Michael Sarcletti gehört nicht zu der Sorte Eisverkäufer, die den Frauen "Ciao Bella" entgegen rufen und jeden Winter in ihr Heimatdorf nach Italien fahren. Er ist ein großer, schlanker Mann, der mit bayerischem Dialekt spricht. Nur sein schwarzes Haar und sein leicht gebräuntes Gesicht sind Hinweise auf seine italienischen Wurzeln.
54 verschiedene Eissorten haben in der Theke von Michael Sarcletti Platz.
(Foto: online.sdemuenchen)"Mein Vater und sein Bruder sind bereits deutsch aufgewachsen und waren eigentlich schon echte Münchner, weil mein Großvater eine Deutsche geheiratet hat. Zweisprachige Erziehung gab es damals noch nicht", sagt Sarcletti. Nach Italien fährt er heute daher wie in jedes andere Urlaubsland und um die dortigen Eismessen zu besuchen.
Sein Urgroßvater, Peter Paul Sarcletti, ist 1879 nach München eingewandert und war damals der erste Eisverkäufer in der Stadt. "Mein Ur-Opa kam aus Norditalien, aus Banco, und war Kupferschmied." Weil es in dem kleinen Dorf wenig Arbeit gab, reiste er durch Europa und stellte unter anderem Kupferkessel für Eismacher her. Die Kunst des Eismachens interessierte ihn und in Holland erlernte er dieses Handwerk schließlich.
"An dieser Stelle hat mein Großvater, Ludwig Sarcletti, 1921 ein Geschäft eröffnet", erzählt der 49-jährige Sarcletti. Am Rotkreuzplatz stand damals ein kleiner Kiosk, der ungefähr neun Quadratmeter groß war. Das war der erste feste Standort der Familie Sarcletti. "Vorher hatten wir kein Geschäft, sondern mein Urgroßvater ist mit Eiswägen herumgefahren und hat an belebten Plätzen Eis verkauft", sagt Sarcletti.
Der Kiosk am Rotkreuzplatz war zunächst aus Holz. Im Zweiten Weltkrieg wurde er allerdings zerstört und durch einen Steinkiosk ersetzt. "Als in den siebziger Jahren dieses Haus gebaut wurde, hat mein Vater hier sein Geschäft eröffnet", erzählt Sarcletti.
So wie sein Vater das Geschäft damals aufgebaut hat, ist es in großen Teilen bis heute geblieben: Der vordere Teil der Eisdiele ist durch die Verglasung sehr modern, im hinteren Teil des großen Cafés herrscht dagegen noch der Geist der Anfangszeit, denn es sieht hier eher aus wie in einem Oma-Café.
Michael Sarclettis Vater, der wie sein Großvater Ludwig heißt, steht nicht mehr im Laden am Rotkreuzplatz. Sarcletti rechnet leise murmelnd im Kopf aus, wie lange es her ist, dass sein Vater ihm das Geschäft übergeben hat. "Das war vor 13 Jahren", sagt er schließlich.