"Moshammeroper" in München:Als wär's ein Stück von ihm

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Fast vier Jahre nach seinem tragischen Ende ist Rudolf Moshammer nach München zurückgekehrt: als Oper.

Ernsthaft kann niemand erwartet haben, dass diese Veranstaltung nicht völliger Blödsinn sei. Freilich, die, die sie entwarfen, hatten dies wohl nicht von Anfang an im Sinn. Aber die "Moshammeroper", die vor mehr als einem Jahr an der Neuköllner Oper in Berlin herauskam und nun zu Gast in der dafür wie geschaffenen Muffathalle war, ist ein schönes Beispiel dafür, dass der Blick von außen nicht unbedingt der schärfere ist.

Umschwärmt von Prosecco trinkenden Schickeria-Ladies: Moshammer (gespielt von Hubert Wild) als Opernfigur. (Foto: Foto: Matthias Heyde/oh)

Dabei kennt sich der, der den Text verfasste, aus in München. Ralph Hammerthaler schrieb eine gewisse Zeit wunderbare Theaterkritiken für die SZ, bis er sich zum Dichter berufen fühlte und nach Berlin ging. Von dort kehrt er in Gestalt des Librettisten dieses Dingsbums' zurück, das den Titel Oper trägt und vielleicht auch eine ist. Wenn dem so sei, dann merkt man wieder einmal, dass seit Alban Bergs "Wozzeck" im Operngesang nichts Wesentliches mehr passiert ist, außer, wie im Fall der Musik von Bruno Nelissen, Ausdünnung und Kreativgerinnung. Ein Streichquartett müht sich um musikalische Gedanken, eine gestopfte Trompete lässt diese zerfließen, und der größte Teil des klingenden Inventars kommt vom Band, als weit entfernter, amorpher und dadurch völlig beliebiger Party-Sound.

Das Wesen der Inszenierung durch Robert Lehmeier ist das der Hysterie - alle Figuren bewegen sich im Als-ob, was bei den beiden durchgeknallten Gesellschafts-Hühnern noch schlüssig erscheint, aber problematisch wird, wenn die drei verbleibenden Darsteller aus diesem eklektischen Tohuwabohu echte Figuren herausmodellieren sollen. Hammerthaler nimmt Moshammer ernst, seine Einsamkeit, sein Leben im Spiegel der Gesellschaft, seinen Aufstieg und Fall. Ein Todessehnsüchtiger wird die Vergangenheit nicht los, den versoffenen, lebensbedrohlichen Vater, die ersten schmierigen Erlebnisse des Erwachens einer Sexualität, die stets mehr Last als Lust war. Doch die Aufführung ist dann weder Satire noch Hagiographie, ist weder lustig noch scharf, sondern einfach grell und dann wieder öde, wenn sie Tiefsinn und emotionale Fallhöhe behauptet.

Doch: Vielleicht verhält sich die "Moshammeroper" dadurch symbiotisch zu ihrem Gegenstand. Wie hier Oper behauptet wird, so behauptete Moshammer die Schneiderkunst, den Erfolg, die Prominenz. Nichts davon ist oder war gefüllt mit echtem Inhalt. So könnte man meinen, hier schrieb einer aus dem Grabe ein Stück über sich.

© SZ vom 26.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Toupet, Schnauzbart, Hund auf dem Arm - das war Rudolph Moshammer. Fast vier Jahre nach seinem tragischen Ende kehrt er nach München zurück: als Oper.

Beate Wild
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