Unterschleißheim:Die Angst ist wechselseitig

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Margot Kainz reagiert auf Vorbehalte gegen psychisch Kranke

Interview von Gudrun Passarge, Unterschleißheim

Im Oktober ist Regenbogen Wohnen in die Sozialeinrichtung an der Feldstraße in Unterschleißheim gezogen. Dort wohnen 68 Menschen mit psychischer Erkrankung - 13 auf einer beschützenden Station, weil sie selbstmordgefährdet sind, 16 in Apartments, wo sie nur gelegentlich noch Unterstützung des Fachteams bekommen, und 39 in der offenen vollstationären Einrichtung. Diese Menschen werden rundum betreut, können aber jederzeit das Haus verlassen. Bei einer Informationsveranstaltung des Hauses wurde offenbar, dass die Anwohner erhebliche Vorbehalte gegen ihre neuen Nachbarn haben. Warum das so sein könnte und was das Haus tun kann, darüber spricht die Geschäftsführerin von Regenbogen Wohnen, Margot Kainz.

SZ: Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem Informationsabend?

Margot Kainz: Wir werden versuchen, Begegnung zu organisieren. Das können jetzt zur Weihnachtszeit Leute sein, die Lust haben, mit uns Plätzchen zu backen. Das ist jetzt nicht die Masse, aber wenn ein bis zwei Menschen positive Erfahrungen gemacht haben, dann geben sie es weiter. Eine andere Möglichkeit ist, Kindergärten und Schulen anzusprechen. Wir wollen, dass Menschen zu uns ins Haus kommen, in kleinen Gruppen. Wir werden auch unsere Klienten ermuntern, am Vereinsleben in der Stadt teilzunehmen. Möglich wären auch noch Ausstellungen und kreative Projekte, die wir mit unseren Kunst- und Musiktherapeuten organisieren würden. Da wo es geht, sollten sich unsere Klienten integrieren.

Wo kommen diese Ängste her?

Einmal sind es die Medien, die teils undifferenziert über Straftaten psychisch kranker Menschen berichten. Dann aber verursacht alles, was zunächst unbekannt und fremd ist, große Unsicherheit. Einen Anteil haben wohl auch soziale Medien, in denen jeder alles unkritisch behaupten kann.

Wer sind denn die neuen Nachbarn hier im Haus?

Wir haben unsichere und antriebsarme Menschen, die mindestens genauso viel Angst vor ihrer Umgebung haben wie umgekehrt.

Einige hatten auch Sorge, sie könnten Sexualstraftäter hier beherbergen.

Nein, diese klassischen Sexualstraftäter haben wir nicht. Darauf sind wir nicht spezialisiert, und die würden wir auch nicht nehmen, vor allem nicht in einem Wohngebiet. Aber die Hand ins Feuer legen kann ich nicht dafür, dass nicht zum Beispiel mal einer der Bewohner eine Zigarettenschachtel mitgehen lässt.

Es gab auch Klagen über laute Bewohner auf dem Balkon.

Wenn das in der normalen Nachbarschaft passiert, dann redet man miteinander. Bei uns ist das gleich ein Politikum. Wir müssen auch prüfen, ob der Schallschutz in Ordnung ist, denn eigentlich sind unsere Leute nicht so, dass sie brüllen.

Wie werden Sie künftig mit den Beschwerden umgehen?

Wir werden ein sehr konkretes Beschwerdemanagement entwickeln. Wir nehmen das sehr ernst. Wir werden versuchen, einzelne Dinge abzustellen und wollen, dass die Leute schnell eine Rückmeldung bekommen.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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