Letzter Automat:Kampf um die eigene Bank

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Die Gemeinderäte Hans Spindler und Michael Neubauer wollen die Raiffeisen-Filiale unbedingt erhalten. (Foto: Hartmut Pöstges)

In Deining soll ein Lieferservice den letzten Geldautomaten ersetzen

Von Claudia Koestler, Egling

"Wir wissen, dass wir den Deiningern etwas wegnehmen. Aber wir nehmen etwas weg, das andere gar nicht hatten". So begründet der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenbank Tölzer Land, Hansjörg Hegele, die Schließung ihrer Filiale in Deining zum Ende dieses Monats. Die Bank nimmt auch noch den einzigen Automaten in dem 900 Einwohner zählenden Ort mit. Damit gibt es im gesamten nördlichen Gebiet der Flächengemeinde Egling, zu der Deining gehört, keinen einzigen Schalter für Bankgeschäfte und keinen Automaten mehr zur Bargeldversorgung.

"Gerade auf dem Land kommt man einfach nicht ohne Bargeld aus", ärgert sich Gemeinderat Michael Neubauer (CSU). Frühmorgens die Semmeln beim Dorfbäcker fürs Frühstück holen? Dafür wandern Münzen über den Tresen. Die Milch vom Dorfladen oder vom Bauern dazu? Auch hier braucht es Bares, "das zahlt man einfach nicht mit Karte", sagt Neubauer. Auch die örtlichen Vereine seien fast alle Kunden der Bank und in der Filiale vor Ort auf Ein- und Auszahlungen von Bargeld angewiesen, genauso die Gewerbetreibenden. Die Schließung stehe allen Bemühungen um eine gute Infrastruktur auf dem Land entgegen, sagt Neubauers Gemeinderatskollege Hans Spindler (parteifrei). Künftig kilometerweit in den nächstgrößeren Ort zu fahren sei nicht praktikabel, gerade für einen Ort, in dem viele ältere Menschen leben, die kein Auto mehr fahren. "Außerdem sollten in Zeiten der Energiewende solche Fahrten doch auch grundsätzlich vermieden werden", fügt Spindler an.

Statt eines Automaten will die Raiffeisenbank einen Bargeld-Lieferservice anbieten. Innerhalb von 24 bis 48 Stunden bringe ein Geldbote den gewünschten Betrag ins Haus. Kein adäquater Ersatz für Neubauer: "Bargeld braucht man meist kurzfristig, außerdem ist es fraglich, wie lange ein solcher Service aufrecht erhalten wird." Deshalb formierte sich im Dorf massiver Protest gegen die Schließung der Filiale und ein Kampf um den Erhalt zumindest eines Selbstbedienungs-Centers mit Geldautomat. Der Bürgermeister unterstützt den Wunsch mit einem Brief, Vertreter der Raiffeisenbank plädierten an Vorstand und Aufsichtsrat. Ohne Erfolg: "Wir werden nach der Schließung keinen Automaten in Deining lassen", bekräftigt Hegele. Ein Automat koste im Jahr durchschnittlich etwa 17 000 Euro. "Und in Deining, so haben die Zahlen ergeben, lässt sich ein Automat einfach nicht wirtschaftlich betreiben", sagt Hegele.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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