Münchner Eisdielen:Szene-Icer oder Gourmet?

Welche Eissorte man mag, besagt angeblich viel über den Charakter. Auch bei Eisdielen gibt es markante Unterschiede - wir stellen zehn Münchner Sommer-Institutionen vor.

A. Fischhaber und A. Goebel

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Welches Eis man mag, besagt angeblich viel über Charakter und politische Präferenzen. Aber nicht nur die Sorte macht's, auch bei den Münchner Eisdielen gibt es markante Unterschiede. Sueddeutsche.de stellt zehn Münchner Sommer-Institutionen vor.Padrona: Café PortofinoLetizia Concetti eilt mit strahlendem Lächeln durch Portofino. Kein Wunder, das Meer glitzert, die pastellfarbenen Häuser am Hafen des ligurischen Prachtstädtchens spiegeln sich im Wasser - dass alles nur Attrappe ist, stört die Signora nicht weiter. Immerhin besser als nichts, für sie ist ihre Eisdiele ein kleines Stück Italien. "Portofino" heißt das Café, das sie mit ihrem Mann Alberico Zardini seit fast 30 Jahren in Pasing betreibt, aus nostalgischen Gründen. Das Paar stammt eigentlich aus dem Veneto, "aber wir sind in Portofino verliebt", sagt Letizia Concetti. Mit ihren Ballerinas aus himbeerfarbenem Wildleder und dem schulterfreien Sommerkleid entspricht sie ganz dem Bild der eleganten Padrona, allerdings gilt ihre große Liebe nicht nur schönen Dingen, sondern vor allem Kelly. Die vierjährige Labradorhündin versteht es, sehr manierlich Eis von einer Waffel zu lecken, und ein großer Eisbecher mit kunstvoll geschnitzten Erdbeeren ist nach Kelly benannt.Ansonsten gibt es im Portofino, dessen mit Kunstrasen belegte Terrasse samt echten Kastanien eng zwischen zwei Häuser gezwängt ist, mehr als 50 Sorten Eis. Limette und Cassis sind die Neuerungen des Sommers 2009, an den Tischen unter den rotgestreiften Markisen geht es familiär zu. Die Pasinger lieben ihre Gelateria, Bauarbeiter in der Mittagspause vertilgen Pizza oder Tortellini, ältere Damen lassen sich ein Stück hausgemachte Torte schmecken.Und Hunde bekommen bei Letizia Concetti gern ein paar Löffel Eis umsonst.Adresse: Café Portofino, Gleichmannstraße 12Foto: Hess(SZ vom 3. Juli 2009/Anne Goebel)

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Liebesheirat: Gelato BartuThomas Bartu und Eiscreme, das ist eine Liebesgeschichte. Wer dem spätberufenen Gelatiere zuhört, bekommt jedenfalls den Eindruck, dass es um viel Emotion geht. "Ich habe meine alte Liebe geheiratet", sagt der 62-Jährige, der im April sein "Gelato Bartu" eröffnet hat. Lange war der Schwabinger mit Siebenbürger Wurzeln erfolgreich in der Modebranche, dann hat er sich an das Gefühl erinnert, wenn er als Bub die "Pilgerreise" antrat zum Ranftl an der Isar. Eine alteingesessene Eisdiele, eine Münchner Institution, und der Geschmack, erinnert sich Bartu, "war unvergleichlich".Das Bild vom cremigen Gefrorenen in metallenen Bottichen vergaß er nie, heute steht er selbst an blitzblanken Töpfen mit Birnensorbet oder "Schokino mit Biss".Bartu hat die Eisfachschule Iserlohn absolviert, hat sich eine edel-schlichte Einrichtung bauen lassen, und an sonnigen Nachmittagen lässt die Kinderwagen- und Fahrraddichte vor seiner fein gelegenen Eisdiele in einem renovierten Altbau darauf schließen, dass sich die Liebesheirat gelohnt hat. Bio-Zutaten, natürliche Bindemittel, null Geschmacksverstärker - selbstverständlich werden Verlockungen wie "Dulce de Leche" nicht derb in Kugeln gepresst. Bei Bartu wird das Eis, so steht's an der Wand, "mit dem Spachtel gestreichelt".Adresse: Gelato Bartu, Wilhelmstraße 23Foto: Hess(SZ vom 3. Juli 2009/Anne Goebel)

