Lieder für TV-Beiträge:Ton an

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Im Sonoton-Archiv lagern 400 000 Musiktitel fürs Fernsehen

Von Felicitas Wilke

Ein fünfstöckiges Mehrfamilienhaus mit dem Charme der Sechzigerjahre in Haidhausen. Anwohner genießen die zentrale Lage, ein Sporttherapeut behandelt dort seine Patienten. Und mittendrin hat ein globales Unternehmen seinen Sitz, das kaum einer kennt. Sonoton ist der weltweit größte unabhängige Verlag für Produktionsmusik. Der Firmenname ist nur Branchenkennern ein Begriff, aber seine Produkte sind allgegenwärtig: ob in der Nivea-Werbung, im Kinofilm "Fack ju Göhte" oder in den Regionalnachrichten im Bayerischen Fernsehen. Seit 50 Jahren liefert Sonoton Tag für Tag Musik an Film- und Fernsehproduktionen.

Im Gegensatz zur Konkurrenz, die etwa Sony heißt oder Universal, sind die Münchner nicht Teil eines Konzerns, sondern ein Familienunternehmen. Gründer Gerhard Narholz, ein Österreicher, kam in den frühen Sechzigerjahren als Komponist nach München, in dieses "kreative Zentrum", wie er es nennt. Narholz schrieb zunächst Schlager für Bill Ramsey und Heidi Brühl und komponierte Soundtracks für Heimatfilme und ZDF-Serien. "Es kostete viel Mühe, die Musik fürs Fernsehen zu schreiben, wobei die Titel nur einmal oder wenige Male gesendet wurden und dann in Vergessenheit gerieten", sagt er.

Er sah eine Marktlücke - und organisierte ein Archiv mit vorproduzierter, wiederverwertbarer Musik. Weil die jungen deutschen Sender, Produktionsfirmen und Werbeagenturen viel Bedarf an Hintergrundmusik hatten, schlug die Idee ein. 1965 gründete er mit seiner Frau Rotheide den Verlag, zu Beginn als Ein-Mann-und-eine-Frau-Unternehmen. Dass München eine aufstrebende Medienstadt war, spielte ihm in die Karten.

In einem Nebenhaus der Zentrale lagert auf zwölfstöckigen Regalen das, was Sonton ausmacht: die Musik. Auf 200 Quadratmetern türmen sich Tausende von CDs. Eigentlich sind sie ein Relikt aus alten Zeiten, schließlich passen die Produktionen heute alle auf eine kleine Festplatte. Für die Nostalgiker unter den Kunden gibt es die CDs aber immer noch. 400 000 Titel hat Sonoton im Programm. Im Lager finden sich allein 20 Tonträger mit lustiger Werbemusik. Melodien für royale Hochzeiten hat das Unternehmen genauso im Programm wie "authentische Musik". Damit werden zum Beispiel Reiseberichte und Dokumentationen untermalt. Die Musikstücke lässt Sonoton in aller Welt produzieren. Ob Madagaskar, Vietnam, Russland oder Bayern: Die Musik im Fernsehbeitrag soll nach der Region klingen, um die es geht. Daher würden die Stücke von jeweils einheimischen Musikern aufgenommen. In München hat Sonoton nur 24 Mitarbeiter.

Anfangs stammten die Abnehmer der Musik vor allem aus München, mittlerweile kommen sie aus der ganzen Welt. "Trotzdem sind viele unserer wichtigsten Kunden noch immer in München angesiedelt", sagt Erika Oltmanns, Leiterin der Musik- und Lizenzberatung von Sonoton. Kurze Wege seien in Zeiten des Internets zwar nicht mehr so wichtig, trotzdem schwärmt Narholz von München: In der Stadt sei man noch immer mitten im kreativen Geschehen - auch wenn die Musik digital geliefert wird.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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