Unterschleißheim:Härtefall oder persönliches Pech?

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Durchgangsstraße oder Anliegerstraße? Je nachdem kommt der Ausbau Anlieger Marcus Kolbe teuer oder teurer. (Foto: Florian Peljak)

Unterschleißheimer fürchten horrende Zahlungen für den Ausbau der alten B 13

Von Michael Morosow, Unterschleißheim

Auf der Südlichen Ingolstädter Straße verkehren täglich um die 5000 Fahrzeuge. Jetzt wird sie ausgebaut, und 90 Prozent der Kosten - mindestens 2,3 Millionen Euro - sollen auf gerade einmal 75 Anwohner umgelegt werden. Im Einzelfall, so rufen sich die Betroffenen zu, könne das einen sechsstelligen Betrag ausmachen. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, zetern sie. Die Stadt habe keinen Spielraum, heißt es aus dem Rathaus.

Der Unterschied zwischen beiden Abrechnungsarten ist enorm, kann im Einzelfall mehrere zehntausend Euro ausmachen. Die Frage, welche Satzung nun zur Anwendung kommen wird, soll an diesem Montagabend im Bauausschuss beantwortet werden, wo das von der Stadt beauftragte Gutachten vorgestellt wird. In ihrer rechtsgutachterlichen Stellungnahme kommt das Büro Döring und Spieß zu dem Schluss, dass es sich bei den Arbeiten um eine Ersterschließung handelt, bei der Anwohner 90 Prozent der Gesamtkosten tragen müssen, und somit nicht um einen Straßenausbau, bei dem nur 80 Prozent fällig würden. Auf der anderen Seite nähren die Gutachter in ihrer Expertise die Hoffnung der Anlieger, dass ihre Situation als Härtefall eingestuft wird, für den im novellierten Kommunalabgabengesetz eine Übergangsregelung geschaffen worden ist. Unter bestimmten Voraussetzungen, und die seien gegeben, könnte die Stadt den Anliegern ein Drittel ihrer Anteile erlassen. Ob die Stadt von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, wird wohl erst am 18. Mai im Stadtrat entschieden.

Der Unterschleißheimer Fall ist einzigartig und kompliziert. Die Straße, in den 1930er-Jahren als Fernverkehrsstraße gebaut, fiel 1989 in die Straßenbaulast der Stadt, nachdem parallel zu ihr die neue B 13 gebaut worden war. Inzwischen wurden auf beiden Seiten Wohnhäuser und Gewerbestätten hochgezogen. Die zentrale Frage lautete also: Besaß die alte Straße, als sie vor gut 80 Jahren hergestellt wurde, eine Erschließungsfunktion? Nein, befindet der Gutachter. Schließlich fehlten dazu Straßenentwässerung und -beleuchtung. Anwohner Marcus Kolbe spricht von einem "persönlichen Pech der Anlieger", dass die alte B 13 eingemeindet und seit Anfang der Achtzigerjahre nicht angefasst worden sei. Dass er bis heute nicht weiß, wie hoch sein Anteil sein werde, ärgere ihn. "5000 Euro sind kein Problem, 50 000 Euro aber sind für viele existenzgefährdend", sagt Kolbe. Seinen Anteil schätze er auf 30 000 Euro, allerdings ging Kolbe von lediglich 40 betroffenen Anwohnern aus. Die Erklärung von Bürgermeister-Referent Thomas Stockerl, dass der Anliegeranteil durch 75 geteilt werden würde, dürfte daher ihn freuen.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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