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Aroma: Crema Gelato"Die Zitrone", sagt Fausto Alberto Guadagnini, "ist eine sehr empfindliche Frucht." Man müsste den Satz eigentlich mit einem Ausrufezeichen versehen. Denn wenn Guadagnini spricht, klingt das immer bedeutsam, wie ein kleiner Vortrag. Man hört ihm dabei aber gerne zu. Erstens hat der Italiener aus Belluno nichts Professorales an sich, dazu lacht er zu gerne. Und zweitens geht es schließlich um ein angenehmes Thema, zum Beispiel darum, wie sich Ricotta und Birne zu einer unvergleichlichen Creme vereinen oder warum Eis aus Sesam und Honig so köstlich schmeckt. "Crema Gelato" heißt die winzige Eisdiele, die Guadagnini mit seiner Frau Tamara an der Landwehrstraße betreibt. Wer es nicht weiß, würde hinter der schlichten Theke keine kulinarischen Besonderheiten vermuten, aber Guadagnini verrichtet sein Handwerk mit großem Ernst. "Ehrensache", sagt er. Den Kunden kommt's zugute. "Schmeckte wie Pulver", kommentiert er etwa die handelsübliche Nullachtfünfzehn-Variation von Zitroneneis und schnalzt bei der Vorstellung kopfschüttelnd mit der Zunge, als wolle er sagen, wie kann man sowas den Leuten bloß unter die Nase halten. Bei ihm komme nur frisch gepresster Saft zum Einsatz, nichts Künstliches, und das Ergebnis ist überzeugend: aromatische Zitrusnoten auf der Zunge, keine scharfe Säure am Gaumen - Guadagnini nickt zufrieden, als er die Anerkennung entgegennimmt. Etwas anderes hat er nicht erwartet.Adresse: Crema Gelato, Landwehrstraße 14Foto: Hess(SZ vom 3. Juli 2009/Anne Goebel)

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Die Himmlische: JessasSeit 25. Juli 2008 ist die heilige Familie komplett: Die Eisdiele Jessas ist die dritte Eröffnung von Stefan Alof nach- und nebeneinander. Vor sechs Jahren war es das Café Maria, 2005 kam die Bar Josef dazu und nun also das Eis. Fragt sich nur, ob die Insel im Glockenbach bestehen kann - während das Viertel beständig hipper, cooler und teurer wird, soll Jessas ein Treffpunkt für alle bleiben.Hilfe bekommt Alof dabei von oben. Der Glaube ist immer dabei - hinter ihm prangt ein Gottessohn-Graffiti an der Wand, über dem Eis wacht eine hölzerne Madonna. Drei Vitrinenfüllungen gingen am ersten Wochenende unter ihren Augen weg - auch wenn die Leute von den Werbeagenturen ein bisschen komisch geguckt haben beim Vaterunser. Aber wer beschwert sich schon über himmlisches Eis?Die Himmlische: Jessas auf maps.sueddeutsche.deAdresse: Klenzestraße 97, Glockenbach Öffnungszeiten: 12 bis 22 Uhr Preis/Kugel: 1,20 Euro Angebot: Jeden Tag zwölf wechselnde Sorten Special: Die Hausmarke Jessas, ein Chai-Latte-EisWo gehen Sie am liebsten Eis essen? Schreiben Sie uns!Foto: Andreas Heddergott

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Der Gourmet: Schuhbeck's EisAm Platzl herrscht kulinarisch Münchens Promi-Koch Alfons Schuhbeck - gleich neben seinem Orlando-Bistro lockt die süße Sünde im Eissalon. Ob geeister Kaiserschmarrn oder Schokolade-Chili, Weißbier oder Feige-Rosenblüte, die exotischen Sorten zeigen, dass hier ein Koch am Werke war, der einen Namen zu verteidigen hat. "Hauptsache wir sind anders als die anderen", erklärt denn auch der Geschäftsführer von Schuhbeck's Eis das Konzept.Moe ist das ziemlich egal. Die kleine Japanerin ist froh, dass der Besuch im Hofbräuhaus gegenüber vorbei ist und sie ihren Vater zum Nachtisch locken konnte. Auch für die ziemlich abstrakten Eisgemälde und den Kronleuchter über der Vitrine hat sie keinen Blick übrig, die Hauptsache bleibt eben das Eis - und Kleckern macht auch bei Schuhbeck Spaß.Der Gourmet: Schuhbeck's Eis auf maps.sueddeutsche.deAdresse: Am Platzl, Lehel Öffnungszeiten: 11 bis 23 Uhr Preis/Kugel: 1 Euro Angebot: Jeden Tag 36 wechselnde Sorten Special: Argan Öl, ein Eis aus marokkanischer NussWo gehen Sie am liebsten Eis essen? Schreiben Sie uns!Foto: Anna Fischhaber

