Lased Ben Heni:Mann ohne Eigenschaften

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Der mutmaßliche Terror-Komplize von Osama bin Laden lebte unauffällig mitten in München. Der Asylbewerber aus Tripolis hauste in ärmlichen Verhältnissen, fiel aber nie negativ auf.

Monika Maier-Albang

(SZ vom 12.10.2001) - Es gibt wohl kaum ein besseres Versteck. Mitten in der Stadt, an einer stark befahrenen Kreuzung in der Nähe des Sendlinger Tors, wohnte Lased Ben Heni aus Tripolis. In einer dieser zahllosen Pensionen, die keinen Namen haben. Ein schmuddelig graues Gebäude, in dem Menschen aller Nationen, ohne sich zu kennen, ein- und ausgehen - aus zwanzig Ländern kommen derzeit die Gäste, verrät der ansonsten wortkarge Hausverwalter.

Über einem Kopier- und einem Büromöbelgeschäft liegen die Ein- Zimmer-Appartements, deren Türschilder keine Namen, bestenfalls Nummern haben. Der Pförtner lässt Besucher nur zwischen neun und 22 Uhr ein - seit dem Polizeieinsatz am Mittwoch darf überhaupt kein Fremder mehr das Haus betreten. Oben, in den dämmrigen Fluren, riecht es nach Essen, abgestandener Luft und Urin.

Ärmliche Verhältnisse

Seit Juli wohnte der Libyer in der Pension am Oberanger 47, zog zwischendurch für ein paar Tage in eine Notunterkunft in Freimann, um dann an den Oberanger zurückzukehren. Die ärmlichen Verhältnisse, in denen Lased Ben Heni lebte, unterscheiden ihn von den anderen mutmaßlichen Terroristen in Deutschland, die Osama bin Ladens Terrororganisation al-Qaida zugerechnet werden: Die mussten sich im Ausland nie Geldsorgen machen und vermieden es, bei Behörden aktenkundig zu werden.

Ben Heni indes meldete sich bei der Stadt wohnungslos. Zwar hatte er gelegentlich Aushilfsjobs, doch die meiste Zeit lebte er von der Sozialhilfe. "Ein ganz normaler, klassischer Sozialhilfeempfänger", sagt die stellvertretende Sozialamtsleiterin Petra Schmid-Urban.

Seine Miete zahlte das Sozialamt

Auch seine Miete wurde über das Sozialamt bezahlt. Die Stadt quartierte ihn auf Zimmer Nummer 409 ein. 721 Mark kostet ein solches Zimmer im Monat, geteilt durch die zwei bis vier Zimmerbewohner. Der Hausverwalter wusste von Lased Ben Heni nicht mehr, als dass die Miete "immer pünktlich kam". Dann verstummt er. Er habe Kinder. "Und Angst."

In so einem Haus ist es ohnehin unüblich, viel zu fragen über die Mitbewohner. Solange sie keinen Ärger machen, interessiert sich die Hausverwaltung nicht für sie. Als "unauffällig", beschreiben die wenigen Nachbarn, die ihre Tür überhaupt einen Spalt breit öffnen, den bärtigen, mittelgroßen Mann. Auch bei den Sozialbehörden scheint er nie negativ in Erscheinung getreten zu sein.

Kein Alkohol, keine Drogen - Ben Heni fiel nie auf

Er trank nicht, nahm keine Drogen, fiel nie durch Aggressivität auf, wie etliche seiner Nachbarn in der Notunterkunft. Ein kaum wahrnehmbarer junger Mann, wie viele Asylbewerber aus diesem Kulturkreis. "Sie wollen ja ihr Asylverfahren nicht gefährden", sagt ein Behördensprecher.

Im Dezember 2000 erhielt Ben Heni eine Aufenthaltsbefugnis für München, als Flüchtling, der in sein Heimatland nicht abgeschoben werden darf, befristet bis 2002. Schon Mitte der Neunziger hatte der Libyer versucht, seinen Wohnsitz aus Aachen nach Bayern zu verlegen, was die Behörden damals ablehnten.

Als er vor drei Monaten in das Mehrbettzimmer am Oberanger ziehen sollte, protestierte er. Doch das gewünschte Einzelzimmer wurde ihm verweigert. Dafür hätte er ein Gebrechen oder eine Krankheit nachweisen müssen. Das eingeforderte Gesundheitszeugnis legte Ben Heni nie vor.

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