Vorreiter-Gemeinde:Pioniere mit Problemen

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Putzbrunn führte als erste Kommune im Freistaat die Doppik ein - und muss die Bilanz korrigieren. Auf den Kosten bleibt die Gemeinde sitzen

Von Stefan Galler, Putzbrunn

Ausgerechnet Putzbrunn: Ein gemütlicher Ort, ländlich geprägt, mit schönen Wohngegenden, aber auch etlichen alten Bauernhöfen und einem überschaubaren Gewerbegebiet. Diese 6000-Einwohner-Gemeinde wollte es schon 2002 wissen: Als allererste Kommune in Bayern führte sie damals die doppelte Buchführung ein, etwa zeitgleich mit Hallbergmoos im Landkreis Freising. "Damals gab es nur in Teilen bereits rechtliche Grundlagen und wenig verbindliche Regeln, etwa darüber, wie man die Vermögenswerte einer Gemeinde korrekt ermittelt", sagt Edwin Klostermeier (SPD), damals neu gewählter Gemeinderat, heute Bürgermeister Putzbrunns.

Unter der Leitung seines Vorgängers Josef Kellermeier (CSU, später parteifrei) gingen die Putzbrunner das Wagnis dennoch ein, ihnen blieb nichts anders übrig, als die Werte, etwa jene von gemeindeeigenen Straßen, teilweise zu schätzen. "Einige Räte waren damals der Meinung, es wäre sinnvoller gewesen, mit der Eröffnungsbilanz noch ein Jahr zu warten", sagt Klostermeier heute. "Aber der persönliche Ehrgeiz meines Vorgängers hat sich dann doch durchgesetzt." Und deshalb wurde die Pionierarbeit der Putzbrunner in Sachen "Doppik" zum Schnellschuss.

Denn neun Jahre nach der Eröffnungsbilanz, im Sommer 2011, kontrollierte der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) erstmals das Zahlenwerk - und fand gravierende Mängel vor. Unvollständige Dokumentationen, fehlende Unterlagen, nicht nachvollziehbare eingebuchte Werte, der BKPV monierte allerhand in der Rechnung. Und forderte eine Neuaufstellung der alten Bilanz.

Zähneknirschend kamen Klostermeier und seine Verwaltung der Ansage nach, allerdings nicht ohne den Prüfungsverband zu kritisieren: "Neun Jahre später daherzukommen, ist schon ärgerlich", sagte der Bürgermeister. "Vermutlich hat sich der BKPV vorher gescheut, die Bilanz zu prüfen, weil es ihnen selbst an Leuten mangelte, die in der Doppik ausgebildet sind."

Die Kosten bleiben so oder so an Putzbrunn hängen - und sie sind beträchtlich: Alleine 40 000 Euro gehen für einen externen Berater drauf, dazu musste eine eigene Kraft für die Finanzabteilung eingestellt werden und die Prüfung an sich kostet natürlich auch eine Stange Geld. "Mindestens 100 000 Euro müssen wir für die überarbeitete Bilanz einrechnen", sagt der Bürgermeister. Derzeit sind die Putzbrunner durch das bayerische Innenministerium von der Bilanzerstellung befreit, doch im Frühjahr soll die Neubewertung endlich fertiggestellt werden: Nach einer noch ausstehenden Straßenbefahrung könne man die korrigierte Bilanz dann endlich an den Prüfungsverband übergeben, sagt Bürgermeister Klostermeier, der grundsätzlich durchaus ein Freund der Doppik ist: "Das ist eine aussagekräftige Kosten-Leistungsrechnung, Wertverluste werden im Detail dargestellt und durch die Summe der Abschreibungen wissen wir sehr genau, wie viel wir erwirtschaften müssen", sagt Klostermeier.

Der Putzbrunner Rathauschef kennt allerdings auch die Nachteile der doppelten Buchführung: "In einer Kommune herrscht das Primat der Politik, das heißt, dass wir viele Aufgaben wahrnehmen, die wir nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bewerten können." Und gerade Leistungen im sozialen Bereich seien in einer Bilanz eben nicht konkret darstellbar, weil ihre Wirkung ideellen, jedoch keinen materiellen Wert habe, so Klostermeier weiter.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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