Lieder über München:Herrenbesuch am Damentag

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Raffaels Engel? Bayerische Bengel! Der Journalist Dirk Wagner (links) und der Songwriter Michael Kröger erzählen sich spritzige Anekdoten. (Foto: Stephan Rumpf)

Unser Autor hat im Müllerschen Volksbad Kurioses erlebt. Die Münchner Band "Goya Royal" verarbeitete die Geschichte in ihrem Song "Mein Tag". Eine Begegnung im Kaltwasserbecken.

Von Dirk Wagner

Das Müllersche Volksbad heißt Müllersches Volksbad, weil der Münchner Johann Karl Bernhard Müller den Bau mit einer Spende erst möglich gemacht hat. Im Vorraum steht immer noch eine Büste des zum Ritter geschlagenen Ingenieurs, die kürzlich an einem sommerlichen Freitagmorgen beobachten konnte, wie ein Musiker in Begleitung eines Journalisten und eines Fotografen vom Bademeister ins irisch-römische Schwitzbad geführt wurden.

Und das, obwohl Damentag war und Männern darum der Zugang verwehrt ist. Warum Michael Kröger, der Sänger der Band Goya Royal, der Fotograf dieser Zeitung und ich trotzdem hinein durften - vor der Öffnungszeit, also ganz früh morgens -, hat mit der Geschichte zu tun, wie meine persönliche Vorliebe für das Müllersche Volksbad Inspiration war für die Entstehung des Geburtstagssongs "Mein Tag".

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Unser Tag beginnt mit kleinen Problemen. Die immerhin schon beheizte Sauna-Kabine gebe visuell nicht allzu viel her, sagt der Fotograf. Schöner sei da das runde Warmwasserbecken unter der erhabenen Kuppel. Darin hocken wir nun also, als dem Fotografen der "wunderbare" Schriftzug "Kaltwasserbecken" im hinteren Bereich des kreisrunden Raums auffällt.

Wenig später posieren Kröger, der ein überzeugter Warmduscher ist und allen Kaltwassertherapien zum Trotz fließend Warmwasser als Zivilisation schätzt, und ich, der Kröger auch in diesem Belang als intelligenten Beobachter würdigt, im Kaltwasserbecken. Ohne vorherigen Saunagang wohlgemerkt. Trotzdem bemühen wir uns um einen möglichst coolen Ausdruck für ein Foto, das diese Geschichte hier erfrischend bebildern soll. Eine Geschichte, die irgendwie auch meine ist.

Und das kam so: Sehr oft genoss ich entspannte Stunden in der stilvoll renovierten Wellness-Oase des 19. Jahrhunderts. Kostensparend griff ich dabei auch regelmäßig auf ein mittlerweile leider eingekürztes Angebot der Stadtwerke zurück, wonach Geburtstagskinder freien Eintritt in die städtischen Bäder genießen. Früher beinhaltete das auch den Saunabesuch. Also saß ich jedes Jahr, nach dem ich wild in meinen Geburtstag hineingefeiert hatte, in eben dieser Sauna und genoss die bemerkenswerte Leere. Ich habe im Sommer Geburtstag.

Während mir der Saunameister fast schon exklusiv wohlriechende Aufgüsse zufächelte, ließen sich die restlichen Stadtbewohner im Isarkanal treiben, der malerisch durch das Maria-Einsiedel-Bad fließt. Oder sie genossen das Ambiente im ältesten Freibad Münchens, dem Schyrenbad, das anfangs übrigens kostenlos genutzt wurde. Eines schönen Geburtstags wurde mein jährliches Ritual gebrochen. Mit Mineralwasserflasche, Handtuch und einer Lektüre ausgerüstet, stand ich vom Vorabend geschädigt vor der Kassiererin und erklärte wohlgelaunt: "Ich habe Geburtstag."

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Die Kassiererin entgegnete nach einer kurzen Weile deutlich weniger wohlgelaunt: "Na dann herzlichen Glückwunsch." Schweigen. Dann ich: "Gibt es keinen freien Eintritt mehr für Geburtstagskinder?" Sie: "Schwimmhalle könnte ich Ihnen geben." Erneutes Schweigen. Dann ich wieder: "Und Sauna ist nicht mehr?" Sie wieder: "Doch. Aber heute ist Damentag." Erleichtert darüber, dass das Angebot an sich noch bestand, entgegnete ich aufrichtig wohlwollend gemeint: "Das stört mich nicht." Danach ging ich nicht einmal ins Schwimmbad.

Fast hätte ich den Vorfall vergessen, als ich ihn Jahre später von der Band Goya Royal besungen hörte. In einem Song, den Michael Kröger schrieb, um damit dem inflationären Missbrauch des Stevie-Wonder-Hits "Happy Birthday" entgegen zu wirken. Als Kröger mal mit seiner Frau einen romantischen Abend in einem Restaurant verbringen wollte, wurde die Romantik gleich dreimal von verabredeten Intermezzi an den Nachbartischen gestört.

Jedes Mal schritt dabei die Bedienung mit einem Tablett voller Getränke und stimmungfördernd funkelnden Wunderkerzen zu einem Tisch, an dem eine Geburtstagsgesellschaft gratulierend jubelte. Und jedes Mal ertönte dazu sieben Minuten lang Stevie Wonders Hit in einer Lautstärke, die die Romantik an Krögers Tisch vollends übertönte.

Prompt bat Kröger befreundete Musiker, Alternativen zum Wonder-Song zu schaffen, der im Übrigen konkret nur den Geburtstag von Martin Luther King feiert. Die alternativen Geburtstagslieder vereinte Kröger 2010 auf der Kompilation "You Were Born. And So You're Free. So Happy Birthday". Seinen eigenen Beitrag nahm er mit Goya Royal 2013 noch einmal fürs Album "Wir Haben Hier Nichts Verloren" auf.

Dass er wegen des Damentags nicht ins Müllersche Volksbad kam, wie es im Lied heißt, habe er meiner Geschichte entliehen, sagt Kröger. Diese hatte ich ihm seinerzeit erzählt. Kröger selbst ist zum ersten Mal hier. "Dabei gefiel mir das Bad von außen sehr gut, wenn ich auf dem Weg zur Muffathalle daran vorbei kam", sagt der Musiker. Jetzt ist er auch von der inneren Schönheit überzeugt.

Alle Teile der Serie finden Sie im Internet unter sz.de; die Songs und weitere München-Lieder gibt es bei Spotify auf der Playlist "Lieder der Stadt München".

© SZ vom 19.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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