München zu teuer:Ein Polizist klagt gegen Deutschland

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Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 5. Dezember - mit Konsequenzen für die ganze Republik.

Susi Wimmer

Ein Beamter verklagt die Bundesrepublik: Polizist Peter Steininger hat beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen seine Besoldung eingelegt, weil diese nicht an regionale Lebenshaltungskosten angepasst sei. Am 5. Dezember ist mündliche Verhandlung in Karlsruhe. Gewinnt der Münchner, dürfte das Urteil Konsequenzen für Beamte in ganz Deutschland haben.

Weil er mit seiner Besoldung in München nicht auskommt, verklagt ein Polizist die Bundesrepublik. (Foto: Foto: dpa)

"München ist sauteuer"

Alimentationsprinzip heißt das Zauberwort, von dem sich Erster Kriminalhauptkommissar Peter Steininger durchschlagenden Erfolg verspricht. Nach Steinigers Auffassung wird das im Grundgesetz manifestierte Dienst- und Treueverhältnis des Beamten verletzt. Demzufolge habe der Dienstherr den Beamten "angemessen" zu entlohnen. Der Beamte in Hof verdient jedoch dasselbe wie der Kollege in der Landeshauptstadt.

"München", sagt Steininger, "ist sauteuer" - da könne von "angemessener Bezahlung" keine Rede mehr sein, meint er. Und untermauert seine Behauptung ausgerechnet mit einer Studie des Bayerischen Wirtschaftsministeriums. In dem 2002 verfassten Papier kommt man zu dem Schluss, dass München die teuerste Stadt in Bayern und das Leben beispielsweise in Dinkelsbühl um ein Drittel billiger sei, wenn es um Mieten, Dienstleistungen oder Einkäufe geht. Peter Steiningers Fazit: Die Besoldung der Beamten ist verfassungswidrig.

Seit dem Jahr 2000 kämpft der Leiter der Personenschutz-Abteilung am Präsidium München gegen "diese Ungerechtigkeit". Vor dem Verwaltungsgericht, dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und dem Bundesverwaltungsgericht aber fiel er glatt durch. "Sie werden nach geltendem Recht besoldet", bekam Steininger jedesmal zu hören. Aufgeben wollte der Vater von drei Kindern aber nicht.

Unter dem juristischen Beistand des ehemaligen LMU-Professors Heinrich Amadeus Wolff reichte er 2004 Beschwerde in Karlsruhe ein - und das Gericht nahm sie an. Ein unglaublicher Erfolg, zumal laut Steininger etwa 90 Prozent aller Anfragen im Papierkorb des Bundesverfassungsgerichts verschwinden.

Finanzielle Rückendeckung von der Gewerkschaft

"Mit diesem Erfolg hatten wir am Anfang selbst nicht gerechnet", gesteht Hermann Vogelgsang, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Die Gewerkschaft gibt Steininger Rückendeckung - auch finanziell. "Einen höheren fünfstelligen Betrag haben wir schon investiert", sagt Vogelgsang. Aber das sei die Sache wert.

"Selbst wenn wir scheitern, können wir unseren Mitgliedern sagen: Wir haben es versucht." Apropos Mitglieder: 960 Polizeibeamte haben sich schon der Klage Steiningers angeschlossen. "Und eventuell auch noch andere, nicht organisierte Kollegen", meint Hermann Vogelgsang. Wenn Steininger in Karlsruhe gewinnt, könnte es sein, dass ihm der Bund rückwirkend bis zum Jahr 2000 mehr Gehalt auszahlen - und es dann natürlich auch aufbessern muss.

Den Gewerkschaftlern ist allerdings auch klar, dass bei der momentanen Knappheit der Finanzen wohl kaum mehr Geld in die Besoldung der Beamten investiert werde. "Es könnte sein, dass der Beamte in Hof bei der nächsten Aufstockung leer ausgeht und nur der Münchner mehr bekommt", glaubt Vogelgsang. Ein Punkt, der die Kollegen vom Land wenig froh stimmen dürfte.

Wie dem auch sei: Am 5. Dezember wird Peter Steininger vor dem zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts stehen. Dabei ist ihm schon "etwas mulmig" zumute gewesen, als er den Brief aus Karlsruhe aufgerissen hatte. Denn geladen sind unter anderem das Bundeskanzleramt, die Staatsregierung, der Landtag und noch einige mehr. Steiningers Mut allerdings kann das nichts anhaben. Er ist sich sicher, dass er gewinnt.

© SZ vom 25.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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