Master neben dem Beruf:Doppelte Lehre

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Etwa 3500 Euro wird Matthias Prommersberger ausgegeben haben, bis er sein Masterzeugnis in den Händen hält. (Foto: Catherina Hess)

An der Hochschule für angewandte Wissenschaften studieren tagsüber Vollzeitstudenten, am dazugehörigen Weiterbildungszentrum werden abends Berufstätige unterrichtet

Von Sabine Buchwald, München

Nicht jede alte Redensart gilt auch heute noch: Denn was Hänschen nicht gelernt hat, kann Hans sehr wohl noch lernen. Dazu gibt es Möglichkeiten, die man sich kaum vorstellen konnte, als man jungen Menschen Angst machte mit diesem Spruch. Wer in diesen Tagen als Jugendlicher auf die Mittelschule geht, kann sehr wohl noch später Abitur, Bachelor, Master und mehr erreichen. Dazu gibt es Volkshochschulen, Fernstudiengänge, jede Menge private Ausbildungsinstitute und sogenannte Weiterbildungszentren an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Wer eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, kann danach noch eine ganz andere berufliche Richtung einschlagen. Wichtig ist vor allem, dass man den Wegweiser findet, den Willen aufbringt, die Energie und das Geld dazu hat.

Matthias Prommersberger hat beides. Er ist 30 Jahre alt und hat eine sogenannte duale Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpfleger hinter sich, mit der er gleichzeitig seinen Bachelor-Abschluss in diesem Fach gemacht hat. Jetzt arbeitet er 32 Stunden als Pfleger in der Psychiatrie im Klinikum rechts der Isar. Er mag seinen Beruf, aber er will nicht auf ewig derjenige sein, der in der Krankenhaushierarchie eher unten als oben steht. "Wir sind die Berufsgruppe, die am meisten am Patienten sind", sagt er. Die Pflege aber werde immer komplexer. Er könne sich vorstellen, irgendwann in die Forschung zu gehen. Deshalb studiert er nun "konsekutiv berufsbegleitend" Advanced Nursing Practice in Richtung Master-Abschluss. Das verschaffe Prommersberger Respekt am Klinikum, sagt er. Außerdem setzt er darauf, dass er und seine Kollegen, die diesen Weg gehen, in Zukunft "autonom arbeiten dürfen und unsere lange Ausbildung entsprechend vergütet wird."

Geld ist ein großes Thema bei der berufsbegleitenden akademischen Ausbildung. Vollzeitstudiengänge etwa für Mediziner, Juristen oder Betriebswirte sind seit der Abschaffung der Studiengebühren an staatlichen Universitäten wieder kostenfrei. Wer aber neben seinem Job studieren möchte, der muss in der Regel dafür zahlen. Weil Vorlesungen und Seminare auf die zeitlichen Anforderungen ausgerichtet sind, so eine der Begründungen. Unterrichtet wird auch am Wochenende und am Abend.

Man müsse "kostendeckend" arbeiten, was man durchaus politisch infrage stellen könne, sagt Daniela Schuff vom Weiterbildungszentrum der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) in München. Dort studiert auch Prommersberger an Donnerstagen und Freitagen. Die Wochenenden sind für Studiengänge in Sozialberufen überwiegend frei, weil man im Krankenhaus auch samstags und sonntags im Einsatz ist. 3500 Euro wird Prommersberger in etwa ausgegeben haben, bis er sein Masterzeugnis in den Händen halten kann.

Dass es an der Hochschule seit 2012 das Weiterbildungszentrum (WBZ) gibt, ist weniger bekannt als die Hochschule selbst. Zwei Bachelor-Studiengänge - Unternehmensführung und Internationales Projektmanagement - sind derzeit im Angebot. Bei den Masterstudiengängen steht mehr zur Wahl. Elf Studiengänge, darunter Betriebliche Steuerlehre, Facility Manager, Interkulturelle Kommunikation oder in Kooperation mit der Hochschule Mittweida Ingenieurakustik. Die Kurse sind klein, es gibt keine Präsenzpflicht. Die Verbindung zu den Professoren und Dozenten ist eng. Es sind dieselben, die auch tagsüber an der Hochschule unterrichten. Alle Professoren kommen selbst aus der Praxis, bringen langjährige Berufserfahrung mit. Die meisten seien weiterhin gut vernetzt in ihrem Bereich, sagt Schuff. Das hilft auch HAW-Studenten. Von ihnen seien viele in Teilzeit berufstätig.

Neben den Studiengängen bietet die Hochschule auch kurze Fortbildungen an. Sogenannte Learning Labs beispielsweise, die Wissen in digitalen Technologien vertiefen. Oder zweitägige Seminare in verschiedenen Bereichen, die man ohne Vorwissen belegen kann. Die Didaktik in diesen Angeboten sei "erwachsenengerecht", so der Hinweis auf der Homepage. Das bedeutet: Hausaufgaben sind freiwillig.

900 Studierende zählt das Weiterbildungszentrum an der Dachauer Straße derzeit. Es liegt in unmittelbarer Nähe der Hochschule, an der Lothstraße. Sie besteht seit 1971 in der jetzigen Form, vergrößert sich aber fortwährend. Zuletzt kam dieses Jahr im Februar das neu gestaltete ehemalige Zeughaus der bayerischen Armee für die Design-Fakultät dazu. Sie ist eine der wenigen, an die das WBZ noch nicht angeschlossen ist.

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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