Luftreinhaltung in München:Wenn nichts herauskommt, obwohl zu viel herauskommt

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Feinstaub? Stickoxide? EU-Grenzwerte? - Münchens Umweltreferentin Stephanie Jacobs ergreift eine erste drastische Maßnahme... SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: Dieter Hanitzsch)

SZ-Leser sind unzufrieden, weil der Stadtrat abwartet, statt zu agieren

"Abwarten statt Aussperren" und "Streit über Abgase" vom 24. Januar sowie "Warten auf das blaue Wunder" vom 15. Januar:

Da ginge schon was

Warum immer über Zwangsmaßnahmen streiten, die man selbst nicht festlegen kann. Hier einige Vorschläge, wie man den Autoverkehr von der Stadt fernhalten könnte.

1. Politiker, Beamte und Angestellte von Stadt und Land verpflichten sich, bei Stadtfahrten öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad zu benutzen. Ausnahmegenehmigungen nur mit wasserdichten Begründungen.

2. Park-and-Ride-Parkplätze am Stadtrand und im Umland werden gebührenfrei.

3. Fahrpreise der öffentlichen Verkehrsmittel senken, System vereinfachen (die Münchner Fahrpreise sind sehr hoch und das System vermutlich das komplizierteste auf der Welt).

4. Parkplätze in der Stadt nur für kurze Zeiten preisgünstig anbieten (zum Beispiel für eine Viertelstunde; straffe Kontrollen und hohe Geldstrafen). Danach drastisch hohe Parkgebühren, außer für Bewohner des Gebietes. Gewerblichen Autoverkehr stärker kontrollieren und beschränken.

5. Verstärkter Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes und der Radwege. Alfred Papp, München

Prestige geht vor Bedarf

Dass die Luft an der Landshuter Allee besonders schadstoffbelastet ist, ist hinlänglich bekannt. Umso ärgerlicher ist, dass unsere Stadtväter den Tunnelbau am Englischen Garten vor dem Tunnelbau an der Landshuter Allee durchführen wollen. Wie unverantwortlich dies ist, ist aus Ihrer Grafik deutlich ersichtlich: Im Gegensatz zur Landshuter Allee besteht am Englischen Garten kein dringender Handlungsbedarf. Hier handelt es sich wohl eher um ein Prestigeprojekt. Angela Erzberger, München

Unselige Blockade

Der Titel des kritischen SZ-Berichts "Abwarten statt aussperren" zum Thema Stickdioxidbelastung spricht schon mal Bände. Daraus entnehme ich, dass es von staatstragenden Politikern zu einem stillschweigend akzeptierten Rechtsbruch gegenüber dem am 31.12.2017 inzwischen abgelaufenem Luftreinhaltungsplan gekommen ist. Da der Münchner OB Dieter Reiter für die Einführung einer blauen Plakette ist, muss er wohl das Nichtzustandekommen von Fahrverboten eigentlich als dreiste Willkür bewerten.

Warum jedoch dagegen kein Aufruhr erfolgt, ist ja sonnenklar: Wer soll denn den Streit über Abgase in München befrieden, wenn doch eine vermutlich knappe Mehrheit von Autofahrern selbst Dieselfahrzeuge nutzen? Ja sogar Ratsmitglieder selbst ein Dieselauto nutzen. Wie schön und gesund für Fußgänger und Radfahrer wäre das mit einem Fahrverbot einhergehende Wechseln vom Dieselauto auf die vielfach angebotenen MVV-Fahrbetriebe. Konsequenterweise wird aber zunächst bis zum 22. Februar stillgehalten, also dem Entscheidungstag in Leipzig, wenn das Bundesverwaltungsgericht über ein generelles Fahrverbot in den Kommunen befindet. Angesichts jener Verhaltensweisen unentschlossener Politik, vor allem geprägt aus dem Blickwinkel der kommenden Landtagswahl, ist die Einschaltung von anscheinend gefügigen Gutachtern, die sofort mit Gegenargumenten alle realen Probleme von Feinstaub und Stickoxiden klein reden, leicht erklärbar.

Retten kann uns in den luftverpestenden Großstädten mittelfristig nur mehr der dringend größer werdende Anteil von Elektroautos. Bis dahin also Klappe halten ... Hans-Jürgen Lugmair, Fürstenfeldbruck

Citymaut statt Diesel-Bann

Sämtliche Diesel auszusperren, würde die Luft in den kritischen Bereichen sicher sauberer machen, allerdings unter anderem deshalb, weil dann insgesamt weniger Fahrzeuge fahren würden. Gerecht wäre das nicht, da ein großer Teil der Dieselfahrer sich vermeintlich aus Umweltschutzgründen einen Diesel zugelegt haben, was schließlich von Politik und den Autobauern lange propagiert wurde. Zu sehr vernachlässigt wird dabei, dass auch fast alle Benzinmotoren (prinzipbedingt, da Direkteinspritzer) zu viele Partikel ausstoßen. Ebenso schalten viele Euro-6-Diesel die Abgasreinigung bei unter 5 Grad Celsius aus, was leider legal ist und deshalb nicht nur der Autoindustrie, sondern vor allem der Lobby-Politik angelastet werden sollte. Was sich kaum einer zu sagen traut, ist, dass das Ziel eigentlich in allen Städten sein müsste, weniger Autos und weniger gefahrene Kilometer zu erreichen. Das einzig gerechte mit größerem Nutzen für die Umwelt wäre eine Citymaut für alle, die vom (realen) Abgasausstoß abhängig ist - mit freier Fahrt für Autos mit E-Kennzeichen. Auf alle Fälle wäre das deutlich gerechter, als pauschal Dieselfahrzeuge auszusperren. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass nach Einführung einer Citymaut der Straßenverkehr teils deutlich zurückgeht. Matthias Dangl, Riedering

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© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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