Macherinnen:Schöpferin der Mode

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Anja Pawlik entwickelt "J`ai mal à la tête"

Von Franziska Gerlach

Anja Pawlik, 33, Designerin: Diese Frau weiß, wie man Männer anzieht. Sie tut es leidenschaftlich gerne. Und komisch findet Anja Pawlik das auch nicht. Dass sie sich immer wieder erklären muss, findet sie seltsam. Immerhin durften Generationen männlicher Designer in Champagner baden, weil sie Frauen eingekleidet haben. Eine Frau aber, die sich für die Herrenmode entscheidet, werde sogleich hinterfragt. "Das ist noch immer nicht selbstverständlich", sagt die 33 Jahre alte Designerin.

Illustration: Bene Rohlmann (Foto: N/A)

Gut drei Jahre ist es jetzt her, dass Pawlik "J`ai mal à la tête" (Deutsch: "Ich habe Kopfschmerzen") gegründet hat, wenig später stieg ihr Freund Roman Dorfner ein, der sich um Organisatorisches kümmert. Für den französischen Namen mit der ungewöhnlichen Bedeutung hat sie sich entschieden, weil ihr vor lauter Reizüberflutung manchmal wirklich der Kopf schwirrt, und dann ist sie froh, im beschaulichen Pasing arbeiten zu können. Nach einem Studium an der Akademie Mode & Design in München war Pawlik zunächst für Marcel Ostertag tätig und damit für einen Modeschöpfer, der das Weibliche geradezu zelebriert. Trotzdem wendete sich die gebürtige Münchnerin der Herrenmode zu. Der Wunsch nach einem eigenen Label wurde immer größer, und die Frage, was sie letztendlich zu dieser Entscheidung bewogen hat, kommentiert sie mit einem Schulterzucken. "Mich hat die Herausforderung gereizt, das ist eine ganz andere Herangehensweise", sagt sie dann noch. Denn dass es nicht damit getan ist, an den Schultern breiter und in den Hüften schmaler zu schneidern als für Frauen, ist ihr von Anfang an klar. Wer Männer einkleiden will, muss verstehen, wie sie ticken.

Diese Frau weiß, wie man Männer anzieht: Anja Pawlik. (Foto: Stephan Rumpf)

Stundenlang debattiert die groß gewachsene Frau mit den meergrünen Augen mit männlichen Freunden über deren modische Vorlieben. Eine am Rücken gebundene Schleife? Geht nicht. "Bei Männern muss immer alles funktionieren", sagt sie. Hosentaschen zum Beispiel müssen tief genug sein. Denn anders als Frauen, die ja Handtaschen haben, wollen Männer darin auch tatsächlich etwas verstauen. Herrenmode zu entwerfen - das erfordere eine Reduktion auf das Wesentliche und klare Linien, aber auch ein Gespür für technische Finessen im Design. Und bei aller Liebe zur Avantgarde, die bei "J`ai mal à la tête" immer wieder durchschlägt, bedeutet es auch einen Verzicht auf Spielereien. Macht aber nichts. Pawlik ist ohnehin nicht der Typ für Prunk und Protz, glaubt vielmehr an eine Sexyness, deren Kraft im Subtilen liegt. Das zeigt sich auch in ihrer Kollektion, die im kommenden Frühjahr erstmals Entwürfe für Frauen beinhalten wird. Die Bilder davon zeugen von einer Generation, in der die Grenzen zwischen Männern und Frauen mehr und mehr aufweichen. Das männliche Model ist von androgyner Zartheit, das weibliche auch. Ihre Hosen sind aus demselben Stoff, und sowohl für sie als auch für ihn hat Pawlik sich einen Trenchcoat ausgedacht. Ist als nächstes die Unisex-Mode dran? Bloß nicht. Das funktioniere allenfalls mal bei einer Jogginghose oder einer Jacke in Übergröße, sagt Pawlik. Obwohl sie Männer und Frauen im Grunde für gar nicht so unterschiedlich halte. "Abgesehen von den Körperformen.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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