Literarisches München 2010:"Zum großen Knall bereit"

Flaucher, Föhn und Freigeister: Über München ist schon viel geschrieben worden. Im Kalender "Literarisches München 2010" sind die schönsten Zitate nachzulesen.

Literarisches München 2010

Ernst Augustin

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(Foto: N/A)

Fast jede Ecke in München zeugt von dieser gewissen Lebensfreude, die die Stadt so einzigartig macht. Schriftsteller und Künstler haben sie in ihren Werken festgehalten: Die schönsten Zitate aus dem Kalender "Literarisches München 2010"."München, Stadt der Kunst, der Wissenschaften, der umfassenden herbstlichen Kulturveranstaltungen, München, Stadt der Geistesbildung. Nirgendwo sonst in der Welt gibt es einen Ort, wo am gleichen Abend drei Mozart-Uraufführungen, ein Vortrag über Hebbels Beziehungen zu Hegel, sechs Debütantenkonzerte im Herkulessaal, zwölf Vernissagen postmoderner Malerei, zwanzig Kellerveranstaltungen mit Tee und Gebäck und einem literarischen Strip rechts der Isar stattfinden und noch ein Vortrag über Bausünden in Berlin." (aus: Die Schule der Nackten)Ernst Augustin wurde in Hirschberg im Riesengebirge geboren und arbeitete als Arzt, Neurologe und Psychiater, bevor er sich dem Schreiben widmete. Er lebt seit über 50 Jahren in München; seine Romane wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet.Foto: ddp

Literarisches München 2010

Klaus Mann

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(Foto: N/A)

"In die Stadt. Gegangen. Luitpold-Lichtspiele: "Das Geheimnis des blauen Zimmers", völlig infantiler Kriminalfilm. Alleine in der Bodega. Tage-Buch gelesen, Himbeergeist getrunken. - Bonbonniere. Umgezogen. Los mit E + BABS. Erst: Negerball, Bavariaring. Nett. Dicke Münchnerinnen als Negerweiber. Besonders süsses Mädchen in grossem miesbacher Hochzeitskostüm. - Zur Pension Führmann, völlig missglückt. Jury-Freien, auch nicht lang geblieben. Merita - Magnus dazu. Privatfest bei Frau Koch. Auch sehr üsis. Steinecke, überfüllt. Mit Babs, Perzl, Schwarzfischer; dort eben grosse Rauferei gewesen. Mit dem Feuerfresser-Jungen ins Luitpold. Dort wieder die anderen. 6 Uhr nach Hause. BABS. Doch der Beste - - " (Tagebucheintrag von 25.2.1933)Klaus Mann wurde als zweites Kind von Thomas Mann und dessen Ehefrau Katia in München geboren. Er begann seine literarische Laufbahn in der Zeit der Weimarer Republik. Nach seiner Emigration aus Deutschland im Jahr 1933 wurde Klaus Mann zum kämpferischen Literaten gegen den Nationalsozialismus, heute gilt er als einer der wichtigsten Repräsentanten der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1933.Foto: Andreas Heddergott

Literarisches München 2010

Friedrich Ani

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(Foto: N/A)

"Gegen fünf Uhr morgens parke ich den anthrazitfarbenen Opel im Hof des Dezernats, und wir machen uns auf den Weg zum Hauptbahnhof, um zu frühstücken. Keiner von uns hatte Hunger, wir hatten nur, jeder für sich und ohne dass wir darüber gesprochen hätten, das Bedürfnis, ein paar Minuten unter Leuten zu sein, in einer Halle, die es wirklich gab, in der Lichter brannten und es nach frischem Brot und einem Kaffee roch, unter einem Sternenhimmel aus Stahl, in einer großen Anwesenheit. So standen wir an einem der runden Stehtische nahe der Glaswand, die den gastronomischen Bereich von der Bahnhofshalle trennte, tranken heißen schwarzen Kaffee, aßen Croissants und schwiegen."Friedrich Ani wurde 1959 in Kochel am See geboren. Nachdem er in den achtziger Jahren als Polizeireporter tätig war, wurde er später als Schriftsteller und Drehbuchautor vor allem durch seine Kriminalromane um Kommissar Tabor Süden bekannt.Foto: Stephan Rumpf

Literarisches München 2010

Günter Herburger

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(Foto: N/A)

