Wohin mit dem Rathaus?:Kirchheim sucht seine Mitte

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Quelle: SZ-Grafik (Foto: N/A)

In der Gemeinde werden zwei Standorte für das neue Rathaus diskutiert: Während die Bürger sich bei einem Informationsabend für ein Areal zwischen den Ortsteilen aussprechen, favorisiert die CSU die alte Schule und plant ein Ratsbegehren

Von Verena Fücker, Kirchheim

In der Kirchheimer Bevölkerung ist die Entscheidung, wo das neue Rathaus entstehen soll, anscheinend schon gefallen. Bei einer Informationsveranstaltung am Dienstagabend jedenfalls wurde deutlich, dass der Verwaltungskomplex zwischen den Ortsteilen Kirchheim und Heimstetten gebaut werden soll. Also genau dort, wo die Ortsmitte entstehen wird. "Ich verstehe nicht, warum man das Rathaus auf Biegen und Brechen in Kirchheim bauen will. Wenn man es auf das Feld baut, dann kann man es noch erweitern und das wird auf lange Sicht notwendig sein, denn die Gemeinde wird weiter wachsen", sagte etwa Marion Dauer.

Der Kirchheimer Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) versicherte, man wolle nichts im Hauruck-Verfahren durchbringen, es gehe um die Diskussion über zwei mögliche Varianten. Diese hatte der Rathauschef den rund 100 Besuchern zuvor erläutert. Die Kommune hat seinen Worten zufolge ein "Luxusproblem": Schließlich gebe es kaum Gemeinden, die sich frei entscheiden können, wohin sie ein öffentliches Gebäude bauen wollten. Kirchheim aber habe zwei Alternativen. Nach der 2013 beschlossenen Ortsentwicklungsmaßnahme soll das Rathaus in der Nähe des Lindenviertels an der Ecke Heimstettner Straße und Staatsstraße entstehen, wo man sofort mit dem dringend benötigten Neubau beginnen könne. Gegen den Standort spricht nach den Worten von Böltl und der Städteplanerin Petra Schober, dass das Gebäude an zwei Hauptstraßen liegen würde.

Seit Ende 2014 existiert ein weiterer Vorschlag für die Platzierung des Rathauses: Nach Böltls Vorschlag könne die Verwaltung in die alte Schule an der Münchner Straße in Kirchheim verlegt werden. Dafür müsste allerdings der Kindergarten St. Andreas weichen, doch dieser könnte nach einer Idee von Städteplanerin Schober in die alte Zimmerei umsiedeln. Wenn es nach dem Bürgermeister geht, könnte das alte Schulhaus erweitert werden, um allen Rathausmitarbeitern genügend Platz zu bieten. Außerdem ist eine Tiefgarage für die Mitarbeiter von Rathaus und Kindergarten sowie den Publikumsverkehr vorgesehen. Schober gab zu bedenken, dass diese Variante den historischen Ortskern von Kirchheim stärkt: "Mit jeder Funktion, die man aus einer Ortsmitte hinausnimmt, schwächt man sie. Das sehen wir in vielen Städten und Gemeinden, wo die Geschäfte leer stehen. Natürlich kann auch um das neue Rathaus in der Ortsentwicklungsmaßnahme etwas entstehen, aber die Frage ist, ob das so attraktiv ist." Zudem passe die Variante in der alten Schule optimal ins Ortsbild. Böltl wurde nicht müde zu betonen, dass auch die Besucher bei diesem Standort mehrere Erledigungen miteinander verbinden können. Das ginge beim Standort in der Freifläche zwischen den Ortsteilen erst viel später. Für die Bürger aus Heimstetten bedeutet ein Rathaus in Kirchheim, wie es Böltl favorisiert, aber immer noch sehr weite Wege.

Am Dienstagabend machte sich auch politischer Frust breit, etwa bei Sibylle Hausner, die seit 30 Jahren in Kirchheim wohnt: "Ich höre seitdem nichts anderes, als dass ein neues Rathaus gebraucht wird. Es tut sich aber nichts. Warum bauen wir es dann nicht da hin, wo man es direkt realisieren kann? Das ist die Variante Ortsentwicklung." Ein Argument, dass viele der Anwesenden mit ihr teilten. Heinrich Gschlössl aus Heimstetten erklärte: "Ein Rathaus zwischen den Gemeindeteilen fördert deren Integration und Verständigung. Aber wenn man sich nicht einigen kann: Das Bürgerhaus in Heimstetten steht die nächsten 15 Jahre bestimmt als Übergangslösung zur Verfügung."

Auch Böltls Argument, man könne bei einem Rathaus in Kirchheim Wege miteinander verbinden, stieß bei den Bürgern auf Ablehnung. Es waren immer wieder Argumente zu hören, wie: "Wenn ich zum Metzger gehe, dann gehe ich zum Metzger. Da ist mir das Rathaus egal." Nur die ehemalige Kreisrätin Barbara Kraft-Heinik (CSU) plädierte für den Standort Kirchheim: "Wir müssen den alten Ortskern erhalten. Unter dem alten Bürgermeister Hilger hatten wir über 20 Jahre Zeit zum Nachdenken." Während der Großteil der Bürger für eine Realisierung des Rathauses in der neuen Ortsmitte plädierte, deutet sich im Kirchheimer Gemeinderat dem Vernehmen nach keine klare Mehrheit für eine der Varianten ab: Deswegen will das Gremium auf Betreiben der CSU über ein Ratsbegehren abstimmen, um einen Bürgerentscheid anzusetzen. Problematisch ist dabei allerdings, dass sich bisher keine der vier Fragen, über die die Kirchheimer abstimmen sollen, explizit mit einem Rathausstandort in der Ortsentwicklungsmaßnahme beschäftigt. Im Endeffekt würden sie nach jetzigem Stand zwar möglicherweise das Rathaus in der alten Schule ablehnen. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass sich die Gemeinde dann automatisch genötigt sieht, das Rathaus in der Ortsentwicklungsmaßnahme umzusetzen.

Die anderen Parteien im Gemeinderat sind den Ideen des Bürgermeisters zum Rathausneubau ohnehin nicht gewogen: Rüdiger Zwarg von den Grünen warf Böltl bereits vor, seine Wahlversprechen, das Rathaus zwischen den Ortsteilen anzusiedeln, gebrochen zu haben. SPD-Gemeinderat Marcel Prohaska (SPD) hielt einen anderen Standort als genau dort für eine "Bankrotterklärung". Das Rathaus zwischen Kirchheim und Heimstetten sei schließlich "das Herzstück der Ortsentwicklung".

© SZ vom 09.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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