Nahverkehr:Dichter, günstiger, sauberer

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Der Freistaat und der Landkreis treiben den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes voran. Dank der Tarifreform müssen die meisten Pendler für das erweiterte Angebot sogar weniger bezahlen

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Ende 2014 vermeldete das bayerische Innenministerium den Durchbruch: 2016 sollten die Bauarbeiten starten, 2020 die neue Trasse eröffnet werden. Daraus ist natürlich nichts geworden. Und es ist fraglich, ob der Spatenstich für die Verlängerung der U 6 vom Klinikum Großhadern bis zum Campus in Martinsried noch in diesem Jahr erfolgen kann. Die Verzögerungen beim Bau der etwa 80 Millionen Euro teuren und gerade einmal 900 Meter langen Trasse machen deutlich, mit welchen Schwierigkeiten die Planer zu kämpfen haben, um dem drohenden Verkehrskollaps im Landkreis München Herr zu werden - und wie viel Zeit hierfür notwendig sein wird.

In diesem noch sehr jungen Jahr könnten dennoch sehr schnell wegweisende Entscheidungen auf den Weg gebracht werden, auf die Pendler im Landkreis seit langem warten. Hintergrund ist die Ankündigung der Staatsregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs künftig mit 15 Millionen Euro im Jahr zu fördern, um auf den Außenästen der S-Bahn durchgehend zumindest einen 20-Minuten-Takt anbieten zu können. Subventionen dieser Art hatte der Freistaat unter Söders Vorgänger Horst Seehofer stets abgelehnt. Die damalige Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) stellte im vergangenen Herbst in Aussicht, dass auf den Streckenabschnitten von Höllriegelskreuth bis Wolfratshausen und Höhenkirchen bis Aying auf der Linie S 7 sowie zwischen Deisenhofen und Holzkirchen auf der Linie S 3 schnellstmöglich eine Taktverdichtung kommen soll. Ob in diesem Jahr noch die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen auf den Weg gebracht werden, ist indes noch nicht geklärt.

Eine zweite Finanzspritze des Freistaats hat indes zur Folge, dass sich für die Pendler im Freistaat von 15. Dezember an einiges ändern wird. Dann tritt die höchst umstrittene MVV-Tarifreform in Kraft, die vor allem aufgrund des Widerstands aus dem Landkreis München gänzlich zu scheitern drohte - und dann in zähen Verhandlungen mit etlichen Nachbesserungen doch noch zustande kam. Und auch der Freistaat Bayern hat seinen Beitrag geleistet, die Neustrukturierung der Ticketpreise und Tarifzonen zu retten: indem er angekündigt hat, künftig jährlich 35 Millionen Euro in das Tarifsystem zu stecken.

Das bisher so verwirrende Geflecht aus unzähligen Ringen wird etwas entzerrt; von Dezember an wird es einen einheitlichen, vergrößerten Innenraum geben, die sogenannte M-Zone. Aus bisher 16 Ringen werden der Übersichtlichkeit halber sechs Zonen. Als einer von acht Verbundlandkreisen innerhalb der Gesellschafterversammlung des Münchner Tarif- und Verkehrsverbundes (MVV), der auch die Landeshauptstadt und der Freistaat angehören, hatte der Landkreis München vor den Verhandlungen über die Tarifreform ein klares Ziel ausgegeben: Alle 29 Städte und Kommunen sollten künftig dem neuen Innenraum angehören. Dies begründeten die Kreispolitiker mit der engen Verflechtung des Landkreises und der Stadt, die sich unter anderem damit erklären lässt, dass mittlerweile mehr Arbeitnehmer aus der Stadt München in den Landkreis pendeln als umgekehrt. Diese Forderung aber konnte Landrat Christoph Göbel (CSU) innerhalb der Versammlung aufgrund der befürchteten Mehrkosten nicht durchsetzen. Daraufhin entwickelte sich vor allem in den Nordkommunen Ismaning, Garching und Unterschleißheim Widerstand gegen die ausgearbeitete Reform - also wurde noch einmal nachverhandelt. Doch auch bei der Reform der Reform schafften es nicht alle Landkreiskommunen in den Innenraum: Ismaning wird künftig in der Zone 1 liegen, ebenso die Haltestellen Unterschleißheim, Lohhof und Garching - die Station Garching-Forschungszentrum hingegen schaffte es nur in die Zone 2.

In den allermeisten Fällen werden die Ticketpreise vor allem bei den Monatskarten für die Pendler günstiger - wenn auch nur geringfügig. Wer wie bisher den gesamten Innenraum nutzt und von Ismaning aus nach München pendelt, zahlt von Dezember an statt 90,40 Euro künftig 88,90. Deutlich teurer wird es für Pendler, die kürzere Strecken in die Arbeit zurücklegen müssen, etwa von Vaterstetten nach Berg am Laim: Bislang muss der Pendler, wenn er die inneren beiden Ringe der Stadt nicht mitbezahlt, für die drei Zonen 66,60 Euro aufbringen - mit der Reform kostet ihn dieselbe Strecke in Zukunft 88,90 Euro, da er den kompletten neuen M-Raum mitfinanzieren muss. Auf neue Pendlerströme werden sich voraussichtlich die Bewohner des Oberhachinger Ortsteils Deisenhofen einstellen müssen. Denn wer mit Beginn der Reform vom gleichnamigen S-Bahnhof aus nach München fährt, wird für die Isarcard künftig nur noch 55,20 Euro statt bisher 90,40 Euro bezahlen müssen. Es ist also davon auszugehen, dass der Park-and-ride-Platz in Deisenhofen deutlich an Attraktivität gewinnen wird.

Die Reform, die Gewinner und Verlierer kennt, wird den Landkreis weiter beschäftigen. So hat Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) stets deutlich gemacht, dass er weiter dafür eintreten wird, dass alle Landkreiskommunen in den Innenraum kommen. Und auch für Landrat Göbel ist die Reform nur ein erster Schritt hin zu einem echten Durchbruch: Der soll eben beim 365-Euro-Ticket liegen, wie es ja mittlerweile auch Ministerpräsident Söder präferiert.

Während also weiter um ein gerechtes Tarifsystem gerungen wird, setzt der Landkreis auf neue Technologien, um auch das Thema Umweltschutz voranzutreiben. Im Herbst werden erstmals rein elektrisch betriebene Busse im Probebetrieb unterwegs sein - vom Fahrplanwechsel am 15. Dezember an sollen die drei Fahrzeuge des Modells "Urbino" dann ganz regulär auf der Linie 232, dem Unterföhringer Ortsbus, zwischen der Fichtenstraße und St. Emmeran unterwegs sein. Vier weitere Trassen, auf denen künftig ebenfalls nur noch Elektrobusse unterwegs sein werden, wird der Landkreis in diesem Jahr auf den Weg bringen: den Ortsbus in Oberhaching (Linie 227), den 225er-Bus von Taufkirchen ins Gewerbegebiet Potzham, den 261er-Bus im Würmtal sowie den Stadtbus in Garching (Linie 290).

© SZ vom 17.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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