München im August:Allein daheim

Die Nachbarn sind weg, die Kollegen im Urlaub - doch das ist kein Grund, neidisch zu sein. Denn München ist leer und umso lebenswerter. Neun Gründe, warum die Stadt im August am schönsten ist.

Von SZ-Autoren

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Nachbarn sind weg, die Kollegen im Urlaub - doch das ist kein Grund, neidisch zu sein. Denn München ist leer und umso lebenswerter. Neun Gründe, warum die Stadt im August am schönsten ist. Kugel ohne Schlange Es gibt Dinge, die sind in München unverrückbar: Der FC Bayern wird deutscher Meister und bei der Eisdiele "Ballabeni" stehen die Kunden Schlange. Über die Jahre hat sich der Eindruck verfestigt, dass nahezu jeder Münchner beschlossen hat, Eis eben nur an dieser Straßenecke zu essen - die Warterei ertragen sie dafür stoisch. Doch jetzt, da die halbe Stadt im Urlaub weilt, ist die Gelegenheit, es endlich einmal zügig zum Eis zu schaffen. Kein Gezanke um die vorderen Plätze, keine vergriffenen Eissorten - wer in diesen Tagen zum Ballabeni kommt, darf auf den schnellen Weg zum Glück hoffen. Jonas Beckenkamp

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(Foto: Stephan Rumpf)

Selbstläufer München joggt - und das am liebsten an der Isar entlang. Zwischen Wittelsbacherbrücke und Flaucher geht es normalerweise zu wie auf einer Autobahn, und unter all den überambitionierten Profiläufern in Hightech-Klamotten kommen sich Freizeitläufer schnell fehl am Platz vor. Entspannt am Fluss entlanglaufen? Fehlanzeige. Es wird überholt, gedrängelt und gespurtet. Aber jetzt ist fast niemand an der Isar unterwegs, die Profis sind vermutlich in der ganzen Welt unterwegs, die Fußwege (fast) leer und auch der Flauchersteg nicht überfüllt. So läuft man selbst am Wochenende ziemlich entspannt. Carolin Gasteiger

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Lückenfüller Zugegeben: Wer über den Luxus einer Garage verfügt, darf über Parkplatznot nicht jammern. Wobei das mit dem Luxus so eine Sache ist. Denn die Garage in Schwabing oder Haidhausen zu finden, bedeutete zunächst viel Arbeit. Wochenlang galt es, Nachbarn zu betören, Zettel aufzuhängen und Internetseiten durchzustöbern. Das Objekt, das sich dann fand, liegt natürlich nicht unmittelbar vor der Haustür. Aber gut, der tägliche Spaziergang zur Garage hat auch was. Nein, wir wollen nicht jammern. Dafür aber die Sommerferien preisen. Jene Wochen, in denen die Qual der Wahl herrscht, weil die Parkplätze leergefegt sind. Da ist man doch glatt versucht, noch eine Runde zu drehen und sich an dieser Ansicht zu freuen - bevor das Auto direkt vor dem Haus abgestellt wird. Das ist wahrer Luxus. Nina Bovensiepen

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(Foto: Stephan Rumpf)

Freie Fahrt Wenn in Bayern Ferien und Brückentag zusammenfallen, spürt man das auch im Auto: Der Mittlere Ring, der chronisch verstopfte Verkehrskreisel, ist plötzlich frei. Sogar am Luise-Kiesselbach-Platz. Trotz Baustelle sind hier Geschwindigkeiten von mehr als 40 Stundenkilometern möglich. Die elf Kilometer zur Arbeit lassen sich in knapp der Hälfte der üblichen Zeit bewältigen und man fragt sich, warum der Tag nicht immer so entspannt beginnen kann. Wäre das nur nicht das schlechte Gewissen: Denn bei dem schönen Wetter hätte man auch radeln können. Sascha Gorhau

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(Foto: dpa)

Schneller Schnitt Ein spontaner Frisörtermin in München? Vielleicht gleich morgen? Oder sogar heute noch? Üblicherweise ist das in dieser Stadt der vielen schönen, reichen, gut angezogenen und perfekt frisierten Menschen unmöglich. Doch in Wochen wie diesen, in denen die Temperatur gerne mal die 30-Grad-Marke nimmt, es mithin eine gewisse Horrorvorstellung ist, einen mit heißer Fönluft geschwängerten Salon zu betreten und sich dort womöglich unter einer jener monströsen Trockenhauben dem Hitzeschlag entgegenzuschwitzen, ist alles anders. "Ein Termin?", fragt die nette Dame, die allein im leeren Laden wacht. "Heute hätten wir noch was frei." Aber gerne doch. Selten war es so entspannt, fast meditativ beim Frisör. Und: angenehm kühl. Dank des Ventilators. Nina Bovensiepen