"Entlang des Gemäuers von Nymphenburg lernte ich einen Baggerführer kennen, der meinen Beruf vergeblich riet; ich sah den Davoneilenden nie wieder. Auf der buckeligen Geraden, die Straßenbahnschienen waren unter Pflaster gelegt worden, schleppte mich ein amerikanischer Soldat, der ein Schweißband trug, vom Rotkreuz- zum Königsplatz, dann verabschiedete er sich; auch ihn sah ich nie wieder."Der aus Isny im Allgäu stammende Schriftsteller Günter Herburger lebt mit Unterbrechungen seit 1950 in München. Er ist bekannt für seine Romane, Gedichte und Erzählungen, in denen er unter anderem seine Erfahrungen als Langstreckenläufer verarbeitet.Foto: dpa

Literarisches München 2010

Alfred Andersch

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"...jetzt braucht der Rex auch gar nicht mehr zu sagen, daß er meinem Vater schreiben wird, dachte Franz, so, wie er dem Greiff seinem Vater schreiben wird, jetzt ist es schon klar, daß ich rausgeschmissen bin, daß ich nur noch ein paar Tage lang in den Kasten gehen muß, das Wittelsbacher Gymnasium, Menschenskind, dachte er plötzlich, ich brauche nicht mehr diesen langen, öden Weg zu machen, von Neuhausen zum Marsplatz, die Juta und die Alfonsstraße, die Nymphenburger Straße und die Blutenburgstraße bis zu dem Kasernen- und Brauereiviertel um den Marsplatz, die Artillerie-Kaserne und die Hacker-Brauerei, lauter öde Straßen, durch die ich jeden Tag hindurch muß, das hab' ich jetzt also hinter mir, nur Vater tut mir leid, es wird ihn einfach umhauen, wenn er es erfährt."Wegen seines politischen Engagements im kommunistischen Jugendverband wurde Alfred Andersch im KZ Dachau interniert. Nach dem Krieg arbeitete er als Journalist, Publizist und Autor unter anderem in München. Er gilt als einer der bedeutendsten zeitkritischen Autoren der Nachkriegsliteratur.Foto: Robert Haas

Literarisches München 2010

Uwe Timm

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(Foto: N/A)

"Ullrich legte die Zeitung auf den Tisch und sah die Leopoldstraße hinunter. Das wird heute wieder heiß, sagte die Kellnerin, als sie Ullrich die Tasse Kaffee auf den Tisch stellte. Er überlegte, an welchem Tag der Schah in München gewesen war. Am Nebentisch lachte eine Frau, die ein Butterhörnchen in der Hand hielt und zwei breite Goldringe am Zeigefinger trug. Der Mann neben ihr hatte seine Hand auf ihren Rücken gelegt und redete auf sie ein. Ullrich sah die Fotos in der Zeitung. Der Student am Boden liegend. Über ihn gebeugt eine junge Frau in einem weiten schwarzen Abendkleid. Sie hält seinen Kopf. Am Hinterkopf und auf dem Boden: Blut. Daneben ein anderes Foto, drei Polizisten schlagen und treten auf einen am Boden liegenden Demonstranten ein, der sein Gesicht mit den Händen zu schützen versucht."Geboren in Hamburg, studierte Uwe Timm Philosophie und Germanistik in München und Paris. Als freier Schriftsteller lebt er heute in München und Berlin. Sein erfolgreiches Romandebüt "Heißer Sommer" (1968) schildert die damalige Münchner Szene aus der Sicht eines Studenten.Foto: Stephan Rumpf

Literarisches München 2010

Asta Scheib

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(Foto: N/A)

"Langsam fiel die Spannung ab von Lena, sie konnte das Heimelige der Landschaft sehen, die Wege zwischen alten weit verzweigten Bäumen, hier und da ein Haus hinter Zäunen aus Schmiedeeisen oder Holz, Leute kamen auf dem Fahrrad daher, umbellt von ihren Hunden. Sie schrieb: Ich ging die Isar entlang durch den Englischen Garten, am Aumeister vorbei und stand mit einem Male, vor einem kleinen Dörflein . . . Ich schritt den Bach aufwärts und stand bald vor dem großen Hoftor des Gutes, das drei Brüdern zu eigen gehörte und dessen Gastwirtschaft von jeher als beliebte Einkehr der Münchner galt."Asta Scheib lebt seit Jahren als Schriftstellerin und Drehbuchautorin in München. Sie veröffentlichte neben ihren Romanen und Romanbiographien auch Drehbücher, Essays, Sachbücher und Gedichte. Scheib erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, unter anderem den Bayerischen Verdienstorden für ihr Engagement und ihre Verdienste um die deutsche Sprache.Foto: AP

Literarisches München 2010

Konstantin Wecker

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(Foto: N/A)

"Nichts wie runter auf die Straße, und dann renn ich jungen Hunden hinterher. An den Häusern klebt der Sommer, und die U-Bahn-Schächte atmen schwer. Dieser Stadt schwillt schon der Bauch, und ich bin zum großen Knall bereit. Auf den Häusern sitzt ein satter Gott und predigt von Genügsamkeit." (aus: Genug ist nicht genug)Der in München geborene Liedermacher, Autor und Schauspieler Konstantin Wecker komponierte zahlreiche Lieder, Filmmusiken und Musicals. Daneben tat er sich als Buchautor und Dichter hervor.Foto: Stephan Rumpf

Literarisches München 2010

Karl Valentin

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(Foto: N/A)

"Valentin: Beim Flaucher hat doch die Musik auch immer klappt, - grad Sie masseln immer! Kapellmeister: Ja - Sie werden doch nicht die Flauchermusik mit diesem Orchester vergleichen? - Warum sind's denn da nicht drob'n blieb'n, wenn's Ihnen da gar so gut g'falln hat beim Flaucher? Valentin: Oh mei' g'falln tuat's mir gar nirgends, wo i arbeiten muass - und dann bin ich ja in den Chinesischen im Englischen abikemma. Kapellmeister: Wo is denn dös? Valentin: Im englischen Turm im chinesischen Garten!"Karl Valentin, bayerischer Komiker, Volkssänger, Autor und Filmproduzent, wurde für Stücke wie Raubritter vor München, Der Firmling und Theater in der Vorstadt berühmt. Gemeinsam mit Liesl Karlstadt feierte er einige große Bühnenerfolge, die sie auch außerhalb Bayerns bekannt und bleibt werden liesen.Foto: Robert Haas

Literarisches München 2010

Joachim Ringelnatz

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(Foto: N/A)

"Wo sich zum gemeinen Wohle Künstler und Bohème trifft, Wo die Kathi sich zur Bowle Mischt das tödlich scharfe Gift; Wo mit Mandolinenklängen Sich verwebt der Weißwurst Dampf, Lausch ich fröhlichen Gesängen Und dem Mords-Klaviergestampf." (Simplicissimus-Lied)Joachim Ringelnatz, als Hans Bötticher nahe Leipzig geboren, war Schriftsteller, Kabarettist und Maler, der vor allem für seine humoristische Gedichte berühmt wurde. 1908 kam Ringelnatz nach München, wo er Hausdichter im Simpl wurde.Foto: dpa

Literarisches München 2010

Herrmann Lenz

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"Vorträge wurden in der Residenz gehalten, und dort ging Eugen manchmal hin. Übrigens erstaunlich, dass die Residenz so wiederaufgebaut worden war, wie sie früher dagestanden hatte; denn fast alle Räume zeigten nun wieder dieselbe Schönheit wie zuvor. Das war halt nur in Bayern möglich. Und du kannst froh sein, dass du nach München übersiedelt bist."Der für seine Gedichte, Romane und Erzählungen bekannte Schriftsteller Herrman Lenz lebte ab 1975 in München. Im Mittelpunkt seines Werks steht ein zehnbändiger autobiographischer Romanzyklus um die Figur Eugen Rapp.Foto: dpa

Literarisches München 2010

Rainer Werner Fassbinder

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"1978 kauft er eine riesige Wohnung in der Nähe der Deutschen Eiche, seiner Stammkneipe in München. Kurt Raab sorgt dafür, dass die Dielen unter rotbraunem Teppichboden, die Wände hinter nahezu schwarzem Samt verschwinden. Vor den Fenstern verjagen dunkle Vorhänge den Tag. Draußen schwemmt das Licht nur Depressionen an."Rainer Werner Fassbinder war ein deutscher Regisseur, Filmproduzent und Schauspieler. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Neuen Deutschen Films und wurde bekannt für Werie wie Angst essen Seele auf oder Lili Marleen.Foto: Stephan Rumpf

Literarisches München 2010

Literarisches München 2010

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(Foto: N/A)

Das grelle Licht bei Föhn, die klassizistischen Bauten, die Farbe der Isar - das alles hat seit Jahrhunderten Künstler und Autoren in München inspiriert. Der Kalender "Literarisches München 2010" dokumentiert das kulturelle und literarische Leben in München und zeigt, wie die Stadt in Gedichten, Romanen, Kompositionen und Liedern in unterschiedlichsten Facetten dargestellt wird.Verlag edition ebersbach, ca. 22 Euro

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