Münchner Schulen:Spaenle lenkt im Streit um mehr Schulklassen ein

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Lösung oder Mogelpackung: Der Freistaat will in städtischen Schulen Filialen staatlicher Gymnasien einrichten - und die Lehrer bezahlen.

Jan Bielicki

Das Fax erreichte das Rathaus am Mittwoch um 14:02 Uhr und es enthielt gute Nachrichten für die 345 Münchner Schüler, die noch nicht wissen, auf welches Gymnasium sie im kommenden Schuljahr gehen sollen. In dem Schreiben, adressiert an "Herrn Oberbürgermeister Christian Ude" und gerichtet an die "Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin", erklärte sich Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) bereit, in Räumen, die in städtischen Gymnasien frei bleiben, Filialen staatlicher Gymnasien einzurichten.

Lösung oder Mogelpackung: Kultusminister Ludwig Spaenle will für die 345 Schüler in städtischen Gymnasien Filialen staatlicher Gymnasien einrichten. (Foto: Foto: Niels P. Jørgensen)

Damit ist sichergestellt, dass auch die Schüler, deren Eltern sich vergeblich um einen Platz an einem städtischen Gymnasium bemüht haben, auf ein Münchner Gymnasium gehen können - eben auf eines der Staatlichen. Um eben diese Schüler hatten sich der Kultusminister und die rot-grüne Stadtspitze erbittert gestritten. Der Streit ging sogar noch am Mittwochvormittag im Stadtrat weiter, obwohl der CSU-Fraktionsvorsitzende das Fax, das der Kultusminister noch gar nicht an die eigentlichen Adressaten verschickt hatte, längst in den Händen hielt.

Wie zuvor Spaenle forderten auch die Stadträte von CSU und FDP, die städtischen Gymnasium für mehr Schüler zu öffnen. Seit 2003 richtet die Stadt an ihren Gymnasien 50 Eingangsklassen ein - nicht mehr, auch wenn sich mehr Schüler anmelden. So wollen im kommenden September 1845 Schüler in der fünften Klasse auf ein städtisches Gymnasium gehen - 345 mehr, als es dort Plätze gibt.

Hintergrund dieser Beschränkung ist ein seit Jahren anhaltender Konflikt zwischen Stadt und Staat darum, wer wie viel für die beschäftigten Lehrer zahlen soll. Derzeit trägt der Freistaat nur 38 Prozent dessen, was ein Lehrer die Stadt kostet. Darum nehmen städtische Schulen zwar etwas mehr als 30 Schüler pro Klasse auf - die Stadt bleibt aber dabei, nur 50 Eingangsklassen einzurichten. Sie verweigerte sich auch Spaenles Vorschlag, der Staat könne eigene Lehrer an die städtischen Schulen abordnen - allerdings hätte sich die Stadt an deren Bezahlung beteiligen müssen.

"Das ist kein Angebot, sondern eine Mogelpackung", wies Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) im Stadtrat Spaenles Vorschlag zurück. Drei zusätzliche Eingangklassen kosteten die Stadt in den acht Jahren bis zum Abitur mehr als 2,5 Millionen Euro, für die der Freistaat nicht aufkomme. "Das ist", so wandte Strobl sich an den CSU-Fraktionschef Josef Schmid, "wie wenn ich Sie zum Essen einlade, und Minister Spaenle müsste es zahlen". Schmid hatte der rot-grünen Stadtspitze zuvor vorgeworfen, den Streit um die Lehrpersonalkosten "auf dem Rücken der Kinder" auszutragen. Sein Fraktionskollege Richard Quaas sprach sogar von "Geiselnahme".

OB Ude warf der CSU vor, mit Zahlen zu hantieren, "die kein Taschenspieler mehr anzuwenden wagt". Spaenle wolle damit "vernebeln, dass einzig und allein der Freistaat für ein ausreichendes Schulangebot zuständig und verantwortlich" sei. "Es stehen kein nackten, hungrigen Kinder vor den städtischen Schulen", spottete die SPD-Stadträtin Beatrix Zurek, "jedes Kind bekommt einen Gymnasialplatz." Wie zur Bestätigung quoll wenig später das Schreiben des Kultusministers aus dem Fax des OB.

© SZ vom 22.05.2009/dab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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