In die Rolle eines wilden Tieres schlüpfen, sich als Helden oder Fabelwesen unter Beobachtung von erfahrenen Schauspielern auf die Bühne trauen und schließlich mit einem tosenden Applaus von Gleichaltrigen belohnt werden - das klingt nach einem spannenden Projekt. Der Theaterverein "G´fildner Bühne Lohhof" sucht derzeit nach jungen Schauspielern, die am letzten Novemberwochenende dieses Jahres in Unterschleißheim auf die Bühne möchten.
Selbst wenn die einzigen Auftritte vor Publikum bislang das Gedicht oder Ständchen an Weihnachten für die Großeltern war, macht das gar nichts. Bühnenerfahrung ist für die Theatergruppe in Unterschleißheim zweitrangig. Im Casting wird das Scheinwerferlicht vielmehr auf verborgene Stärken der Bewerber gerichtet. "Ihre Aufgabe ist es, einen von uns ausgewählten Text vorzulesen", sagt Gudrun Liedl, 60, die seit 14 Jahren selbst regelmäßig auf der Bühne steht und in diesem Jahr die Regie des Stückes übernimmt. Während die Kinder und Jugendlichen auf dem Lesepult dann ihr Bestes geben, achtet die Jury neben dem Ausdruck und der Betonung vor allem auf deren Ausstrahlung. "Häufig haben die Bewerber irgend eine kleine Besonderheit, die uns letztlich überzeugt", sagt Liedl. So können sogar Unerfahrene punkten - noch nie mussten Liedl und ihre Kollegin Doris Langheimer einen Bewerber nach Hause schicken. Während des Vorlesens spinnen die zwei Frauen offenbar schon erste Szenen und Rollen darin zusammen. "Noch wissen wir nicht was wir spielen, wir machen es von unseren Mitspielern abhängig und lassen uns von ihnen inspirieren", erklärt Liedl.
Ins kalte Wasser möchte man die Nachwuchstalente dann doch nicht schubsen. Neben der von Oktober an wöchentlich stattfindenden Probe, ist ein Workshop für ein Wochenende geplant. "Sprach- und Spielübungen, viel Spaß und ein gemeinsames Abendessen stehen auf dem Programmplan", erklärt Liedl. Und auch das mühselige Pauken von Rollentexten unterliegt offenbar einem Mythos. "Aus meiner Erfahrung in der Regie weiß ich, dass Kinder sich problemlos und schnell Texte merken können - viel schneller als Erwachsene", meint Liedl.
Gelegentlich entwickelt sich aus dem spontanen Projekt dann auch mal mehr und es wird zum Traumberuf. "Wir hatten eine 18-jährige Teilnehmerin, die völlig unerfahren zu uns kam. Jetzt bewirbt sie sich für einer Musical-Hochschule", berichtet Liedl.
Zweifellos ist es heute auch ihre Leidenschaft geworden: Auf der Bühne in fremde Charaktere schlüpfen und jegliche Scheu dabei ablegen. Das war nicht immer so. "Beruflich bin ich Sekretärin und das hat ja nun mal gar nichts mit dem Schauspielern zu tun", so Liedl. Anders wäre es auch langweilig, meint die 60-Jährige. Denn wer sich bloß selbst spielen kann, wird wohl keine Bühnengröße.