Wohnungsbau:Günstiger Wohnraum - aber für wen?

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In Ismaning sollen - wie hier in München - Genossenschaftswohnungen gebaut werden. (Foto: Florian Peljak)

Ismaning plant ein Projekt mit der Awohnbau-Genossenschaft. In die Häuser sollen laut Bürgermeister Greulich nur Menschen ohne Vermögen einziehen. Viele Mitglieder einer örtlichen Initiative wären damit außen vor

Von Jana Treffler, Ismaning

Nirgends in Deutschland sind die Neubaumieten so hoch wie im Raum München. Menschen mit geringen Einkommen finden kaum noch bezahlbare Wohnungen. Das spüren auch die Gemeinden und Träger von sozialen Einrichtungen, die ihren Aufgaben aus Mangel an qualifiziertem Personal nicht mehr gerecht werden können. Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, ist genossenschaftlicher Wohnungsbau. Die Gemeinde Ismaning will diesen jetzt gemeinsam mit der Awohnbau-Genossenschaft vorantreiben. Weil die Wohnungen nur an Ismaninger ohne Vermögen vergeben werden sollen, zeichnet sich allerdings ein Konflikt mit der örtlichen Initiative "Wogenis" ab.

Bereits im Dezember hat der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss gefasst, der vorsieht, dass eine Ismaninger Genossenschaft ein Grundstück der Gemeinde zu günstigen Konditionen erhalten könnte, wenn die Vergabekriterien der Gemeinde eingehalten würden. Eine solche Genossenschaft müsste allerdings erst noch gegründet werden. Dabei kommt die Awohnbau-Genossenschaft ins Spiel. Sie wurde 2013 vom Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ins Leben gerufen und hat zum Ziel, in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden ein Wohnungsangebot zu schaffen, das auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten und vor allem erschwinglich ist. Wie das konkret aussehen könnte, erklärte Awohnbau-Projektleiterin Mindy Konwitschny bei einer Veranstaltung der Awo-Ortsgruppe Ismaning am Dienstag den Interessierten.

Die ersten Schritte nach dem Modell der Awohnbau wären die Gründung einer eigenen Awohnbau-Genossenschft Ismaning sowie die Ausarbeitung eines Konzepts für den entstehenden Bau und einer Satzung. Dann muss ein günstiges Grundstück gefunden werden, denn zum Verkehrswert ist der Grund im Landkreis nach Aussage Konwitschnys zu teuer, um günstige Mieten anbieten zu können. In Ismaning sei bereits ein großer Schritt getan, dadurch dass die Gemeinde hier ihre Unstützung zusichere, meint Konwitschny.

Ist das Grundstück gefunden, muss die Finanzierung geklärt werden. Die Awohnbau schlägt hierfür ein Modell vor, das sich aus mehreren Posten zusammensetzt: das Eigenkapital aus den Pflichtanteilen der Genossenschaftsmitglieder, investierende Mitglieder, die zusätzliche Anteile zu den Pflichtanteilen zeichnen, Fremdfinanzierung über Banken und beantragte Fördermittel. Die Gemeinde kann dabei auch als investierender Teilhaber auftreten und sich dadurch Wohnungen für ihre Angestellten sichern oder von der Rendite profitieren. Mitglieder, die mehr eingezahlt haben als den Pflichtanteil, können die Rendite in Mietsenkungen umwandeln.

Konwitschny nennt als Zahlenbeispiel das einer Vierzimmerwohnung: Bei 2500 Euro einmaliger Einlage in Form eines Pflichtanteils käme man auf eine Miete pro von 8,50 Euro pro Quadratmeter für einen Neubau. Der Durchschnitt im Landkreis liegt bei 11,87 Euro. Voraussetzung dafür sind sehr günstige Grundstückskonditionen, denn "zaubern können wir bei der Awohnbau-Genossenschaft auch nicht", sagt Konwitschny.

Das günstige Grundstück ist in Ismaning an die Vergabekriterien des Gemeinderats geknüpft. Ein für zwölf Wohneinheiten geeignetes Areal von 1000 Quadratmetern würde in Frage kommen. Die Intention sei klar, sagt Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Der Wohnraum solle erstens an Ismaninger und zweitens an Menschen ohne Wohneigentum oder vergleichbares Vermögen gehen. Diese Vorgaben sind nicht mit jedem Genossenschaftskonzept vereinbar, mit dem der Awohnbau-Genossenschaft schon. Es stößt allerdings bei einer örtlichen Initiative auf Kritik: Der Ismaninger Mike Koschalke hat mit anderen Interessierten bereits die Initiative Wogenis (Wohngenossenschaft Ismaning) ins Leben gerufen. Er sagt, in der Initiative sei "ein großer Kreis von Leuten" mit und ohne Vermögen zusammengekommen, die investieren und in eine Genossenschaftswohnung einziehen möchten. Durch die Einbindung von Leuten mit Vermögen sei das Eigenkapital höher und weniger Fremdfinanzierung nötig. Durch die Vorgaben der Gemeinde sieht er diese Möglichkeit verbaut, da demnach nur Menschen ohne Vermögen Zugang zu den Wohnungen hätten. Die Initiative würde eventuell eher ein anderes Modell wählen, als das der Awohnbau-Genossenschaft.

Bürgermeister Greulich macht deutlich, dass es dem Gemeinderat "egal" sei, welches Modell die Ismaninger Genossenschaft letztendlich annehmen würde, solange die Vergabekriterien eingehalten würden. In die Interessentenliste der Awo Ismaning trugen sich nach der Informationsveranstaltung bisher 15 Bürger ein. Koschalke gehört nicht dazu. Er sieht in dem Konzept der Awohnbau "null Gewinn" für Leute, die etwas in ihre Zukunft investieren wollten. Wogenis will selbst mit der Gemeinde weiterverhandeln.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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