Reden über Lebensqualität:Alles landet in Berlin

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Beim Bürgerdialog in Ottobrunn diskutieren die Generationen die Zukunft des Landes

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Draußen fläzt sich die Ottobrunner Jugend auf den Bänken des kleinen Parks hinter dem Rathaus. Musik dröhnt aus den kleinen Boxen, die Sonnenbrille gehört zum lässigen Outfit und eine Kiste Bier zum frühabendlichen Programm. Würden die Teenager gefragt, was für sie Lebensqualität bedeutet - sie müssten wohl nicht lange überlegen. Passt doch alles.

Und drinnen? Dort diskutiert ein anderer Teil der Ottobrunner Jugend im Festsaal des Wolf-Ferrari-Hauses die Zukunft des Landes. Sie debattieren über ihre ganz persönlichen Vorstellungen von Lebensqualität; erarbeiten aber auch Ideen, wie große Probleme dieser Republik gelöst werden können.

"Gut leben in Deutschland" lautet der Titel des Bürgerdialogs, den die schwarz-rote Bundesregierung ins Leben gerufen hat. Die Idee hinter der Initiative ist ganz einfach: Bürger sollen ganz konkret ihre Meinung äußern, wie sich das gesellschaftliche und politische Zusammenleben in diesem Land entwickeln soll. Was ist Ihnen wichtig? Arbeit Familie, Freunde oder Freizeit? Was macht für Sie Lebensqualität aus? Das sind die zentralen Fragestellungen des Bürgerdialogs. "Und alles, was sie an Ideen entwickeln und zu Papier bringen, landet in Berlin", sagt die Moderatorin des Forums im Wolf-Ferrari-Haus, Margit Aufterbeck-Martin, die gemeinsam mit zwei Vertretern der Bundesregierung durch den Abend führt. "Sie haben die Chance, Anregungen zu geben, darüber nachzudenken, was Lebensqualität für Sie bedeutet - und auch was für Ottobrunn wichtig ist."

Etwa 80 Bürger aus der Gastgebergemeinde, Putzbrunn, Hohenbrunn, Neubiberg, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Brunnthal und Aying nehmen an dem Dialog teil. Erfreulicherweise - und das betonen vor allem ältere Anwesende - haben sich sehr viele Schüler dazu entschlossen, ihre Ideen mit einzubringen. Gleichwohl ein Schüler der Realschule Neubiberg gesteht: "Es war schon unser Lehrer, der die Idee hatte. Aber man musste uns nicht zwingen. So etwas macht ja auch Spaß - und vielleicht kann man sogar etwas bewegen."

Der Glaube, dass die Ergebnisse des Dialogs die politisch Handelnden in Berlin tatsächlich erreichen, ist nicht bei allen Teilnehmern gegeben; wie wohl auch nicht bei den Jugendlichen, die lieber die Sonne im Rathauspark genießen. Die Chance, über große gesellschaftliche Themen zu diskutieren, lassen sie sich aber nicht entgehen. Einer kleinen Vorstellungsrunde, in der jeder Teilnehmer drei für ihn besonders wichtige Bereiche formuliert, folgt eine offene Diskussion. Die Ergebnisse münden schließlich in übergeordneten Themenbereichen, die anschließend an neu gemischten Tischen diskutiert werden: Es geht um Umwelt, gesellschaftliches Miteinander, Infrastruktur, Sicherheit, Bildung, Freiheit und Demokratie, Gesundheit, Arbeit sowie Soziales.

So heterogen sich die Zusammensetzung des Bürgerdialogs in Ottobrunn, der auf Einladung der Volkshochschule Südost und der Initiative von deren Leitern Heinz Eisfeld und Christoph Schulz zustande gekommen ist, so uneinheitlich verlaufen auch die Diskussionen an den Thementischen. Auffällig ist dabei, wie wichtig gerade den jungen Teilnehmern die Flüchtlingspolitik ist. Asylbewerber sollen arbeiten dürfen, fordern viele - und fordern mehr Toleranz ein. Kulturelle Gräben müssten überbrückt und Ängste abgebaut werden. Von dieser Offenheit lassen sich auch viele Ältere Teilnehmer mitreißen. Auf den Landkreis bezogen spielt freilich der Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum eine große Rolle, der gehöre einfach zur Lebensqualität, sagt eine Rentnerin.

Die Teilnahme am Bürgerdialog ist auch online möglich (www.gut-leben-in-deutschland.de). Auf der Seite werden auch Ergebnisse des Ottobrunner Dialogs veröffentlicht.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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