Stadtzentrum:Erst klotzen, dann Abstriche machen

Lesezeit: 2 min

Unterschleißheim lässt das Gewerbezentrum am Rathausplatz groß planen, obwohl die Verkehrsprobleme kaum lösbar sind

Von Klaus Bachhuber, Unterschleißheim

Verdoppelung der Gewerbefläche, 300 neue Wohnungen: Der Unterschleißheimer Stadtrat hält an den gigantischen Plänen zur Neuordnung des Rathausplatzes fest - auch wenn die Verkehrsgutachten schon aufgezeigt haben, dass die Bewältigung des zusätzlichen Verkehrs eher knifflig wird. Immerhin hätten die Analysen aber nachgewiesen, dass es theoretisch funktionieren kann, so die mehrheitliche Lesart im Bauausschuss, jetzt soll erst mal das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs zur Neugestaltung von IAZ und Postgrundstück am Westrand des Rathausplatzes abgewartet werden.

Die Kreuzung von Raiffeisen- und Robert-Schumann-Straße mit dem Münchner Ring wird nach den Prognosen schon überlastet sein, wenn nur der Business Campus und das "Koryfeum" am Nordende des Rings voll belegt sind. Auf diesen Verkehrsknoten kommt dann noch der zusätzliche Verkehr durch den neuen Rathausplatz drauf, der Parkplätze für Kunden und Bewohner nur in Tiefgaragen anbietet, die über die Robert-Schumann-Straße angefahren werden.

Der Stadtrat hatte als Sofortmaßnahme schon beschlossen, die Kreuzung um zwei weitere Fahrspuren zu erweitern. Zur Bewältigung des künftigen Verkehrs reicht das aber bei Weitem nicht, auch wenn die Gutachter die zusätzlichen Kfz-Bewegungen schon dadurch heruntergerechnet haben, dass sie maximalen Verkehrsanteil für S-Bahn, Radler und Fußgänger angenommen haben.

Die weiteren Lösungsansätze sind nun, die Robert-Schumann-Straße zur Einbahnstraße in südlicher Richtung zu widmen. Ergänzt werden soll das durch eine neue Parallele östlich des Münchner Rings, was sich dann zu einem Einbahnring ergänzt.

Hier ist die große Schwachstelle aber, dass der gedachte Ring auch eine ideale Abfahrt in die Valerystraße hätte, sodass sich bei den prognostizierten Engpässen in der Robert-Schumann-Straße Schleichverkehr in die Wohnsiedlung dahinter ergießen würde. Erster Lösungsansatz ist hier eine Einbahnwidmung auch des nördlichen Teilstücks der Valerystraße, die aber im Ausschuss auf große Bedenken stieß. Das Problem bleibt offen. Dritter Baustein zur Bewältigung des zusätzlichen Verkehrs ist es, eine weitere Tiefgaragenzufahrt über die Robert-Koch-Straße zu erschließen. Damit würde der gesamte Verkehr, der von Norden über die Raiffeisenstraße ankommt, schon mal vor dem kritischen Knoten Robert-Schumann-Straße abgeleitet. Aktuell hat der Robert-Koch-Weg in Spitzenzeiten eine Belastung von 90 Fahrzeugbewegungen, das Gutachten prophezeit dann 280.

Auch hier gab es vielfältige Bedenken im Ausschuss. Jürgen Radtke (Grüne) tat den Ansatz komplett als "Schnapsidee" ab. Die Ecke sei "ein wesentlicher Ast für Fußgänger und Radfahrer Richtung Rathausplatz", argumentierte er. Um der Annahme maximalen Fuß- und Radverkehrs in das neue Gewerbezentrum gerecht zu werden, müsste der Bereich eher noch für Fußgänger und Radfahrer optimiert werden, forderte er, aber nicht deren Zugang durch eine Verdreifachung des Kfz-Verkehrs limitiert.

Bürgermeister Christoph Böck (SPD) räumte die diversen Probleme der Verkehrskonzeption ein. Er legte den Fokus allerdings darauf, dass die Analyse die grundsätzliche Machbarkeit nachweise. Möglicherweise komme man in der konkreten Detailplanung dann dazu, Teile dieser Vorschläge tatsächlich nicht umzusetzen - dann müsse eben die Dimension des neuen Stadtzentrums heruntergeschraubt werden, um den Verkehr zu reduzieren. Er wolle aber "mit der Maximallösung in den Wettbewerb gehen", sagte er, "von der Dichte dann nachher was runterzunehmen, ist einfacher als andersrum."

Theo Pregler (CSU) fand die Reihenfolge dieses Vorgehens "falsch". Jetzt einen Wettbewerb auszuloben und von einem wahrscheinlich stimmigen Ergebnis dann eventuell Abstriche vorzunehmen, sei fragwürdig. Gegen die Stimmen der Grünen akzeptierte der Ausschuss das Vorgehen aber einmütig. Die Wettbewerbsteilnehmer können nun 300 Wohnungen und 26 000 Quadratmeter Gewerbefläche auf die zwei Grundstücke am Rathausplatz verteilen und davon ausgehen, dass die Verkehrserschließung gelöst ist. Bereits am Dienstag ist das Preisgericht für den städtebaulichen Wettbewerb zum ersten Mal zusammengetreten, um das Verfahren konkret zu starten. Im März sollen Ergebnisse vorliegen.

© SZ vom 14.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: