"Lebenslinien" im BR:Unmöglich, eigentlich

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Filmdreh auf Mykonos: Heute haben Edith von Welser-Ude und Christian Ude deutlich mehr Zeit als früher, ihre Lieblingsinsel zu genießen. (Foto: BR / Matti Bauer)

Als sie ihn zum ersten Mal sah, fand sie ihn "bescheuert". Irgendwann aber verliebte sie sich dann doch in den späteren Oberbürgermeister. Ein Film erzählt nun die Geschichte der Udes

Von Dominik Hutter

Das erste Urteil fiel wenig schmeichelhaft aus. "Bescheuert" sehe dieser Reporter aus, der sich auch noch selbst das Lachen verbeten habe. Die Elternvertreterin, die zu einer Sitzung in den Großen Sitzungssaal des Münchner Rathauses gekommen war, konnte kein Interesse für den etwas linkisch wirkenden jungen Mann mit Schnauzbart aufbringen. "Inzwischen lachen wir seit 40 Jahren miteinander", sagt sie. Denn fünf Jahre später, bei einem Faschingsball, hat es zwischen den beiden gefunkt. Da war sie als Opfer der Französischen Revolution verkleidet, er hingegen mimte den Robespierre.

1973 war das, aus der Faschings-Liaison entstand eine ziemlich ungewöhnliche Beziehung. Sie, Edith von Welser-Ude, ist acht Jahre älter als ihr Mann und brachte sechs Kinder mit in die Ehe. Er, Christian Ude, studierte anfangs noch, informierte brav den früheren Ehemann der Angebeteten über seine Verliebtheit und hütete sogar den jüngsten Sohn, wenn Edith auch mal mit ihrem Gatten ausgehen wollte. 1993 wurde er Oberbürgermeister der Stadt München und blieb es bis 2014.

Nach der Anfangsszene im Rathaus wechselt die Kamera in die Schwabinger Altbauidylle, in der das Paar bis heute lebt. Der Regisseur Matti Bauer hat über die Beziehung der Udes einen Film gedreht - für die Reihe "Lebenslinien" im Bayerischen Rundfunk. Dass die Udes ein ziemlich ungewöhnliches Paar sind, liegt auch, aber nicht nur, am Altersunterschied. Eigentlich lebten beide lange Zeit in völlig unterschiedlichen Lebensabschnitten nebeneinander her: Edith war längst politisch tätig, als Christian noch studierte. Die Frau, die erstmals mit 18 Jahren unehelich schwanger wurde und sich deshalb eine Zeitlang verstecken musste, wechselte immer wieder hin und her zwischen Udes Studenten-WG an der Bauerstraße und ihrer Familienwohnung, in der auch ihr Noch-Ehemann lebte, mit dem sie sich weiterhin gut verstand. Als sie ihre politische Karriere aufgab, begann die seine. Und als sie hoffte, endlich den gemeinsamen Ruhestand genießen zu können, entschied er sich 2008, entgegen früherer Absichten, noch ein letztes Mal als Oberbürgermeister zu kandidieren. Und dann 2013 noch einmal als Herausforderer von Horst Seehofer für den Posten als bayerischer Ministerpräsident.

Christian Ude ist froh, diese eigentlich unmögliche Liaison mit Edith nie ernsthaft hinterfragt zu haben, wie er selbst sagt. Wenn man die beiden heute zusammen agieren sieht, wie sie sich in der kleinen Schwabinger Küche Baguette reichen oder auf der Terrasse ihres Ferienhäuschens auf Mykonos herumfrotzeln, sieht man ein eingespieltes Team. Beide können nicht voneinander lassen. Dabei waren die Voraussetzungen so unterschiedlich, wie man es sich nur vorstellen kann: Die gebürtige Kielerin Edith kann sich an Bombennächte in Berlin erinnern, hasste ihren Vater, litt als junge Mutter unter den Moralvorstellungen einer verlogenen Zeit und musste ständig umziehen. Christian, der zeit seines Lebens in Schwabing gelebt hatte, beurteilt seine Eltern als "unglaublich liberal", ging mit seinem als Journalist tätigen Vater auf Termine und beschloss im Alter von zehn Jahren, Oberbürgermeister werden zu wollen. Was er bekanntlich auch wurde, 21 Jahre lang.

"Die Udes - ein unmögliches Paar" läuft am kommenden Montag, 7. Januar, um 22 Uhr im BR. Bereits an diesem Mittwoch sind die beiden Protagonisten in der Abendschau des Bayerischen Rundfunks zu Gast (18 Uhr).

© SZ vom 02.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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