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Die Natürliche: NaturaleEin Aquarium, ein Sofa, Blumengirlanden - die Einrichtung der kleinen Eisdiele in Neuhausen wirkt eher ungewöhnlich. Schließlich ist das Naturale kein normaler Eissalon - als wohl einziger Münchens verfügt er über das Ökosiegel für Bio-Produkte. Das Angebot klingt dementsprechend gesund. "Hafer-Vanille ist laktosefrei und vor allem für Menschen gedacht, die keine Milch vertragen", beruhigt Chefin Christin Güven. "Probieren Sie doch das Fruchteis." Zugegebenermaßen schmeckt das Mangoeis, eigentlich ein Sorbet mit 50 Prozent Fruchtanteil, wirklich noch nach Mango.Beschwert über den Geschmack des Bio-Eises habe sich bislang keiner und die Vollkornwaffel sei längst Vergangenheit, sagt Güven. "Nur die Kinder sind manchmal enttäuscht, dass es das leuchtend blaue Schlumpfeis wegen des Farbstoffes nicht gibt." Als Erwachsener will man dagegen am liebsten nur noch Bio-Eis essen, wenn man Güvens Geschichten von Schweinegelatine als Bindemittel für Eis und mehr Cremigkeit gelauscht hat.Die Natürliche: Naturale auf maps.sueddeutsche.deAdresse: Winthirstrasse, Ecke Volkartstraße Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 8-18 Uhr, Sa. 8-14 Uhr Preis/Kugel: 1 Euro Angebot: Jeden Tag zwölf wechselnde Sorten, das Eis ist Eifrei Special: Laktosefreies Hafer-Vanille und Apfel-SanddornWo gehen Sie am liebsten Eis essen? Schreiben Sie uns!Foto: Anna Fischhaber

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Der Klassiker: SarclettiNach wie vor wird das Sarcletti als Münchens beste Eisdiele gehandelt. Dabei wirkt das Eis-Eck am Rotkreuzplatz zumindest äußerlich eher heruntergekommen. Dennoch wächst die Schlange vor der Vitrine bereits früh am Morgen beständig. Die beiden Herren vom Rettungsdienst, die es berufsmäßig eher eilig haben, lassen sich davon nicht beirren."Wo sonst gibt es Latte-Macciato-Eis, so cremig und doch nicht zu süß", sagt Stammgast Peter. Zweimal die Woche kommt er im Sommer her - andere Eisdielen meidet er, so weit wie möglich. Das Geheimnis der Sarcletti-Qualität hängt seiner Meinung nach mit der langen Tradition zusammen - Firmengründer Peter Paul Sarcletti, gelernter Hufschmied, verkaufte bereits 1879 sein erstes selbstgemachtes Speiseeis in München. In Holzfasseln karrte er das Gefrorene auf die Wiesn. Mehr als 100 Jahre später führt Urenkel Michael das Geschäft in Neuhausen. Und neuerdings ist Familie Sarcletti auch wieder mobil und liefert das Eis nach Hause.Der Klassiker: Sarcletti auf maps.sueddeutsche.deAdresse: Nymphenburger Straße 155, Neuhausen Öffnungszeiten: 8 bis 23 Uhr Preis/Kugel: 0,80 Euro Angebot: Über 50 verschiedene Sorten Special: Vom Sachertorten- bis zum Diabetiker-EisWo gehen Sie am liebsten Eis essen? Schreiben Sie uns!Foto: Anna Fischhaber

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Die Urlaubsinsel: AdriaSchon die Kombination von Adria und Türkenstraße lässt an Urlaub, Strand und Meer denken. Und wirklich fühlt man sich unter der blauen Markise mit der Aufschrift "Gelateria Italia" ein bisschen wie in Kleinitalien: Die Wände sind bunt und kitschig bemalt, die Eissorten heißen Fior d'Arancio oder Dolce Latte. Sogar auf italienisch bestellen darf man - das Personal im Adria stammt ohne Ausnahme aus südlicheren Gefilden."Eis gibt es besseres, aber die südländische Atmosphäre hier ist einfach einmalig", sagt Stammgast Alex Müller. Das gilt übrigens auch für die Öffnungszeiten: "Eigentlich schließen wir um 23 Uhr, aber wenn auf der Straße viel los ist, machen wir auch mal länger", erfährt man von der netten Frau hinter der Theke, die herrlich nach Mama Italia aussieht. Aber genug der Klischees, schließlich ist das Adria eine Schwabinger Institution - und das schon seit 50 Jahren.Die Urlaubsinsel: Adria auf maps.sueddeutsche.deAdresse: Türkenstraße 59, Schwabing Öffnungszeiten: 10 - 23 Uhr Preis/Kugel: 0,80 Euro Angebot: 26 verschiedene Sorten Special: Dolce Latte - süße MilchWo gehen Sie am liebsten Eis essen? Schreiben Sie uns!Foto: Anna Fischhaber

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Das Szenige: Balla BeniDie Auswahl im Balla Beni gleich gegenüber der Sammlung Brandhorst ist ziemlich überschaubar, für mehr als zehn Sorten ist kein Platz in der Vitrine. Der Eissalon selbst wirkt wenig einladend - das Haus ist von oben bis unten in Bauplanen gehüllt, Sitzgelegenheiten gibt es kaum. Dennoch beglückt Giorgio Ballabeni bereits seit drei Jahren mit seinem Konzept das Museumsviertel - und das scheint zu funktionieren.Zumindest tummeln sich erstaunlich viele junge Herren mit Stehkragen vor dem Straßenverkauf. Vielleicht lockt sie der Extra-Löffel mit einer Sorte zum gratis Probieren. Oder die Open Cuisine - die Eisherstellung findet täglich frisch vor den Augen der Kunden statt. Oder doch eher der Flatscreen hinter der Vitrine, der zwar nicht mit Börsenkursen, wohl aber mit futuristischen Unterwasserbildern die Wartezeit versüßt. Glaubt man einer Kundin, ist es viel einfacher: Das Geheimnis sei das kunstvoll aufgetürmte Eis mit dem besonderen Geschmackserlebnis von Zitrone-Basilikum bis zu Milch-Minze.Das Szenige: Balla Beni auf maps.sueddeutsche.deAdresse: Ecke Türkenstraße, Theresienstraße, Schwabing Öffnungszeiten: 12 bis 23 Uhr Preis/Kugel: 1,20 Euro Angebot: Bis zu zehn verschiedene Sorten am Tag Special: Schokolade-IngwerWo gehen Sie am liebsten Eis essen? Schreiben Sie uns!Foto: Anna Fischhaber

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Die Kette: EngertVier Eisdielen betreibt Martin Saier, gleichzeitig Chef von Münchens größtem Speiseeis-Hersteller Engert, in der Stadt. Mit den gelben Wänden und den blauen Stühlen sieht das Geschäft in der Theresienstraße ziemlich genau so aus, wie man sich eine typische Eisdiele vorstellt. Um zehn Uhr morgens ist hier nicht viel los. "Purer Zufall", behauptet Laddi. 500 Kugeln gehen bei ihm an einem guten Tag über die Theke, zumeist Klassiker wie Vanille, Stracciatella oder Schokolade.Dabei ist die Auswahl - von blauer Vanille über Blutorange bis zu Amadeus-Marzipan - bei Engert riesig und hört mit der richtigen Eissorte noch lange nicht auf. Auch die Waffelauswahl mit Smarties, Krokant, Kokos oder Schoko ist außergewöhnlich. Zwar sind die Kugeln für 1,10 Euro eher teurer, dafür sind die Portionen - bei über 80 Gramm pro Kugel - riesig. Und wem das immer noch nicht reicht, der kann bei der nächsten Engert-Filiale gleich noch einen Stop einlegen.Die Kette: Engert auf maps.sueddeutsche.deAdresse: Theresienstraße 67, Maxvorstadt Öffnungszeiten: 10 bis 22 Uhr Preis/Kugel: 1,10 Euro Angebot: 34 verschiedene Sorten Special: Limoncello mit einem Hauch des italienischen Zitronenlikörs.Wo gehen Sie am liebsten Eis essen? Schreiben Sie uns!Foto: Anna Fischhaber

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