Unterschleißheim:Ein Weg aus dem Minus

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Die Schuldnerberatung verschafft den Betroffenen eine neue Perspektive, verspricht Matthias Hilzensauer. (Foto: Angelika Bardehle)

Caritas-Schuldnerberatung berät an diesem Donnerstagvormittag am Info-Telefon

Von Claudia Wessel, Unterschleißheim

Wie soll das bloß weitergehen? Das fragen sich viele Menschen, bei denen sich Schulden angehäuft haben und die es nicht schaffen, sie selbständig wieder abzuzahlen. Die Zahl dieser Verzweifelten steigt, wie Matthias Hilzensauer, stellvertretender Kreisgeschäftsführer der Caritas, berichtet. So wurden 2013 insgesamt 930 Menschen aus dem Landkreis bei der Schuldnerberatung der Landkreis-Caritas persönlich beraten. 2014 waren es 935. Die Gesamtschulden allein der Klienten von 2014 machten mehr als 17 Millionen Euro aus, das waren im Durchschnitt pro Person 18 300 Euro. Der höchste Betrag, den ein Hilfesuchender seinen Gläubigern schuldete, waren 225 000 Euro. An diesem Donnerstag, 18. Juni, von 9 bis 12 Uhr kann man sich telefonischen Rat geben lassen. In der bundesweiten "Aktionswoche Schuldnerberatung 2015" mit dem Thema "Arm und überschuldet trotz Arbeit" bietet die Caritas ein Info-Telefon an. Am Apparat ist Elisabeth Heinz vom Standort Unterschleißheim, sie ist zu erreichen unter der Nummer 089-32 18 32 21.

Viele der Klienten in der Schuldnerberatung sind Alleinerziehende, die aufgrund ihrer Kinder und der notwendigen Betreuung nur Teilzeit arbeiten können. Wenn sie anrufen, haben sie oft einen Dispokredit, den sie nicht mehr abzahlen können, ein mit Ratenkredit gekauftes Auto, ein ebensolches Handy und vielleicht noch Möbel und mehr aus dem Versandhaus. Doch auch Leute mit gutem Einkommen sind nicht selten verschuldet. Oft komme dies von einem Wechsel in der Lebenssituation, so Hilzensauer, etwa durch Scheidung. Denn die Folgen seien oft doppelte Haushaltsführung und Unterhaltszahlungen.

Auch eine zeitweise Arbeitslosigkeit kann einen aus der Bahn werfen, sodass hohe Kredite, di e man zu besseren Zeiten abgeschlossen hat, gekündigt werden, die Vollstreckung und womöglich ein Gerichtsverfahren folgen. Gefährdet seien auch sehr junge Leute, die nicht selten schon mit 22 oder 23 Jahren nicht mehr ein und aus wissen. "Sie verdienen ihr erstes Geld und können nicht wirtschaften", erklärt Hilzensauer. "Dann löst oft ein Ratenkredit den nächsten ab."

In manchen Fällen entstehen die Schulden durch pure Not und Armut, in einigen allerdings auch durch Leichtsinn, räumt Hilzensauer ein. Doch bei der Hilfe macht man in der Schuldnerberatung da keinen Unterschied. Selbst wenn jemand nach fünf Jahren wieder mit neuen Schulden dasteht, wird er nicht weggeschickt. Um sich an die Beratungsstelle zu wenden, muss man sich übrigens nicht schon in einer völlig ausweglosen Lage befinden, betont Hilzensauer. "Je früher man sich an uns wendet, desto besser." Auch wenn man es nur nicht schafft, den Dispokredit in Höhe von 3000 Euro wieder ins Plus zu kriegen oder wenn man die Gebühren für die Kindertagesstätte nicht aufbringen kann oder andere kleine Probleme hat, kann man sich an die Helfer wenden.

Mit den Betroffenen macht man zunächst einen Haushaltsplan. Alle Schulden werden zusammengestellt, eine Gläubigerliste wird gemacht und kontrolliert, ob überhaupt alle Forderungen berechtigt sind. Den Kontakt zu den Gläubigern kann entweder der Schuldner selbst aufnehmen oder aber die Schuldnerberatung mit einer Vollmacht von ihm. Letzteres kann sich positiv auswirken, da "unser Ruf sehr gut ist", so Hilzensauer. Die Gläubiger wüssten, dass ein Zahlungsversprechen, das eine Schuldnerberatung mache, auch immer eingehalten werde. Ist jemand sehr hoch und hoffnungslos verschuldet, könne es helfen, sich für die Vermögensauskunft, ehemals Offenbarungseid, zu entscheiden. "Dann hat man erst mal drei Jahre Ruhe und kann sein Leben neu ordnen", so Hilzensauer.

© SZ vom 18.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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