Porträt :Punsch und Heringssalat

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Susanne und Johanna Vordermaier (von links) haben mit Gisela Graßl (nicht im Bild) den Christkindlmarkt begründet. (Foto: Angelika Bardehle)

Susanne Vordermaier und Gisela Graßl organisieren seit vielen Jahren den Christkindlmarkt in Ottobrunn. Die beiden führen ein strenges Regiment, Stände mit Billig-Kram sind unerwünscht

Von Christina Hertel, Ottobrunn

Der Tisch liegt voller Fotos, manche sind verwackelt, manche haben einen leichten Rotstich, andere sind ganz grobkörnig. Bei allen sieht man sofort: Seit sie aufgenommen wurden, ist eine lange, lange Zeit vergangen. "Ach schau, das bist du Gisela, in dem blauen Sakko, beim Semmeln schmier'n. Immer hast du schon gearbeitet", sagt Susanne Vordermaier und hält Gisela Graßl das Foto hin. Die packt ihre Lesebrille aus und schaut sich das Bild genauer an. Ja, die Frau, die sich da über die Wurstsemmeln und die Essiggurken beugt, ist sie. 20 Jahre jünger vielleicht.

Vordermaier und Graßl sind die zwei treibenden Köpfe hinter dem Ottobrunner Christkindlmarkt, der in diesem Jahr sein 40. Jubiläum feiert. Vordermaier organisiert ihn seit 25 Jahren und Graßl ist zweite Vorsitzende des Vereins, der den Markt ausrichtet. Beiden liegt er am Herzen, beide sind mit ihm alt geworden. "Da kommen die Hexe und die Alte wieder, hat mal wer über uns gesagt", sagt Vordermaier und lacht. Die Hexe, damit ist sie gemeint und sie weiß, dass das daher kommt, weil sie streng ist. Auf ihrem Markt muss alles passen. Die Stände dürfen nicht zu kitschig sein und zu schlampig erst recht nicht. Und x-beliebige Händler, die irgendwelchen Billig-Kram verkaufen, brauchen zu ihr sowieso nicht zu kommen. "Deshalb sind wir der schönste Christkindlmarkt im ganzen Landkreis", sagt sie.

Der Ottobrunner Christkindlmarkt hat einen eigenen Verein gleichen Namens. Die Mitglieder sind für alles selbst verantwortlich, sie stellen die Stände auf und bauen sie wieder ab. Etwa 47 Stück gibt es jedes Jahr und 15 000 Besucher kommen, schätzt Vordermaier. Essen und Trinken dürfen nur Ottobrunner Vereine verkaufen. Das war schon immer so und soll auch so bleiben.

Vordermaier hält das nächste krisselige Foto in den Händen. Zu sehen ist die Bude ihrer Familie - Vordermaiers Bastelwaren. "Mei, hatten wir schöne Schilder. Wo sind die denn nur hingekommen?" Sie gibt das Foto an Graßl weiter, die nickt. "Ach und schau, der Kröller als Nikolaus. Den hab ich schon verkleidet." Vordermaier schenkt sich jetzt ein Glas Sekt-Orange ein, sie ist beschwingt und fröhlich. Heute morgen hat sie schon ihre Weihnachts-CD eingelegt, hat ein bisschen getanzt und hat sich auf Weihnachten eingestimmt. "Ich bin ein richtiger Weihnachtsfan." Und deshalb dekoriert sie auch gern - vor der Haustür und in ihrem Stand am Christkindlmarkt, wo sie Krippen und Figuren verkauft. "Sechs Stunden steh ich am Freitag da, nur um Klimbims aufzuhängen. Da darf mich dann keiner ansprechen, sonst werd' ich narrisch." Wenn sie fertig ist, kommt die Schwiegermutter zur "Endkontrolle". Denn sie steht sonst hinter der Theke im Laden der Vordermaiers und verkauft dort Marias und Josefs aus Holz.

Graßl hat auch ihren eigenen Stand. Zuerst hat sie Bastelware verkauft, dann selbstbundene Kränze, irgendwann kam noch selbst gemachter Punsch dazu und seit einiger Zeit Heringssalat. Außer auf dem Christkindlmarkt verkauft Graßl auf drei anderen Märkten. Um die Ware herzustellen, ist sie das ganze Jahr beschäftigt. "Wenn ich einen Mann hätte, hätte der mich wahrscheinlich schon längst rausgeschmissen." Für den Christkindlmarkt in Ottobrunn bindet Graßl mit Vordermaiers Schwiegermutter zusammen Tannenzweige als Deko für die Stände. "Die sitzen dann bei Glühwein und Eierlikör beisammen", erzählt Vordermaier. Man merkt, der Christkindlmarkt und alles, was damit zusammenhängt, ist für sie das Größte. Ein einziges Mal konnte sie nicht dabei sein, damals war sie mit ihrem Sohn schwanger, der mittlerweile erwachsen ist. "Das war für mich so schlimm, ich wäre fast gestorben."

Der Ottob runner Christkindlmar kt findet am Samstag, 5. Dezember, von 10 bis 2 0 Uhr und am Sonntag, 6. Dezember, von 11 bis 19 Uhr auf de m Rathausplatz statt.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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