Die Szenerie hat etwas Unwirkliches, alles ist in blaues und rosafarbenes Licht gehüllt. Aus dem Zirkuszelt scheint eine Jurte geworden, in der sich die sphärischen Klänge von Klangschalen und Rasseln fangen. Das Publikum ist gebannt, viele haben die Augen geschlossen, da setzt die Trommel ein, ein archaischer Ruf, dem schmelzende Geigentöne folgen. Als Martina Eisenreich zur Flöte wechselt, folgen ihre die Zuhörer ohne Zögern in irische Grashügel, keiner, der da nicht wippt, im rasanten Rhythmus. Eine Melange aus Balkan und Bluegrass, Musette, Gypsy und Tanzmusik versprach das neue Album des Martina Eisenreich Quartetts Contes de Lune, Mondgeschichten, eine Mischung jedenfalls, die das Publikum beim Zeltfest am Samstagabend im Sportpark begeistert hat.
Am Abend zuvor, als die bayerische Band Fei Scho mit ihrer alpinen Weltmusik im kleinen Zirkuszelt ihr neues Programm Weltsprung präsentierte, waren es sogar an die 100 Besucher. Seit mehr als 20 Jahren gibt es das kleine Zeltfest in Unterschleißheim. Eigentlich ist es aus dem Ferienprogramm entstanden. Weil für die Zirkusschule von Joschi Frank ohnehin ein Zelt aufgestellt wurde, kam man im Kulturamt der Stadt auf die Idee, dort an den Spätnachmittagen, wenn der Mitmachzirkus fertig war, Kindertheater zu veranstalten und abends Konzerte. Das Konzept geht bis heute auf, nicht nur Unterschleißheimer nehmen das kulturelle Angebot dankbar an, in einer Zeit, da die Sommerferien begonnen haben und das Land in Urlaubsstarre fällt. Nur zweimal hat das Zeltfest nicht in dem kleinen Park zwischen Schwimmbad und Fußballstadion stattgefunden, da war es, eine Nummer größer, in das Zeltival integriert, das zusammen mit dem Jugendzentrum ausgerichtet wurde.
Kino für die Ohren nennt das Quartett aus Martina Eisenreich, (Violine, Gesang, Flöte ), Christoph Müller (Gitarre), Wolfgang Lohmeier (Schlagzeug, Perkussion) und Stephan Glaubitz (Kontrabass) seine Musik. In der dichten Atmosphäre des kleinen blauen Zirkuszelts konnte sich das Kino voll entfalten, besser als in der Programmankündigung lässt sich die Musik nicht beschreiben: "Melodien überirdisch schön und innig, dazu eine frische Prise von virtuosem Wirbelwind. Das Schlagzeug ist eine seltsame Wundermaschine, dazu sägt ein singender Kontrabass seine dunkelwarmen Töne." Martina Eisenreich stammt aus Erding, wurde schon mit 15 Jahren an der Münchner Hochschule für Musik und Theater aufgenommen, arbeitet heute als Komponistin und unterrichtet seit sechs Jahren Filmmusik und Sounddesign an der Hochschule für Film und Fernsehen. Mit ihren Quartettpartnern bringt die Multi-Instrumentalistin mit der roten Haarmähne außerdem sinnesfreudige Musik auf die Bühne. In Unterschleißheim war das Quartett schon früher einmal, zum Zeltfest lockte es jetzt erneut mehr als 80 Besucher an.
Susanne Schuller vom Unterschleißheimer Kulturamt, die das Zeltfest seit Jahren organisiert, war auch heuer mit der Resonanz zufrieden. Nur die nachmittäglichen Kindertheatervorstellungen, bei denen das Zelt sonst meist voll ist, seien wegen der sommerlichen Hitze nicht so gut besucht gewesen. "Aber es war viel Mitmachtheater dabei und es waren immer genügend Kinder da, um mitzumachen", sagt sie. Das Mitmachen war für die Kinder wieder kostenlos möglich. Am Sonntagabend fand eine Vorstellung statt, bei der die Kinder vor Publikum auftragen. Ein Zeltfest werde es auf jeden Fall auch nächstes Jahr geben, verspricht Schuller. Die Unterschleißheimer sehnen nicht nur Jahr für Jahr die Ferienzeit herbei. "Wir bekommen oft schon im Januar die ersten Anfragen von Stammbesuchern, was denn in diesem Jahr so geboten ist"