Sie sind Unruhestifter aus Überzeugung. Wo immer die Kunstaktivisten des "Zentrums für politische Schönheit" auftauchen, sorgen sie mit ihren spektakulären Aktionen für heftige Debatten. Im Vorfeld der Aktion "Erster europäischer Mauerfall" stahlen sie die Gedenkkreuze für die Maueropfer, um sie an die Grenzen der Festung Europa zu bringen. In "Die Toten kommen" holten sie die Leichen ertrunkener Flüchtlinge nach Berlin und ließen sie feierlich begraben.
Begleitet sind ihre Aktionen nicht selten von Fake-Ankündigungen mit Schockeffekt. In "Flüchtlinge fressen" versuchten sie, die Abschaffung des Paragrafen 63 und eine Transporterlaubnis für Menschen ohne Visum nach Deutschland zu erzwingen und drohten, andernfalls Flüchtlinge öffentlich Tigern zum Fraß vorzuwerfen. Mit der angeblich geplanten Erschießung eines Jaguarbabys nach der Premiere ihrer Performance "2099" im Theater Dortmund brachten sie Tierschützer in Rage, denen sie entgegenhielten: "Auch der Syrer ist ein Säugetier, das vom Aussterben bedroht ist."
Zynismus wurde den Kunstaktivisten, die meist mit kohlegeschwärzten Gesichtern auftreten, immer wieder vorgeworfen. Doch der liegt ihnen fern. Vielmehr verstehen sie sich als "aggressive Humanisten", die in einer zynischen Gesellschaft gegen Indifferenz und "mörderische Untätigkeit" kämpfen. Eine Mission, die Philipp Ruch, Gründer und Chefideologe des ZPS, als "die heilige Pflicht von Künstlern, Dichtern und Denkern" betrachtet, wie er in seinem Buch "Wenn nicht wir, wer dann?" erklärt, einem flammenden politischen Manifest, das keine Ambivalenzen duldet. Wider den moralischen Relativismus, die postmoderne Lust an ironischen Spielen, "die Trennung von Ethik und Ästhetik" bekennt sich Philipp Ruch zum Glauben an das Gute, Wahre und Schöne.
Nun hat Matthias Lilienthal die Berliner Gruppe nach München geholt. In Kooperation mit den Kammerspielen will das Zentrum für politische Schönheit an diesem Montag im Stadtraum einen neuen Coup starten im Gedenken an Georg Elser, dessen Attentat auf Hitler im Bürgerbräukeller 1939 tragisch scheiterte. Ziel der sich bis zum 2. Juli erstreckenden Aktion "Elser" ist es - wie es in dem ziemlich kryptischen Programmtext der Kammerspiele heißt -, "die immer noch stehenden, steinernen Theaterkulissen der Nazis wegzureißen - und hindurch zu blicken auf den neuen Fundus humanistischen Ruhms". Was da wann und wo geplant ist, war vom Theater nicht zu erfahren. Selbst der Intendant konnte bei einem Gesprächstermin nur sagen, dass er nichts sagen kann. "Die hauen ihr Ding raus, und dann werden wir sehen." Irgendwie geht es wohl "ganz allgemein um Fragen des Widerstands". Mehr war Lilienthal nicht zu entlocken. Womöglich dient die Geheimniskrämerei ja dazu, das vorzeitige Eingreifen von Gesetzeshütern zu verhindern.
Elser , Aktion des Zentrums für Politische Schönheit, Mo., 26. Juni, bis 2. Juli