Mord in München:Tödlicher Streit

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Heiko K. hat gestanden, Markus Schindlbeck in seiner Wohnung in Sendling getötet und anschließend zerstückelt zu haben - sein Motiv waren Schulden.

Susi Wimmer

Der mutmaßliche Mörder hat gestanden: Vor zwei Beamten der Münchner Mordkommission hat Heiko K. am Mittwochnachmittag in Wien eingeräumt, den Münchner Markus Schindlbeck in seiner Wohnung in Sendling getötet und anschließend zerstückelt zu haben. "Der 39-jährige Heiko K. war stark verschuldet und wollte sich von Schindlbeck Geld leihen", sagt Richard Thiess, Chef der Mordkommission. Als Schindlbeck die Bitte ausschlug, sei es zum tödlichen Streit gekommen.

Heiko K. 2003 vor dem Jägerwirt in Neufahrn: Nach etlichen beruflichen Misserfolgen war er hoch verschuldet und wollte in Mexiko untertauchen. (Foto: Foto: Schunk)

Einen Tag nach der Verhaftung des mutmaßlichen Täters werden Einzelheiten des grausamen Verbrechens bekannt. Heiko K. war wohl am Freitag, 23. Januar, bei seinem ehemaligen Arbeitskollegen Markus Schindlbeck in dessen Wohnung aufgetaucht. Heiko K. wollte sich Geld leihen, doch Markus Schindlbeck ließ sich nicht darauf ein. "Es kam zum verbalen Streit, dann zu einer tätlichen Auseinandersetzung", sagt Richard Thiess. In deren Verlauf hat Heiko K. den 35-jährige Markus Schindlbeck getötet. Nach SZ-Informationen wurde Schindlbeck erwürgt.

Anschließend schleifte Heiko K. den Körper von Schindlbeck vom Schlafzimmer ins Bad und legte ihn auf dem Boden ab. Er griff sich die Kreditkarte des Opfers, fuhr in einen Baumarkt nach Starnberg und kaufte eine Säge, einen Bolzenschneider, ein Teppichmesser sowie einen Koffer und Mülltüten ein. Zurück in der Münchner Wohnung, trennte er Kopf, Arme und Beine der Leiche ab und schnitt die Fingerkuppen weg, um der Polizei die Identifizierung zu erschweren.

Dann packte er die Körperteile in Koffer und Mülltüten und verstaute sie im Kofferraum von Schindlbecks Auto, das in der Tiefgarage stand. "Die Zerteilung der Leiche geschah wohl nur aus dem einen Grund, dass der Täter die rund 120 Kilogramm schwere Leiche nicht tragen konnte", sagte Richard Thiess.

Da Markus Schindlbeck für das Wochenende eine Reise nach Barcelona geplant hatte, wähnte sich sein Mörder in Sicherheit. Heiko K. ging davon aus, dass er nun genügend Zeit habe, die Leichenteile zu entsorgen, das Auto zu verkaufen - und sich nach Mexiko abzusetzen. Mit den Kreditkarten und dem Personalausweis von Schindlbeck - die Männer sahen sich etwas ähnlich - fuhr er im Zick-Zack-Kurs durch Europa: In Tschechien, wo er sich vor kurzem einen Dobermann gekauft hatte, versteckte er den Torso des Körpers in einem Waldstück zwischen Furth im Wald und Pilsen.

Auch die Beine des Toten, die bislang noch nicht gefunden wurden, legte er dort irgendwo ab. Die Strecke führte weiter in Richtung Italien, dann in die Gegend von Burghausen, wo Heiko K. geboren wurde. Auf der Autobahnbrücke in Neuötting warf er den abgetrennten Kopf von Schindlbeck in den Inn. Taucher suchen seit Mittwoch nach dem Körperteil, bislang aber ohne Erfolg. Über den Verbleib der abgeschnittenen Fingerkuppen schweigt sich Heiko K. noch aus.

Die Sicherheit, in der sich der mutmaßliche Mörder auf seiner Flucht wähnte, war trügerisch. Zumal Heiko K. auf seiner Irrfahrt durch Europa massenweise Spuren hinterließ: Er bezahlte seine Einkäufe mit Schindlbecks Kreditkarte und wurde beim Tanken am Irschenberg von zahlreichen Überwachungskameras gefilmt. Als er am Dienstagnachmittag durch Österreich fuhr, waren ihm die Zielfahnder der Münchner Polizei schon auf den Fersen. Sie alarmierten die Kollegen in Österreich, die stellten Heiko K., er versuchte noch zu flüchten, doch etwa 100 Meter vor der Grenze zu Ungarn konnten sie ihn verhaften.

Nach Erkenntnissen der Polizei scheidet ein sexuelles Motiv für die Tat aus. Der gelernte Koch Heiko K., der Schindlbeck aus seiner Küchenzeit in der Nymphenburger Schwaige kannte, hatte wohl einen Gastronomiebetrieb nach dem anderen in den Sand gesetzt. Nach dem "Jägerwirt" in Neufahrn versuchte er vergeblich, sich in Neuötting mit dem Lokal "La Tenda Rossa" zu etablieren.

Auch der Umzug nach Österreich und die Eröffnung eines neuen Lokals in der Nähe von Schärding trieben seine finanzielle Misere auf die Spitze. Allein dem Neuöttinger Verpächter des Lokals ließ Heiko K. mit 20.000 Euro Ausstände zurück. "Er hatte insgesamt rund 50.000 Euro Schulden", sagt Thiess. Deshalb wollte sich K. nach Mexiko absetzen. Und deshalb suchte er in München mehrere alte Bekannte auf, um sich das Geld für einen Neuanfang zu leihen.

Gerade einmal fünf Tage haben die Ermittler der Mordkommission benötigt, um die Leiche von Schindlbeck zu identifizieren, die Identität des Täters zu klären, ihn zu verhaften und zu einem Geständnis zu bewegen. Nachdem Heiko K. in Wien die Tat eingeräumt hatte, machten sich die Mordermittler auf den Heimweg. Und auch Heiko K. wird bald folgen: "Er hat einem vereinfachten Auslieferungsverfahren zugestimmt, er wird in Kürze nach München überstellt", kündigte Polizeisprecher Andreas Ruch an.

© SZ vom 06.02.2009/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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