Unterschleißheim:Widerstand gegen Wachstumskurs

Lesezeit: 2 min

Laut einer Umfrage des Bundes Naturschutz lehnen zwei Drittel der Unterschleißheimer die aktuellen Bauprojekte ab

Von Alexandra Vettori, Unterschleißheim

Das stete Wachstum ihrer Stadt hinterlässt bei vielen Unterschleißheimern ein ungutes Gefühl. Allerorten wird verdichtet, die letzten freien Flächen verschwinden unter Neubauten. Auch die Gewerbeprojekte, die gerade am Anlaufen sind, haben nicht nur Freunde. Derzeit unternimmt die Stadt einen neuen Anlauf, ihren Flächennutzungsplan zu aktualisieren, der die bauliche Entwicklung für die nächsten zehn bis 15 Jahre vorgibt. Und schon regt sich Widerstand in der Bevölkerung, wie schon vor sechs Jahren, als die Stadt letztmalig einen neuen Flächennutzungsplan aufstellen wollte. Der örtliche Bund Naturschutz hat jetzt knapp 200 Passanten nach ihrer Meinung gefragt. Die überwiegende Mehrheit war für Naherholung und weniger Neubauten.

Business Campus, Opus Plaza, Menlo Park - all die wohlklingenden Namen der Bürobauten, die momentan in Unterschleißheim geplant werden, können es nicht kaschieren: Es wird gebaut und gebaut und wo gebaut wird, sagen die Wachstumskritiker in Unterschleißheim, entsteht Verkehr und verschwindet mangels Grün und Landschaft die Lebensqualität. Aus diesem Grund stehen vor allem die Grundstücke zwischen dem südlichen Ortsrand und dem beliebten Naherholungsziel Berglwald in Zentrum des Interesses. Der massive Bürgerprotest gegen die Bebauung dieser Felder hat schon vor sechs Jahren den Stadtrat bewogen, das Areal aus der Liste der letzten Baulandreserven zu streichen. Das, so befürchten Anwohner, solle nun im zweiten Anlauf revidiert werden.

Wie wenig sich die Meinung der Bürger verändert hat, zeigt eine kleine Blitz-Umfrage, die der örtliche Bund Naturschutz (BN) am vergangenen Wochenende vorgenommen hat. Er befragte 192 Passanten, der Großteil sprach sich für ein langsameres Wachstum aus. 82 Prozent lehnen dem BN zufolge neue Häuser zwischen Berglwald und Ortsrand ab.

Nach dem Prinzip der Zufälligkeit habe man die 192 Interviewten ausgewählt, betont die Unterschleißheimer BN-Vorsitzende Birgit Annecke-Patsch. Die Interviewer hatten Passanten jeweils sechs Fragen zur Stadtentwicklung gestellt. 98 Prozent betonten die Bedeutung von gut erreichbaren Grün- und Naherholungsgebieten, 58 Prozent plädierten gegen ein Zusammenwachsen von Ober- und Unterschleißheim, 30 Prozent könnten damit leben. Eher uneinheitlich waren die Antworten zur Gewerbeentwicklung. Viele fanden mehr Arbeitsplätze am Ort zuerst positiv, hohe Mieten und viel Verkehr aber nicht. Im Mittel befürwortete laut Patsch ein Viertel der Befragten den wachstumsbetonten Kurs der Stadt, mehr als zwei Drittel lehnen ihn hingegen ab. Birgit Annecke-Patsch räumt ein, eine solche Umfrage sei nicht repräsentativ. "Dennoch liefert sie ein eindeutiges Stimmungsbild."

Schon bei der Bürgerversammlung vor einigen Wochen hatte Jürgen Bootz von der Initiative für ein lebenswertes Unterschleißheim viele Fragen rund um die Neubauprojekte gestellt. Mit dabei war auch die nach gemeinsamen Planungen mit der Nachbargemeinde Oberschleißheim für eine Autobahnanschlussstelle an die A 92 bei Riedmoos. Diese könnte den in Unterschleißheim geplanten Business Campus und Opus Plaza anbinden und wäre gleichzeitig der erste Teil einer westlichen Umgehungsstraße für Oberschleißheim.

Als kürzlich bei der Bürgerfragestunde im Stadtrat das Thema aufkam, erklärte Bürgermeister Christoph Böck (SPD), es seien noch keine Entscheidungen gefallen. Alles, was derzeit im Rathaus geschehe, seien verwaltungstechnische Vorbereitungen, die dem Stadtrat als Entscheidungsgrundlage dienten. Die Kritiker bleiben jedenfalls in Habachtstellung, wie BN-Vorsitzende Birgit Annecke-Patsch betont: "Sollte die Politik die Bedenken der Bürger und die Belange der Natur weiterhin übergehen, wäre ein Bürgerbegehren eine reelle Option."

Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage sind unter www.schleissheim.bund-naturschutz.de zu finden.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: