Der verlangte in seinem Schriftsatz an das Landgericht München I, dass die Klage dem Polizeipräsidium zugestellt werden solle. Trotz des Hinweises, dass in solchen Fällen das Landesamt für Finanzen die richtige Zustelladresse sei, blieb der Anwalt dabei.

In der Verhandlung vor der Amtshaftungskammer am Mittwoch stellte sich heraus, dass durch diese Beharrlichkeit des Advokaten der Fall möglicherweise bereits verjährt sein könnte. Das Gericht erklärte aber auch, dass der Abtransport der Frau auf die Inspektion und dort in eine Zelle durchaus amtspflichtwidrig gewesen sein mag. Das übrige Vorgehen der Beamten soll demnächst in einem weiteren Prozess vor dem Amtsgericht geklärt werden. Ob die Frau überhaupt Schmerzensgeld bekommen könnte - sie will 1500 Euro - wird auch davon abhängen, ob sie schlüssig nachweisen kann, trotz ihrer seelischen Vorbelastung durch den Zellenaufenthalt besonders traumatisiert worden zu sein.

© SZ vom 20.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: