Porträt:Der Dolmetscher

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Josef Schartel schätzt als Leiter im Haarer Bauamt den Bürgerkontakt. (Foto: Claus Schunk)

Josef Schartel schätzt als Leiter im Haarer Bauamt den Bürgerkontakt

Von Bernhard Lohr, Haar

Mit mächtigen und entsprechend schwierigen Gegenspielern hat der Neue auch seine Erfahrungen gemacht. Zum Glück für die Gemeinde Haar, die seit Jahren auf vielen Ebenen schon mit Vertretern der Deutschen Bahn und des Bezirks Oberbayern Bekanntschaft gemacht hat. Der kurz vor dem Abschluss stehende Bau der Lärmschutzwand kam nur nach langwierigen Verhandlungen wie gewünscht zustande. Und wann die Bahnsteigzugänge und der Bahnhof selbst einmal so aussehen werden, wie man es sich in Haar seit langem wünscht, steht nach wie vor in den Sternen. Josef Schartel wird sich jetzt wie um vieles anderes um diese Herzensangelegenheit in Haar kümmern. Die Qualifikation bringt der neue Bauamtsleiter mit.

Denn der Nachfolger von Rainer Wöhrl hatte im Bauamt in Oberschleißheim auch kein leichtes Spiel. Der Freistaat ist in der Nordgemeinde ein Großgrundbesitzer und als solcher ein ähnlich wichtiger Verhandlungspartner, wie sie in Haar die Deutsche Bahn und auch der Bezirk Oberbayern seit Jahren abgeben. Das zeigte sich soeben wieder in dem Streit um ein Grundstück, das Oberschleißheim gerne für eine Flüchtlingsunterkunft nutzen will. In Haar ist beim Wohnbauprojekt Jugendstilpark ein gutes Einvernehmen mit dem Bezirk unerlässlich. Und nicht nur da.

Schartel bringt mit 45 Jahren einige Verwaltungserfahrung mit, um diese und andere Aufgaben zu lösen. Im persönlichen Gespräch legt er auch die Portion an Eloquenz und Elan an den Tag, die einen erfolgreichen Verhandler ausmachen. "Ein Normalbürger kann es nicht verstehen", sagt er über manche Abläufe in Behörden und Großunternehmen. Und er bekennt sich zu der Rolle, als Bauamtsleiter in Haar im direkten Kontakt mit den Bürgern den Dolmetscher zu spielen. Er schätze die Arbeit an der Basis, sagt Schartel. Dass er darüberhinaus mit Behördenvertretern gut kann, schätzt Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) an ihm. Er habe da eine gewisse "Leidensfähigkeit" bewiesen, sagt sie.

Der Nachfolger des langjährigen Bauamtsleiters Rainer Wöhrl kommt aus dem Chiemgau, ging in Siegsdorf zur Schule. Er schlug die Beamtenlaufbahn ein und sammelte im Landratsamt München im Wohnungsamt und in der Sozialberatung Erfahrung. Nach einem Intermezzo bei der Regierung von Oberbayern, wo Schartel Widerspruchsverfahren bearbeitete und vor allem Akten wälzte, suchte er den Weg zur Basis und ging nach Oberschleißheim ins Bauamt. In elf Jahren begleitete er nicht zuletzt das städtebauliche Sanierungsprogramm "Soziale Stadt" und begleitete das Großvorhaben, die Tierärztliche Fakultät in die Gemeinde zu holen. Nach Haar führten ihn private Gründe. Schartel hat es jetzt nicht mehr so weit in die Arbeit. Spannend fand er Haar schon lange.

Denn die städtebaulichen Ambitionen des früheren Bürgermeisters Helmut Dworzak blieben auch in Oberschleißheim nicht unbemerkt: Schartel gefällt es, dass in der Gemeinde seit Jahren Innenentwicklung vor Außenentwicklung geht und konsequent auf die Ausweisung von Großmärkten und unansehnlichen Gewerbegebieten verzichtet wird. Damit weiß er sich mit Bürgermeisterin Müller einig. Früher schon, als Schartel in München studierte und am Wochenende bei Stau auf der Autobahn den Weg in Richtung Chiemgau suchte, nahm er auf der B 304 den Weg durch Haar. Heute arbeitet er dort. "Ich hatte immer das Gefühl, an Haar kommt man nicht herum."

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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