München reagiert auf Terror-Krieg:"Es gibt keinen absoluten Schutz mehr"

Lesezeit: 2 min

Die Polizei setzt einen Krisenstab ein und verstärkt die Kontrollen noch weiter, warnt aber vor Panik.

Monika Maier-Albang

(SZ v. 14.9.2001) - Einen Tag nach den verheerenden Terroranschlägen in den USA hat die Münchner Polizei einen Krisenstab eingesetzt und die Sicherheitsvorkehrungen noch weiter verschärft.

Überall im Stadtgebiet sind seit Dienstag uniformierte und zivile Streifen unterwegs mit dem Auftrag, Personen zu kontrollieren. Alle amerikanischen und israelischen Einrichtungen werden rund um die Uhr bewacht.

Polizei will Präsenz zeigen

"Wir wollen Präsenz zeigen", sagt Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Was wohl vor allem eine psychologische Wirkung haben soll: "Als Zeichen für unsere Freunde in den Einrichtungen, dass wir uns bemühen, ihnen das Gefühl von Sicherheit zu geben."

Ein "Gefühl von Sicherheit" - viel mehr ist anscheinend momentan nicht zu erwarten. Man könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau sagen, "wer wo und ob jemand gefährdet ist", so Wenger. Es gebe allerdings keinerlei Anhaltspunkte, dass Anschläge auch in Europa geplant seien.

Die Polizei warnt zwar vor Panik, gibt aber zugleich eine realistische und ernüchternde Einschätzung der Situation: Seit Dienstag sei "eine Dimension von Terrorismus erreicht, die wir uns bislang nicht vorstellen konnten und gegen die es keinen absoluten Schutz mehr gibt".

Die Polizei könne nur versuchen, mit höchster Professionalität dagegen vorzugehen - "und das tun wir".

Absolute Sicherheit gibt`s auch auf der Wiesn nicht

In der Diskussion um eine mögliche Absage des Oktoberfestes will die Polizei keine Position beziehen. Die Entscheidung liege allein bei der Stadt, sagt Polizeipräsident Roland Koller, der wegen der Ereignisse in den USA seinen Urlaub abbrach.

Da nicht absehbar ist, wie sich die Sicherheitslage in den kommenden Tagen entwickelt, sei es noch zu früh für Einschätzungen. Nur soviel: Absolute Sicherheit gebe es auch auf der Wiesn nie.

Sollte das Oktoberfest wie geplant stattfinden, richte sich die Polizei allerdings auf eine "erschwerte Situation" ein, sagt Koller.

"Rechnen mit einigen Bombendrohungen"

So rechnet er etwa mit einer Häufung von Bombendrohungen durch "Psychopathen oder Trittbrettfahrer". Fällt die Entscheidung pro Oktoberfest aus, will das Präsidium sein Sicherheitskonzept für die Wiesn überarbeiten.

Zu erwarten ist dann, dass noch mehr Beamte im Einsatz sein werden, etwa für gezielte Personenkontrollen. Allerdings sind Koller zufolge der Verstärkung des Personals Grenzen gesetzt - selbst wenn bayernweit Beamte zur Unterstützung herangezogen würden. In diesem Fall müsse man eben "die Prioritäten ändern".

Auch am Flughafen wurden seit Dienstag die Kontrollen massiv hochgefahren. Vor allem bei Flügen auf den amerikanischen Kontinent und in den Nahen Osten sollten Reisende Zeit für die Kontrollen einplanen, rät Franz Lutz, Leiter des Luftamtes Südbayern, der für die Sicherheit am Flughafen zuständig ist.

Massive Kontrollen am Flughafen

Bei der Abfertigung werden die Passagiere seit gestern nicht nur durch die mechanischen Sonden geschleust, jeder Passagier durchläuft zusätzlich eine "manuelle Körperkontrolle".

Auch die Kontrolle des Gepäcks sei, vor allem bei elektronischen Geräten, auf einen "höheren Standard" gesetzt worden. Bislang zeigten die Reisenden Franz Lutz zufolge großes Verständnis für die Maßnahmen.

"Nach unserer Erfahrung nimmt das Verständnis aber rasch ab, sobald die Bilder im Kopf verblasst sind," prophezeit der Experte für Schutzmaßnahmen. "Sicherheit kostet Zeit. Und mehr Sicherheit kostet eben mehr Zeit." Eine halbe Stunde zusätzlich sollte jeder Fluggast mindestens einplanen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: