Münchner Innenstadt:Wenn die Autos weichen müssen

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Neue Fußgängerzonen, verkehrsberuhigte Straßen: Die Planer haben noch sehr viel vor mit der City.

Dominik Hutter

Münchens Altstadt gehört zu den beliebtesten - und belebtesten - des Landes. Viele deutsche Städte gönnen den Fußgängern freilich erheblich mehr autofreie Zonen. Die Experten des städtischen Planungsreferats sind seit langem auf Ideensuche, wie das Münchner Zentrum noch verschönert werden kann - und ließen die SZ teilhaben an ihren Vorstellungen über die Zukunft der Altstadt.

Altstadt ohne Autos? Ganz so weit wird es nicht kommen, aber dennoch soll künftig der Fußgänger Vorrang in der City haben. (Foto: Foto: SZ-Graphik)

Es sah eigentlich nicht schlecht aus: die parkenden Autos verschwunden, so dass die Fußgänger auf gesamter Breite der Sendlinger Straße flanierten. Nirgendwo fluchende Radler, keifende Stellplatzsucher oder besserwisserische Zebrastreifen-Trödler - dafür Tische, Stühle und ein gemütliches Raunen in der Luft. Viele Münchner staunten nicht schlecht, wie angenehm es sich in der weitgehend autofreien Altstadt zum Stadtgeburtstag im Juli leben ließ. Lohnt es sich denn wirklich, so dachten wohl einige, in der Altstadt so viel Platz fürs Auto zu reservieren?

Tatsächlich nimmt der motorisierte Verkehr innerhalb des Altstadtrings seit Jahren ab - 1993 war in den zumeist recht engen Gassen noch fast doppelt so viel los wie heute. Im Gegenzug erreicht der MVV Traumanteile von 80Prozent und mehr am gesamten Verkehrsgeschehen, dazu kommt dann noch die massiv angewachsene Radlerarmada. Entsprechend wachsen die Begehrlichkeiten, aus weiteren Bereichen die Autos auszusperren. SPD-Rathausfraktionschef Alexander Reissl hat bereits im Juni - also noch vor dem Stadtgeburtstagsfest - angeregt, einen Teil der Sendlinger Straße zur Fußgängerzone umzuwidmen. Der Antrag wird derzeit im Planungsreferat bearbeitet, die Chancen gelten als gut.

Doch ist das längst nicht alles: Die Experten der städtischen Behörde tüfteln schon seit Jahren, welche Verbesserungen in der Innenstadt noch möglich wären. Vieles davon sind reine Überlegungen, die die Büroetagen des Planungsreferats noch nie verlassen haben. Klar ist aber: Es ließe sich noch einiges verändern in der Altstadt. Ein komplett autofreies Zentrum taucht allerdings nicht auf in den städtischen Gedankenspielen. "Die Innenstadt soll per Auto erreichbar bleiben", betont Horst Mentz, Chef der Verkehrsplanung im Planungsreferat. Das derzeitige Verkehrskonzept wird deshalb grundsätzlich erhalten bleiben. Damit die Fußgängerzone angefahren und beliefert werden kann, fließt der Verkehr schlaufenartig durch die Altstadtviertel (siehe Graphik).

Sendlinger Straße

Einer der ersten Kandidaten für eine Fußgängerzone. Otto Resch, in Mentz' Abteilung für Innenstadtkonzepte zuständig, hält eine solche für möglich und auch wünschenswert: "Am besten wäre es, schrittweise voranzugehen." Zunächst also, wie im SPD-Antrag, nur den Bereich zwischen Färbergraben und Hackenstraße für Autos zu sperren - idealerweise unter Einbeziehung der kleinen Dultstraße, die eine schöne Verbindung zum neugestalteten St.-Jakobs-Platz schaffen könnte. Und in einem zweiten Schritt, den politischen Willen im Rathaus vorausgesetzt, auch noch den Rest bis zum Sendlinger Tor. "Allerdings müssen die Durchfahrten offenbleiben", also die querenden Straßenzüge Färbergraben/Rosental sowie Hermann-Sack-/Hackenstraße.

