Sie starben 2016:Zeitzeugen verstummen

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Mahner und Ratgeber: Als Überlebender der Gräuel des Nationalsozialismus hat sich Max Mannheimer Zeit seines Lebens der Aufklärung verschrieben - vor allem an den Gymnasien. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Max Mannheimer, Haakon Sörbeye und Hubertus Lindner sind tot

Er starb in dem Haus, in dem er 1935 geboren war - eine Seltenheit mittlerweile in Grünwald. Nur noch 97 Personen seien in der Gemeinde gemeldet, die auch dort geboren sind, erzählte Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) im Juni auf der Beerdigung von Hubertus Lindner. Der Altbürgermeister, der von 1984 bis 2002 im Amt und seit 2014 wieder Gemeinderat der Parteifreien Bürger Grünwald (PBG) war, ist am 4. Juni im Alter von 81 Jahren gestorben. Noch am 31. Mai hatte er nach wochenlanger Pause wegen einer Herzoperation wieder an einer Gemeinderatssitzung teilgenommen. Obwohl seine Frau sich Sorgen gemacht hatte, war er an diesem Tag alleine mit dem Auto zur Sitzung gefahren. Im Rathaus machte er einen schwachen Eindruck, musste sich in der Pause am Büffet setzen, war aber sehr froh, wieder dabei zu sein. "Wir wussten nicht, dass es ein Abschied für immer war", sagte später sein Fraktionskollege Oliver Schmidt.

Den Tod von Max Mannheimer am 23. September haben viele Menschen als Zäsur empfunden. Denn er war einer der prominentesten Vertreter der Zeitzeugen-Generation, also der Menschen, die noch aus eigenem Erleben über die Gräuel des nationalsozialistischen Unrechtsstaats erzählen können. Max Mannheimer, der am 6. Februar 1920 in Neutitschein in der damaligen Tschechoslowakei geboren wurde, verlor seine Eltern, seine Ehefrau, zwei Schwestern und einen Bruder in den Gaskammern. Er selbst überlebte mehrere Konzentrationslager und wurde in Tutzing befreit, wo er mit anderen KZ-Insassen landete, die vom Außenlager Mühldorf nach Seeshaupt gebracht werden sollten. Trotz der Erlebnisse blieb er in Deutschland und lebte die letzten Jahrzehnte in Haar. Er machte sich einen Namen durch viele Auftritte als Zeitzeuge in Schulen und als Versöhner.

Hass hat er nie verspürt. Obwohl ihn die Deutschen als Zwangsarbeiter missbraucht und ins KZ gesteckt haben. Der Norweger Haakon Sörbeye, der in Ottobrunn in einer Außenstelle des Konzentrationslagers Dachau bis zur Evakuierung am 1. Mai 1945 wenige Tage vor der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht eingesperrt war, wollte aufklären. So war er immer wieder zu Gast in Ottobrunn und am Gymnasium. Haakon Sörbeye ist am 15. September im Alter von 96 Jahren in seiner Heimat Norwegen gestorben.

© SZ vom 29.12.2016 / cw, belo, müh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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