Rückschlag für Energiewende:Gemeinden verzichten auf Ökostrom

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Ökostrom oder Normalstrom? Darüber diskutieren viele Kommunen. (Foto: imago/blickwinkel)

Putzbrunn und Straßlach-Dingharting verabschieden sich aus Kostengründen von der umweltfreundlicheren, aber teureren Variante

Die Gemeinden Putzbrunn und Straßlach-Dingharting haben sich vom Ökostrom verabschiedet. Die Gemeinderäte in beiden Kommunen stimmten dafür, künftig wieder ausschließlich sogenannten Normalstrom zu beziehen. Sie schließen sich hierfür der sogenannten Bündelausschreibung des Bayerischen Gemeindetages für die Jahre 2017 bis 2019 an, die den Kommunen möglichst günstige Strompreise garantieren soll.

Beide Gemeinderäte rechtfertigen ihre Entscheidung mit der Einsparung, die mit der Rückkehr zu konventionellem Strom aus Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken verbunden ist. Putzbrunn leidet insbesondere unter dem Wegfall von etwa 700 000 Euro an Gewerbesteuern. Deshalb wurden bereits einige Investitionen ins nächste Jahr verschoben. Und weil es eben auch auf kleinere Beträge ankommt, stellten die Mandatsträger die Weichen, damit die Kosten für Elektrizität auch in Zukunft nicht aus dem Ruder laufen. Der Gemeinderat beschloss, sich an der Bündelausschreibung Stromlieferung des Bayerischen Gemeindetags zu beteiligen. Indem man die eigentlich erst für das kommende Jahr geplante Neuausschreibung vorziehe, nutze man die derzeit niedrigen Strompreise, sagte Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD). Erstmals hatte Putzbrunn für den Zeitraum 2014 bis 2016 an einer solchen Bündelausschreibung teilgenommen.

Grundsätzlich waren sich alle Gemeinderäte einig, dass man auch dieses Mal wieder mitmachen wolle. Umstritten war lediglich, ob man sich um Normalstrom oder Ökostrom bewerben solle. Josef Jakob (Freie Wähler) sprach sich für den herkömmlichen Strom aus: "Ökostrom ist fünf bis sechs Prozent teurer, aber keiner garantiert, dass der wirklich zu hundert Prozent aus regenerativen Quellen kommt." Sein Fraktionskollege Martin Adler rechnete vor, dass Normalstrom damit die Gemeinde fast 13 000 Euro im Jahr billiger komme. Dagegen argumentierte neben der Grünen Sybille Martinschledde auch der Rathauschef: "Ich habe auch privat Ökostrom, da kann ich schlecht für die Gemeinde anders handeln", sagte Klostermeier. "Das Weltklima wird immer schlimmer, deshalb sollten wir einen Teil der Einsparungen, die wir durch die frühe Ausschreibung erwirtschaften, hier wieder investieren." Ob Ökostrom zu hundert Prozent regenerativ sei, "lassen wir mal dahingestellt. Aber ich vertraue da unseren Gesetzen." Das galt nicht für die Mehrheit im Gremium. Der Gemeinderat entschied sich mit einer 10:6-Mehrheit für die Normalstrom-Variante.

Auch der Straßlacher Gemeinderat debattierte leidenschaftlich darüber, ob für die eigenen Liegenschaften Öko- oder Normalstrom gekauft werden soll. Ein Signal setzen wollten die einen Kommunalpolitiker, ein paar tausend Euro sparen die anderen. Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei) erwies sich dabei als Ökostrom-Skeptiker. "Es geht doch nur ums Geschäft." Bei der momentanen Preislage würde die Gemeinde für den Ökostrom etwa 5000 Euro mehr zahlen, argumentierte Sienerth. "Wie viel Prozent wirklichen Ökostrom bekomme ich dann?", fragte etwa Peter Schneider (UWV). Albert Geiger (BP) zeigte sich dagegen davon überzeugt, dass man durch den Bezug von Ökostrom diesen automatisch fördere. Sabine Hüttenkoffer (Grüne) warb dafür, dass die Gemeinde ein Zeichen für die Energiewende setzen und eine Vorbildfunktion einnehmen sollte. Überzeugen konnte sie ihre Kollegen und Bürgermeister Sienerth aber nicht.

Das Vorgehen der Gemeinden interessiert freilich auch die Verantwortlichen im Landratsamt. Aus der für die Energiewende und -vision zuständigen Stabsstelle Energie und Klimaschutz kommt die Botschaft, der Kreis verwende seit 2012 für seien Liegenschaften Ökostrom - und schreibe bei Neuvergaben auch nur Ökostrom aus. Im Zuge der Energievision sei es wünschenswert, dass Ökostrom möglichst oft zum Einsatz komme. Vorgaben oder Handlungsanweisungen aber gebe es für die Kommunen nicht. Der Entschluss für oder gegen Ökostrom liege ausschließlich in der Entscheidungshoheit der Kommunen.

© SZ vom 27.05.2015 / lja, müh, stga - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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