Modellversuch:Vier gewinnt

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Am Puchheimer Gymnasium ist das G 8 nicht sehr beliebt. (Foto: Günther Reger)

Als einziges Gymnasium in der Region bietet Puchheim die "Mittelstufe Plus" an

Von Peter Bierl, Puchheim

Beim gescheiterten Volksbegehren für die Wahlfreiheit zwischen acht- und neunjährigem Gymnasium unterschrieben vor zwei Jahren im Landkreis Fürstenfeldbruck nur etwa fünf Prozent der Wahlberechtigten. Im Schulalltag fällt das Votum von Eltern und Schülern wesentlich deutlicher aus. Fast 68 Prozent der Schüler am Puchheimer Gymnasium haben sich für das kommende Schuljahr für die Mittelstufe Plus - also eine neunjährige Gymnasialzeit - angemeldet. Schulleiter Georg Baptist muss zusehen, wie er die Lehrer so einsetzt, dass es für alle reicht. "Es wird eine zusätzliche Klasse geben, das ist eine organisatorische Herausforderung", sagt er.

Derzeit besuchen 1025 Schüler das Gymnasium in Puchheim. 1974 eröffnet ist es schon architektonisch mit viel Beton und Teppichboden typisch für jene Boomphase, als der Speckgürtel von München entstand. Die Siedlungen im Umland mutierten zu Arbeitnehmerschließfächern, wie man damals sagte, soziologisch nicht ganz korrekt. Denn die Gemeinden Eichenau, Gröbenzell und Puchheim, die das Einzugsgebiet der Schule bilden, waren vorher Arbeitersiedlungen, nach der Jahrhundertwende auf altem Moorboden entstanden. Nun siedelte sich eine Mittelschicht aus Technikern, Freiberuflern, Beamten und höheren Angestellten dort an - mit entsprechenden Ansprüchen an das Bildungswesen. In der Gartenstadt Gröbenzell gibt es heute keine Hauptschule mehr, weil der Nachwuchs lieber auf höhere Schulen geschickt wird.

Bei der Abiturfeier vor drei Jahren sprach der Puchheimer Direktor die Absolventen als "künftige Führungskräfte" an und lobte das G 8 wegen der geringen "Durchfallrate". Beim Start des Pilotversuchs Mittelstufe Plus vor einem Jahr meldeten sich jedoch 57 Prozent der künftigen Achtklässler für die vier- statt dreijährige Mittelstufe an. Nun wollen in diesem Herbst sogar zwei Drittel der Eltern und Schüler zurück zum G 9 in neuer Form, und Baptist sieht durchaus Vorteile. "Es gibt einen deutlichen Zugewinn an Zufriedenheit, sowohl im G 8 als auch in der Mittelstufe Plus", sagt der Direktor und freut sich über die Entwicklung. Die zwei Geschwindigkeiten passten besser zum unterschiedlichen Entwicklungstempo junger Menschen. Dabei betont Baptist, dass auch sehr gute Schüler in die Mittelstufe Plus gegangen sind. Von denen wiederum begründen die meisten ihre Wahl damit, dass mehr Zeit bleibe für außerschulische Aktivitäten, für Musik und Sport, schon weil es weniger Nachmittagsunterricht gibt.

Mehr Stress haben nur der Direktor und der Stundenplaner. Die siebte Jahrgangsstufe war bisher in fünf Klassen aufgeteilt. Daraus werden nun sechs Klassen. 95 Schüler in vier M-Plus-Klassen, 45 Schüler bleiben in zwei G-8-Klassen. In den sechs Klassen wird differenziert zwischen naturwissenschaftlich-technologischem und sprachlichem Zweig und zusätzlich in verschiedene Sprachkombinationen aus Latein, Englisch, Französisch und Spanisch. Die Stundentafel wird entsprechend kompliziert.

Hält der Zuspruch für die Mittelstufe Plus an, könnte 2020 der Platz knapp werden, denn dann bräuchte man drei Klassenzimmer mehr. Für Baptist steht deshalb fest, dass auf Dauer nicht beide Varianten nebeneinander bestehen können. "Die Politik muss eine Entscheidung treffen", sagt er.

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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