Unterschleißheim:Ärger um geplantes Mittelzentrum

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Das Landesentwicklungsprogramm sieht vor, Unterschleißheim, Eching und Neufahrn gemeinsam aufzustufen. Nicht alle sind mit dem Vorschlag glücklich. Einige Nachbarkommunen sollen gar nicht einbezogen werden

Von Alexandra Vettori und Birgit Grundner, Unterschleißheim

Einigen Ärger hat im Hallbergmooser Rathaus ausgelöst, dass die Staatsregierung Unterschleißheim, Neufahrn und Eching zu einem Mittelzentrum im Landesentwicklungsprogramm aufstufen will, Hallbergmoos aber draußen bleiben soll. Dabei versucht die Flughafengemeinde schon seit 2013, vom Grund- zum Mittelzentrum zu werden. Hintergrund der Diskussion ist die derzeit laufende Fortschreibung des Landesentwicklungsprogrammes (LEP), das die räumliche Entwicklung im Freistaat festlegt. Kriterien für Mittelzentren sind mindestens 35 000 Einwohner und die Funktion als Anlaufpunkt für die Versorgung mit Waren, Dienstleistungen und Infrastruktur, also mit Fachärzten, Kaufhäusern, kulturellen Angeboten, Rechtsanwälten, Schwimmbädern und weiterführenden Schulen.

Unterschleißheim, die größte Kommune im Landkreis München, versucht seit Jahren, Mittelzentrum zu werden. Jetzt zeigt sich das zuständige Heimatministerium willig, jedoch nur im Verbund mit den beiden Nachbargemeinden im Landkreis Freising. Im Unterschleißheimer Rathaus ist man damit zufrieden. Konkrete Vorteile seien zwar nicht so leicht festzumachen, allerdings sei es als Mittelzentrum leichter, Infrastruktur-Einrichtungen anzusiedeln, erklärt Thomas Stockerl, Referent des Bürgermeisters. "Die Vorteile liegen im raumordnungsrechtlichen Bereich".

Im Hallbergmooser Rathaus hat man die Aufstufung freilich noch nicht abgeschrieben. Zwar heißt es in einem Schreiben des zuständigen Staatsministers Markus Söder, dass Hallbergmoos eigenständiges Grundzentrum in Nachbarschaft zum Mittelzentrum Unterschleißheim, Eching, Neufahrn bleiben solle, weil gewerbliche Entwicklung und Einzelhandelsgroßprojekte ja ohnehin zulässig seien. Das hört man in Hallbergmoos zwar gerne, doch zufrieden gibt man sich mit dieser Aussage nicht. Vielmehr gibt die Gemeinde jetzt erneut eine Stellungnahme bei der Fortschreibung des LEP ab, in der sie um Aufnahme in das Mittelzentrum der westlichen Nachbarorte bittet. Als Argument bringt man vor, dass Hallbergmoos nach wie vor einem ständigen und überproportionalen Wachstum unterliegt. Neben der infrastrukturellen Bewältigung dieser Entwicklung sei es auch erforderlich, die Daseinsvorsorge für die Bürger und die Beschäftigten im Munich Airport Business Park sicherzustellen, was als Mittelzentrum leichter sei. Ganz anders dagegen lief jüngst die Diskussion zum gleichen Thema im Neufahrner Gemeinderat. Denn die Pläne, ein landkreisübergreifendes Mittelzentrum zu schaffen, stoßen dort durchaus nicht nur auf Gegenliebe. Vielmehr sieht eine Reihe der Neufahrner Gemeinderäte die Sache eher skeptisch.

Sie fürchten, dass die Versorgungsfunktion der einzelnen Gemeinden geschwächt werde und Neufahrn zudem bei künftigen Gewerbeansiedlungen ins Hintertreffen geraten könnte. Denn das LEP steuert innerhalb dieser Mittelzentren nicht nur Standortentscheidungen bei Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäusern und Behörden, sondern auch die Ansiedlung großer Einzelhandelseinrichtungen. Interessante Branchen, so die Befürchtung, könnten dann für Neufahrn ausscheiden.

Beate Frommhold-Buhl (SPD) machte das an möglichen Fällen fest: Würde zum Beispiel Unterschleißheim den Zuschlag für einen Elektromarkt erhalten und sich danach ein Konkurrenzunternehmen an Neufahrn wenden, könnte der Gemeinde die Genehmigung dafür deswegen verweigert werden. Umgekehrt könnte es freilich auch passieren, dass bei Logistikbetrieben innerhalb des Mittelzentrums stets auf Neufahrn verwiesen werde, auch wenn ein Unternehmen dieser Branche nach Unterschleißheim möchte. "Das schränkt die Gemeinde schon in ihren Hoheitsaufgaben ein", resümierte die Sozialdemokratin.

Um ein "Windhundprinzip" zu vermeiden, schlägt Neufahrns Bauamtsleiter Michael Schöfer bereits jetzt konkrete Vereinbarungen vor. Skeptisch steht er jedoch dem Zusammenschluss mit Unterschleißheim gegenüber: Die Stadt liege mit Neufahrn und Eching geografisch "in einer Reihe" und sei "für Neufahrner Bürger eigentlich schlecht zu erreichen". In einer Stellungnahme zur Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms sollen solche Bedenken nun mitgeteilt werden.

Die Nachbarn in Ismaning verweisen auf eine gemeinsame Stellungnahme der Nordallianz zur Fortschreibung des Regionalplans München. Darin wird auf die enge Verflechtung der Kommunen im Norden und somit ihre Eignung als Mehrfachzentren verwiesen. Ismaning selbst, so der Tenor der Gemeinderäte, fühlt sich derzeit aber als Grundzentrum wohl.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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