Sport und Spaß im Freien, Folge 7:Bauchklatscher am laufenden Band

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Im Wasserskipark Aschheim vollführen nicht nur Halbprofis tollkühne Sprünge, auch Anfänger können sich hier über den See ziehen lassen

Von Sophie Kobel

Asymmetrische weiße Würfel ragen aus dem türkis-blauen Wasser, von weitem sehen sie fast aus wie Eisberge. 19 Stück sind es, manche haben eine längliche Form mit einer scharfen Kante an der Seite, andere sind flach und niedrig.

"Das sind Features", erklärt Noé Lausch, 16, und deutet auf die Hindernisse während er seinen Neoprenanzug geraderückt. Bei der nächsten Runde will er einen "One-eighty" machen, eine 180-Grad-Drehung in der Luft. Er fährt mit seinem Board auf einen der gewölbten Würfel zu. Seine eine Hand umfasst lässig die Schlaufe des Seils, von dem er durch den kleinen See gezogen wird. Die Schanze schleudert ihn in die Luft: Sprung, Drehung, Sturz. Nach einigen Sekunden taucht sein weißer Helm zwischen den Wellen auf. Noé streicht sich die Haare aus dem Gesicht und vergewissert sich, dass mit seinem angeschnallten Board alles okay ist. Dann schwimmt er auf einen Holzsteg zu, der zum Ufer führt.

Seit 1999 gibt es den Wasserskipark in Aschheim, er ist einer von 80 in Deutschland. Hier werden nicht nur Halbprofis wie Noé mit 30 Kilometer pro Stunde über die Wasseroberfläche bugsiert. Über dem See spannt sich ein Netz von Drahtseilen. Bis zu neun Leute können hier gleichzeitig vom Liftwart eingehakt und so über den See gezogen werden. Stellt man sich zehn Minuten auf die Terrasse und beobachtet das Treiben am Lifthäuschen, erinnert so manche Szene an eine Pannenshow: Volle Konzentration, Körperspannung, korrekte Armhaltung - trotz der bemühten Anweisungen des Liftwarts macht eine junge Frau den dritten Bauchklatscher in Folge.

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(Foto: Claus Schunk)

So sicher wie Noé Lausch...

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(Foto: Claus Schunk)

...und Petra Lang steht nicht jeder auf dem Waveboard.

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(Foto: Claus Schunk)

Auf der Wasserskianlage in Aschheim können bis zu neun Personen gleichzeitig über den kleinen See gezogen werden.

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(Foto: Claus Schunk)

Liftwart Kristof Pandi bemüht sich, alle an den Sport heranzuführen.

Anlagen-Betreiberin Elisabeth Lindinger kennt dieses Szenario nur zu gut: "Manchmal sind Leute sehr enttäuscht, wenn sie nach zwei Stunden noch nicht fahren können. Aber man kann es einfach nicht vorhersagen, jeder hat eben sein ganz eigenes Tempo." Seit 15 Jahren arbeitet sie hier, sie hat schon Fünfjährige gesehen, die mühelos über den See gebrettert sind. Im Großen und Ganzen aber gilt: "Kinder müssen eine gewisse Kraft haben, um sich festhalten zu können. Das geht meistens erst ungefähr ab acht Jahren", erklärt Lindinger.

Geht man die Längsseite der ehemaligen Kiesgrube entlang, kommt man zu einer kleineren Version der Wasserski-Anlage. Hier wuseln Kinder in roten Schwimmwesten mit Gesichtern voller Sonnencreme um ein schwimmendes Holzplateau, den "Easy Start". Ein Mitarbeiter hilft dort gerade einem Jungen im Grundschulalter dabei, auf sein Kneeboard zu klettern. Hier wird das Tempo des Lifts von Hand gesteuert und der Person angepasst, die gerade an der Reihe ist. So bleibt der abrupte Ruck beim Einstieg aus, durch den so viele an der großen Anlage scheitern. Mit Erfolg: Stück für Stück rutscht der Junge auf seinem Board über die Wasseroberfläche.

"Einfach herkommen und ausprobieren geht natürlich auch immer. Am besten kommt man bei Regen, da ist wenig los und wir haben viel Zeit, um beim Üben zu helfen", sagt Lindinger lächelnd und lässt ihren Blick über den See schweifen. Auf ihre Stammkunden ist sie stolz: "Die springen teilweise bis zu vier Meter hoch und kommen fast jeden Tag." Die Rampen sind aber nichts für Anfänger, man darf sie mit dem ausgeliehenen Material aus dem Shop nicht befahren. "Wir wollen einfach nicht, dass Anfänger auf die Idee kommen, die Features spontan auszuprobieren", erklärt die Anlagen-Leiterin.

Mit Spontanität hat Petra Weilands Fahrstil nichts zu tun. Seit 35 Jahren fährt sie Wasserski, hat an deutschlandweiten Wettbewerben teilgenommen. "Als ich damals angefangen habe, gab es noch gar keine Waveboards oder Rampen", sagt die 69-Jährige und streift ihr Handtuch-Kleid über die blonden Stirnfransen. Zwei bis dreimal die Woche ist sie hier, hat die Slalom-Wasserski an den Nagel gehängt und ist dem Waveboard-Trend mit Begeisterung gefolgt. Vor vier Jahren hat sie sich ihr pink-blau-weißes Modell gekauft, und findet es noch immer das schönste Board von allen. Hunderte Male ist sie damit über Schanzen gesprungen, vor ein paar Wochen hat sie sich das Kreuzband verrissen. "Aber so ist das halt. Man muss das Wasser schon lieben für diesen Sport. Mich hat es längst erwischt, ich war schon immer eine Wasserratte", erzählt Weiland und schlüpft in ihre Sneakers.

Ein paar Meter weiter wird es auf dem grünen Filzplateau langsam voll, an sonnigen Nachmittagen warten hier bis zu 20 Personen darauf, von einem der Seile gezogen zu werden. "Komm, den nächsten nehmen wir!" ruft Liftwart Kristof Pandi einer jungen Frau zu. Es ist ihr vierter Versuch, dieses Mal soll es klappen. Die nassen Haare kleben ihr im geröteten Gesicht, als sie den Holzgriff umfasst. "21, 22, und jetzt aus der Hüfte abspringen!", dirigiert Pandi aus dem Lifthäuschen und schüttelt lachend den Kopf, als die Frau zum vierten Mal ins Wasser klatscht. "Ich leide schon immer mit und will, dass jeder alles hinkriegt, aber das Stürzen gehört halt dazu", erzählt der 17-Jährige über seinen Ferienjob. Noé ist an der Reihe, routiniert hüpft er auf seinem Board zum Stegrand. Früher war er Synchronschwimmer, aber im Waveboarden hat er seinen absoluten Lieblingssport gefunden. Der 16-Jährige blinzelt gegen die Sonne an, schnappt sich das nächste Seil und springt in die türkisen Wellen.

© SZ vom 30.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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