Stadtplanung:Hoch, höher, Wahlkampf

Lesezeit: 2 min

Unterschleißheim modifiziert die Pläne zur neuen Stadtmittegestaltung und streitet

Die Neubaukomplexe anstelle von Post und IAZ als Westseite des Unterschleißheimer Rathausplatzes werden weniger dicht als in den ersten Entwürfen. Nach der umfassenden Bürgerbeteiligung mit mehr als 600 Kontakten und Detailbesprechungen im Stadtrat haben die Planer nun die Hausaufgabe bekommen, die Geschossfläche zu reduzieren. Die strittige Höhenentwicklung soll in der Planüberarbeitung lediglich "kritisch hinterfragt" werden.

Diese Korrekturen gingen CSU und FDP nicht weit genug. Sie lehnten die Vorgaben für die Endfassung der Pläne ab, die dann von SPD, Grünen, FB und ÖDP mit 17:11 Stimmen beschlossen wurde. Die CSU forderte eine radikale Begrenzung der Höhenentwicklung auf fünf und in streng reglementierten Kleinbereichen auf acht Stockwerke, die FDP eine weitere Reduzierung der Baudichte.

Häuser mit bis zu 14 Stockwerken, das war in der Bürgerbeteiligung das zentrale Thema - mit sehr kontroversen Ansätzen. Mehr Höhe forderten die einen, und so argumentierten im Stadtrat auch die Grünen, weniger Höhe die anderen, zu deren Vertreter sich die CSU machte. In der Auswertung des Bürgerdialogs wurden die Ansichten nicht quantifiziert oder bewertet, so dass auch der Auftrag einer "kritischen Hinterfragung" vage blieb. Die Maßzahlen für die Baudichte sollen nach unten gedreht werden. Auf Antrag der Grünen soll vor allem an Gewerbeflächen jenseits der Läden zugunsten von Wohnraum gekürzt werden. Neue Richtwerte sind gut 25 000 Quadratmeter Wohnfläche und 11 000 Quadratmeter Büro- und Praxenfläche.

Bei den Einzelhandelsflächen in den Erdgeschossen soll es bei circa 8500 Quadratmetern bleiben. An Detailvorgaben wurde noch festgelegt, attraktive Aufenthaltsflächen im öffentlichen Bereich anzubieten, die Fahrraddurchlässigkeit und die Radlstellplätze zu optimieren oder ausreichend Spielplätze vorzusehen. Ausdrücklich wird auch auf hinreichend Kapazitäten für Gastronomie hingewiesen. Das neue Hotel, das als Ersatzbau der jetzigen Anlage im IAZ-Komplex vorgesehen ist, wird auf 140 Zimmer limitiert.

Die drei Entwürfe waren in einem städtebaulichen Wettbewerb ausgewählt worden und sollen nun mit den Anregungen aus Stadtrat und Bürgerbeteiligung optimiert werden. Am 18. November wird die Jury aus den drei Weiterentwicklungen dann den Siegerentwurf auswählen, am 18. Dezember soll der Stadtrat final entscheiden.

Bürgermeister Christoph Böck (SPD) bilanzierte man habe "die Themen aus der Bürgerbeteiligung aufgegriffen". Begleitet war die Diskussion von massivem parteipolitischem Streit. Die CSU hatte nach der Präsentation der Pläne als "enttäuschend" abgetan, die Bürgerbeteiligung als völlig unzureichend kritisiert und einen kompletten Neustart des Planungsprozesses gefordert. Davon war im Stadtrat nun nicht mehr die Rede, allerdings zog die Fraktion völlig unvorbereitet ihren Änderungsantrag zum Höhenlimit aus dem Hut. SPD und FB ereiferten sich, dass die CSU zuvor bei einer internen Besprechung keine konkreten Beiträge geliefert habe, jetzt aber publikumswirksam eine populäre Position vertrete. "Jetzt kommt der große Kniefall vor dem Bürger", spottete Martin Reichart (FB). Böck nannte es "irgendwie eine taktische Geschichte".

Stefan Diehl (CSU) sagte, er habe in der Bürgerbeteiligung ein "heftiges Votum gegen Hochhäuser" wahrgenommen, das sollte aufgegriffen werden. Nach den jetzigen Plänen entstehe "die gigantische Terrassenstadt, wie wir sie in den 1970er Jahren abgelehnt haben". Manfred Riederle (FDP) bilanzierte aus den Bürgerbeiträgen "ein breites Entsetzen über die überbordende Dichte". Reichart betonte hingegen, dass es "im ganzen Raum München keinen Platz gibt, der so nach urbaner Nutzung und Verdichtung schreit".

© SZ vom 27.07.2019 / kbh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: