Minderjährige am Computer:Surfen ohne Aufsicht

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Eltern müssen ihre Kinder nun doch nicht am Computer beaufsichtigen. Das Oberlandesgericht München revidierte ein Urteil, das im Sommer für Aufregung gesorgt hatte.

Ekkehard Müller-Jentsch

Eltern müssen ihre Kindern nun doch nicht am PC überwachen. Das Oberlandesgericht München hat ein Urteil korrigiert, das im Sommer in Deutschland für Aufsehen gesorgt hatte: Damals wollte nämlich das Landgericht MünchenI alle Eltern grundsätzlich in die Pflicht nehmen, ihre Kinder zu beaufsichtigen, wenn diese im Internet surfen.

Kinder am Computer: Sie müssen nun doch nicht von den Eltern beaufsichtigt werden. (Foto: Foto: AP)

Wie berichtet, hatte eine 16-jährige Schülerin von der Homepage einer Münchner Magazin-Redakteurin Fotos abgekupfert und ohne Genehmigung der Urheberin daraus kleine Filmchen zusammengestellt, die sie dann zu Video-Portalen im Internet hochlud. Die Journalistin verlangte daraufhin von der Minderjährigen und deren Eltern eine Unterlassungserklärung - zudem nahm sie die Familie, wie die Juristen sagen, "auf Auskunft und Schadensersatz in Anspruch" und verlangte eine Lizenzgebühr.

Das Landgericht gab ihr Recht, weil die Eltern hier ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten: Sie müssten sich stets darum kümmern, womit sich ihre Kinder in der Freizeit beschäftigen. In diesem Fall hätten die Eltern ihre Tochter entsprechend instruieren müssen. "Eine einweisende Belehrung ist hierbei grundsätzlich zu fordern, da die Nutzung eines Computers mit einem Internetanschluss (...) auch erhebliche zivilrechtliche Haftungsrisiken birgt" sagten die Richter.

In diesem Sinne sei ein Internet- PC mit einem "gefährlichen Gegenstand" gleichzusetzen. In der Berufungsverhandlung widersprach nun der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts. Welche "einleitende Einweisung" hätten die Eltern ihrer Tochter denn geben sollen, bevor diese PC und Internet nutzt?, fragten sich die OLG-Richter. In diesem Fall komme doch nur ein Hinweis auf die Urheberrechtslage in Betracht.

"Diese ist aber nach den ständig wechselnden Änderungen des Gesetzes derart kompliziert und unübersichtlich, dass von einem nicht auf Urheberrechtsfragen spezialisierten Mitbürger nicht erwartet werden kann, diese auch nur halbwegs richtig erläutern zu können", sagte der Vorsitzende.

Dass die Eltern dies gar nicht erst versucht hätten, dürfe ihnen nicht als Verletzung der Aufsichtspflicht ausgelegt werden, so der OLG-Senat. "Ebenso wenig kann von ihnen verlangt werden, dass sie die Betätigung ihrer Tochter am PC ständig überwachen". Außerdem habe die Tochter einen IT-Kurs in der Schule besucht, das durfte den Eltern genügen.

Das Gericht wies die Klage gegen die Eltern ab, bestätigten dagegen aber das Urteil gegen die 16-Jährige selbst. Denn diese habe sich tatsächlich über den Copyright-Vermerk der Journalistin hinweggesetzt und damit das Urheberrecht verletzt (Az.:6U3881/08). So muss demnächst das Landgericht feststellen, welchen Betrag das Mädchen zu bezahlen hat - falls sich beide Seiten nicht doch noch gütlich einigen: In der OLG-Verhandlung hatte die Journalistin 1500 Euro vorgeschlagen, die Gegenseite wollte aber nur 1000 Euro zahlen.

© SZ vom 24.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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