Unterschleißheim:"Mathe ist ein knallhartes Fach"

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Fachoberschule Unterschleißheim will die Abbrecherquote durch Aufklärung senken

Von Alexandra Vettori, Unterschleißheim

Die Abbrecherzahlen in den zwölften Klassen der bayerischen Fachoberschulen sprechen Bände: Im Durchschnitt ist es ein knappes Drittel, das innerhalb des ersten Schuljahres das Handtuch wirft. Die Gründe sind vielfältig, viele Real- und Mittelschüler mit Mittlerer Reife glauben, dass ein höheres Einkommen und Karriere im Beruf nur mit einem Fachabitur möglich sei, unterschätzen aber die schulischen Anforderungen. Aus dem Grund hat die Unterschleißheimer Therese-Giehse-Realschule in dieser Woche zwei Informationstage für ihre Zehntklässler organisiert. Eingeladen waren Vertreter verschiedener Berufsgruppen, die eines einte: Sie haben es auch mit dem mittleren Bildungsabschluss zu etwas gebracht.

Lehrerin Nina Singer hat die Veranstaltung organisiert und mit dem Titel "Die Chancen der Mittleren Reife" überschrieben. Zusätzlich zu den Berufsvertretern aus Gastronomie, Hotelgewerbe und anderen Bereichen lud sie auch einige ehemalige Therese-Giehse-Schüler ein, die von ihren Erfahrungen an der Fachoberschule (FOS) berichteten. Bettina zum Beispiel, die mit dem festen Berufsziel Lehrerin an die Unterschleißheimer FOS gegangen ist und derzeit im Rathaus ein Praktikum ableistet, bereitete die Zehnklässler vor allem auf eines vor: "An der FOS ist es anders als auf der Realschule, da fehlt die familiäre Umhüllung." So erlaube es die strenge Taktung aus Praktikumsblöcken und Schulunterricht den Lehrern beispielsweise nicht, Prüfungstermine zu verschieben. Auch bei den schulischen Anforderungen gehe es anders zu, "Mathe ist ein knallhartes Fach", sagte die Elftklässlerin. Das bestätigte auch Nina. Sie hat die FOS nach drei Monaten verlassen, macht derzeit ein Praktikum in einer Kinderkrippe und ist ihrem Berufswunsch, Erzieherin, damit schon recht nah.

Dass die Entscheidung für einen Beruf, der der eigenen Persönlichkeit am ehesten entspricht, tatsächlich die wichtigste Entscheidung ist, wichtiger als der Schulabschluss, das bestätigten alle übrigen in der Runde. Jutta Weißhäupl zum Beispiel machte 1989 ihren Realschulabschluss, danach eine Lehre zur Bankkauffrau, später ein Abendstudium an der Verwaltungs- und Betriebsakademie. Zwölf Jahre lang habe sie dann in einer Bank gearbeitet, erzählte sie, dann hängte sie eine Ausbildung zur Informatikerin dran und entwickelt jetzt Rechneranwendungen für eine Bank. Ihr Credo: "Der Mensch verändert sich, und wenn man weiß, was man will, kann man es meistens auch tun."

Ähnlich beeindruckend hörte sich die Geschichte von Oliver Zeiler aus Simbach am Inn an. Er hat Koch gelernt, eröffnete irgendwann seine eigene Gaststätte und leitet heute ein Gastronomieunternehmen mit zwei Restaurants, drei Veranstaltungshallen und knapp 100 Mitarbeitern. Längst bildet Zeiler-Gastronomie selbst Lehrlinge aus, und dabei, betonte Oliver Zeiler, seien nicht diejenigen mit dem höheren Schulabschluss die besten, "sondern, die, denen die Sache Spaß macht." Der berufliche Aufstieg stehe einem jungen Menschen, der an die Realschule eine Ausbildung anhänge danach immer noch offen, sagte Oliver Zeiler, in Form eines fachbezogenen Studiums.

Schließlich stellte auch Rainer Warta seinen beruflichen Werdegang vor. Mit einem Realschulabschluss absolvierte er zuerst eine Lehre als Einzelhandelskaufmann. Schließlich ging er zur Bundeswehr und von dort zur Polizei. Nach dem Streifendienst war er vier Jahre in geschlossenen Verbänden bei Fußballspielen und Demonstrationen eingesetzt, bis er sich auf der Beamtenhochschule für den gehobenen Dienst qualifizierte. Jetzt arbeitet Rainer Warta bei der Kriminalpolizei. Auch er schärfte den Zehnklässlern in Unterschleißheim ein, dass der Schulabschluss nicht alles sei: "Wenn du Abitur hast und du bist ein fauler Hund, ist es trotzdem schwierig."

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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