Leo-Podolski-Straße:Der ganz normale Wahnsinn

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"So sehen Sieger aus": Auf der Leopoldstraße herrscht nach dem Spiel einmal mehr Ausnahmezustand.

Christian Mayer

Der Ausnahmezustand auf der Leopoldstraße ist bei dieser WM längst der Normalzustand - wenn überhaupt noch eine Steigerung der Euphorie möglich ist, dann nach diesem dramatischen Elfmeterschießen. Auch die Ludwigstraße wird bis zum Odeonsplatz zur Partyzone. Ein Meer von schwarz-rot-goldenen Fahnen. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", "So sehen Sieger aus" und, etwas weniger fein, "Tschüss Maradona" lauten einige der Chöre.

Umbenannt: Die Leopoldstraße. (Foto: Foto: dpa)

Dosenbier: 4 Euro

Einige Fans werfen sich, berauscht vom Sieg und anderen Dingen, über geparkte Autos, andere gehen nach Abpfiff auf die Knie und jubeln. Viele Fans sind zwischen 18 und 25 Jahre alt, auch junge Familien sind darunter. Wieder verfolgt die Polizei eine zurückhaltende Taktik, sie geleitet einzelne Autos, die nicht mehr rechtzeitig aus dem Pulk herausfahren können, in sichere Seitenstraßen. Es bleibt, wie bei den vorherigen Siegesfeiern auf der Schwabinger Meile, friedlich. Einige Gastronomen nutzen die Gunst der Stunde und verkaufen Dosenbier für vier Euro.

Schon am frühen Nachmittag waren die Straßencafés und Kneipen zwischen Siegestor und Münchner Freiheit wieder total überfüllt, obwohl die Wirte auf den Boom reagiert haben - mit noch mehr Fernsehgeräten, mehr Stühlen, mehr Aushilfskräften. Doch beim Viertelfinale stoßen alle an ihre Grenzen: Die Anwohner, die von Fan-Horden überrannt werden und später über Berge von Müll und Scherben nach Hause gehen müssen. Die Fans, die sich schon während der Übertragung im Getümmel kaum mehr fortbewegen können. Und die Wirte, die nur noch mit Mühe mit ihren aufgeputschten Gästen fertig werden.

Alles überrollt

"Bei uns ist ausreserviert, die Leute stehen in Dreierreihen vor dem Wirtshaus. Es ist der ganz normale Wahnsinn", sagt Hugo Bachmaier, Wirt im gleichnamigen Lokal, "diese Euphorie hat uns alle überrollt". Fünf Sicherheitskräfte sind gestern bei Bachmaier im Einsatz, um die Situation im und vor dem Lokal zu kontrollieren. Auf der Leopoldstraße strömen eben nach dem Spiel alle zusammen: Die Zuschauer aus dem Fan-Park im Olympiagelände und die Leute aus den Schwabinger Kneipen.

Und auch das ist Schwabing: Glänzende Umsätze kann das "Lardy" melden, wo ausgewählte Gäste auf weißen Sofas mit dem Champagnerkübel vor der Nase den Sieg erleben.

© SZ vom 1. 7. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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