Damit die Gebäudeeinfahrten in der Sendlinger Straße selbst nicht abgeschnitten werden, wären Zufahrtsgenehmigungen für Anwohner und Geschäftsleute erforderlich - laut Resch ein überschaubares Problem, da die Zahl der Einfahrten nicht allzu groß ist. Danach gelte es nur noch zu klären, ob auch der Vorplatz des Sendlinger Tors, im Zuge der Herzog-Wilhelm-Straße, für Fußgänger reserviert werden soll. Allenfalls längerfristig könnte man, so Resch, darüber nachdenken, den Verkehr auch auf der Schlaufe durchs Hackenviertel deutlich zu reduzieren - durch einen Abbruch des städtebaulich recht fragwürdigen Parkhauses am Färbergraben.

2016 laufen Resch zufolge die entsprechenden Verträge mit dem Betreiber aus. Parkhäuser in der Altstadt, das haben Untersuchungen des Planungsreferats ergeben, sind nur selten (eigentlich nur an Adventssamstagen) ausgelastet und gelten daher keineswegs als sakrosankt. Mentz und Reisch betonen allerdings, dass derartige Entscheidungen der Stadtrat treffen muss. Das Planungsreferat kann lediglich "vordenken".

Rund ums Hofbräuhaus

Das Schicksal eines Parkhauses bestimmt auch die Überlegungen der Planer fürs Graggenauviertel - aus touristischer Sicht das Umfeld des Hofbräuhauses. Dort, in der Hildegardstraße, steht heute eine ebenfalls architektonisch zweifelhafte Hochgarage, deren Abbruch bereits beschlossene Sache ist. Ersatzweise soll eine Tiefgarage unter dem Thomas-Wimmer-Ring gebaut werden, also außerhalb der eigentlichen Altstadt, die damit erneut entlastet wird.

Im Tal

Profiteur könnte das Tal sein, für das das Baureferat derzeit ein Umbaukonzept erarbeitet. Kernpunkte: schmalere Fahrbahnen, breitere Gehwege, eine angenehmere Atmosphäre. "Gedanken, das Tal in eine Fußgängerzone umzuwandeln, gibt es aber nicht", warnt Mentz schon einmal vor weiteren Begehrlichkeiten. Der Straßenzug, Teil der historischen Salzstraße über die Isar, müsse für Autos offenbleiben. Resch hält es allerdings für diskussionswürdig, irgendwann vielleicht doch die ohnehin enge und wenig befahrene Sparkassenstraße aufzulassen. Das würde zwar die Schlaufe durchs Graggenauviertel kappen, wäre aber wohl für die Autofahrer ein verschmerzbarer Verlust.

Brienner Straße

Kompliziert und teuer wäre eine Verkehrsberuhigung der Brienner Straße. Denn dazu müsste der Altstadtringtunnel so umgebaut werden, dass man - was derzeit nicht möglich ist - von der Ludwigstraße über den Oskar-von-Miller-Ring Richtung Maximiliansplatz abbiegen kann. Eine Neugestaltung dieser abschreckenden Beton- und Asphaltwüste in prominenter Lage, etwa durch eine Verlängerung des Tunnels, spukt den Planern schon seit langem im Kopf herum - "aber das geht nicht von heute auf morgen", betont Mentz.

Der Charme einer solchen Lösung: Der Fußweg ins Pinakothekenviertel könnte sehr viel attraktiver - und zumindest der östliche Teil der Brienner Straße zum Fußgängerbereich werden. "Eine Frage wäre dann noch, wie weit die Zone in den Odeonsplatz hineinragt", meint Resch, der eine große städtebauliche Chance für eines der schönsten Ensembles Münchens wittert.

Max-Josephs-Platz

An ihm beißen sich die Planer aber schon seit langem die Zähne aus: Wohin nur mit der störenden Tiefgaragenzufahrt? Alle bisherigen Vorschläge, bis hin zur Verlegung in die Residenzstraße, machen die Planer nicht glücklich. "Das Ziel lautet, den Max-Joseph-Platz auch optisch so weit wie möglich zur Fußgängerzone umzugestalten", berichtet Resch. Dazu gehört auch der Bereich vor der Residenzpost, der eigentlich für Autos nicht mehr benötigt wird. "Wenn dort allerdings ein Hotel hinkommt, benötigen wir eine Hotelvorfahrt", alles im Fluss also.

Marienplatz

Wenig Bestrebungen gibt es im Planungsreferat, am Platz der Plätze herumzudoktern. Über kleinere Umgestaltungen am Marienplatz wird lediglich im Zusammenhang mit der Radlerfurt (siehe Bericht unten) nachgedacht. Eine Sperrung der Straßenfurt für Busse und Taxis steht nicht auf der Agenda.

© SZ vom 11.09.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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