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(Foto: Catherina Hess)

Einzelstunde Wenn die Sonne brennt, gehen die Münchner - na klar, in den Biergarten. Keinesfalls in das stickige Fitnessstudio, um Gewichte zu stemmen. Denn Indoor-Sport ist im Sommer eher zweitrangig. Schließlich fährt der Münchner bei warmen Temperaturen sowieso mit dem Radl zum Biergarten - und das ist ja auch schon Sport. Wer sich dieser Tage dennoch in sein Fitnessstudio wagt, wird den Sporttempel nicht wiedererkennen: Alle Geräte stehen zur Auswahl, niemand ächzt auf dem Laufband. Und mit der Yoga-Lehrerin hat man eine Einzelstunde, wo sonst 30 verschwitzte Leiber um einen Platz rangeln. So ähnlich müssen sich Madonna oder Brad Pitt in ihrem privaten Heimstudio fühlen. Fast schon ein bisschen langweilig, so ganz ohne stöhnende Muskelpakete neben sich. Und während sich die anderen im Biergarten in die Schlange einreihen, hat man hier die Sauna ganz für sich allein. Beate Wild

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(Foto: Robert Haas)

Freie Tische Wenn in München ein neues Lokal eröffnet, das irgendwie originell ist oder Originalität vorspiegelt, kann man davon ausgehen, in den kommenden Monaten keinen Platz dort zu bekommen. Ganz schön anstrengend, diese Szene-Popularität, die aber allzu oft nur eine Scheinblüte ist. Wie schön, dass man im "Chez Fritz" ohne größere Verrenkungen zum Zug kommt - obwohl die Brasserie in der Preysingstraße ein Ort für Großstadtromantiker ist. Man kann hier unter alten Bäumen einfach nur einen Salat mit Äpfeln und Roquefort essen, eine Meeresfrüchteplatte oder die Rinderbacken, ein Erlebnis ist der Besuch allemal, auch weil es in dieser Ecke herrlich entspannt, geradezu nachbarschaftlich zugeht. Das "Chez Fritz" ist ein gutes Beispiel dafür, dass man in Haidhausen keinen strengen Franzosen-Kult betreiben muss, um Erfolg zu haben. Manchmal reicht guter Service, viel Münchner Charme und ein wunderbarer August. Christian Mayer

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(Foto: Stephan Rumpf)

Nörgelfrei radeln Es grummelt und klingelt, es grantelt und brüllt auf den Radwegen in der Innenstadt. Egal ob Aus-dem-Weg-Klingler, Nebeneinander-Bummler oder Plötzlich-Stehen-Bleiber: Irgendwer stört immer. München feiert sich zwar gerne als fahrradfreundliche Stadt, ist das aber nur bedingt. Wer die Routen auf den Radlringen möglichst abseits der Innenstadt verfolgt, kann nach Gusto in die Pedale treten. Sollte ein Radler jedoch auf die wahnwitzige Idee kommen, vom Sendlinger Tor zum Stachus oder gar zum Marienplatz fahren zu wollen, erlebt er dabei eher Radlfrust als Radllust. Wie angenehm ist da das leere München im August: Mit befreitem Geist geht es durch die Sommerluft von A nach B. Schöner kann Radeln gar nicht sein. Saskia Aleythe

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Kühle Vorstellung Bei diesen Temperaturen denken die wenigsten Münchner ans Kino. "Da können wir spielen, was wir wollen", sagt Bruno Börger, Theaterleiter der City Kinos. Im heißen August bleiben so die Sitzreihen öfter leer als im verregneten Frühling. Eintrittskarten gibt es wegen der vielen Sonnenhungrigen also genügend, zur Zeit auch fast immer ohne Reservierung. Zum Beispiel für die bayrische Kriminalkomödie "Dampfnudelblues" oder die Tragikomödie "Frances Ha". Die Amerikaner verhalten sich an den heißen Tagen übrigens ganz anders als die Münchner: Sie strömen geradezu in die Kinos. Warum? "Manchmal ist es im Sommer sehr angenehm in einem klimatisierten Kinosaal zu sitzen", sagt Börger. Martin Moser

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